Abritt - oder aus dem Leben des Tierarztes Dr. Peter Cronau (Schluss) Drucken
Geschrieben von: Peter F. Cronau/ dl   
Mittwoch, 01. Mai 2024 um 12:54

Dr. Peter F. Cronau - international, auch für die Ukraine als Team-Tierazt im Einsatz wie beim deutschen Internationalen Reit- und Fahrturnier (CHIO) in Aachen

(Foto: privat)

Im Schlusskapitel greift der "Pferdedoc" nochmals ganz bestimmte Situationen seines Berufslebens heraus, die ihm besonders in Erinnerung blieben, ob die Gastferundschaft eines Taxifahrers in Irland, ob das Abspielen des Udo-Lindenberg-Schlagers ""Sonderzug nach Pankow" an der DDR-Grenze, der Prozess um ein totes Pferd auf der Fähre zurück von Finnland nach Deutschland, Pferde-Untersuchungen in Moskau der damaligen UdSSR oder oder es die Bitte des französischen Equipe-Chefs war, ein berühmtes Pferd zu behandeln in einer Zeit, als zwischen Deutschland und Frankreich wahrlich noch nicht die große Freundschaft herrschte - alles markante Wichtigkeiten für den Tierarzt Dr. Peter Cronau, die sich für immer in seinem Kopf eingebrannt haben.

Die Millstreet-Story

Unserer Klinik zeichnete sich durch einige positive Tugenden aus. Eine davon war Beweglichkeit und rasche Umsetzung von uns gestellten Problemen – gemäß nach der von Danny Marks (langjähriger Mannschaftstierarzt der USA-Equipe) zitierten Prämisse: „It’s not how much you know, it’s how fast you get the answer“ („Es kommt nicht darauf an, wie viel Sie wissen, sondern wie schnell Sie darauf eine Antwort haben). Ich erhielt an einem Vormittag einen Anruf von Bundestrainer Herbert Meyer aus Millstreet in Irland. Das Pferd „Ass G“ hätte Koliksymptome und man würde einen kompetenten Tierarzt suchen, aber nicht finden. Herbert sagte: „Du musst kommen“. Die Reaktion war klar, ich suchte nach einem schnellen Flug nach Cork, der in London auch noch ein Umsteigen verlangte. Ich kam etwa 23 Uhr in Cork an, nahm ein Taxi nach Millstreet. Ich untersuchte das Pferd und machte unter anderem eine rektale Untersuchung. Alle Umstehenden waren extrem überrascht, als ich beim Herausziehen meiner Hand aus dem Rektum eine volle Hand aus Spulwürmern hatte. Das Pferd wurde unter Beachtung des Dopinreglements therapiert. Der Taxifahrer wartete noch auf mich und wir fuhren nach Cork zurück, weil ich das erste Flugzeug am Morgen erwischen wollte. Die Suche nach einem Hotel in Cork zu dieser nachtschlafenden Zeit lief ins Leere. Der extrem freundliche Taxifahrer sagte nach der erfolglosen Suche, „dann schlafen Sie bei mir im Haus.“

Es handelte sich um ein Haus von der Breite eines Wohnzimmers, er nahm seine 4 Kinder aus dem Bett, die zu den Eltern ins Bett schlüpften, ich konnte mich in das Bett der Kinder legen. Am nächsten Morgen machte die Hausfrau mir ein klassisches englisches Frühstück, der Taxifahrer fuhr mich zum Flughafen. Ich fragte ihn, was er für seinen Aufwand an Geld bekäme. Darauf sagte er „Nothing, you are a good horseman!“

Die Sopot-Story

Nachdem Allenstein (polnisch Olzstyn) den CSIO-Status in Polen an Sopot abtreten musste, fanden nun dort die polnischen Turniere mit Nationenpreisstatus statt. Ich begleitete die Mannschaft nach Sopot. Schon auf der Hinfahrt durch die damalige DDR war uns Westdeutschen etwas mulmig. Ich war auch etwas überrascht, dass in Polen auf der Autobahn uns ein Pferdefuhrwerk entgegenkam. Das Turnier verlief für uns Deutsche äußerst erfolgreich, der Nationenpreis wurde gewonnen und Klaus Brinkmann gewann auf der Stute „Sumatra“ den Großen Preis. Am Sonntagvormittag ging ich auf den nahegelegenen Flohmarkt und kaufte - ein wahres Schnäppchen - vier silberne Taschenuhren für 50 DM. Beim Herausgehen aus dem Flohmarkt kam ein älterer Mann ohne Zähne auf mich zu. Er bot mir das Mutterkreuz aus dem III. Reich an. Eigentlich konnte ich damit nichts anfangen, aber der Mann tat mir so leid, dass ich ihm 20 DM dafür gab, worüber er sehr erfreut war. Wir fuhren dann mit Julius Schulze-Hesselmann und Equipechef Helmut Krah in meinem Auto zurück. Dass wir alle glücklich und zufrieden nach unserem sportlichen Erfolg waren, war klar.

Ich hatte in meinem Kühlschrank im Auto eine Flasche Champagner. In der Schlange vor der DDR-Grenze stehend öffnete Julius mit einem Knall die Champagnerflasche und schoss den Korken über die Grenze. Das war aber nicht genug, er drehte das Radio laut auf und Udo Lindenberg brachte  den "Sonderzug nach Pankow". Das war den Grenzbeamten wohl zu viel. Wir mussten alle aussteigen. Helmut Krah bekam als Erster eine Einzeluntersuchung verpasst. Dann kam ich dran. Der Grenzer fasste in meine Jackentasche und zog das mit einem Hakenkreuz versehene Mutterkreuz raus. Dann ging eine Kette von Maßnahmen los. Ich wurde in eine Kabine befördert. Da ich 14 Tage zuvor in einer Zeitung gelesen hatte, dass ein Mann bei der Leibesvisitation an einem Herzinfarkt gestorben war, bestand ich darauf, dass der Equipechef der Visitation beiwohnte, was dann auch erlaubt wurde. Ich musste mich nackend ausziehen und mich mit den Händen nach vorne und oben an die Wand stellen, sodass man auch meinen Hintern inspizieren konnte. Das alles dauerte fünf Stunden, bis wir weiterfahren konnten, das Mutterkreuz behielten die Grenzbeamten ein. Wir waren erst einmal alle bedient. Nach einiger Zeit der Beruhigung malte ich mir aus, dass das Mutterkreuz ja mir gehörte, ich wollte es wieder haben – nicht aus Gier sondern aus Prinzip. Ich stelle fest, dass keine Botschaft und diplomatischer Austausch zwischen BRD und DDR existierte. Somit schrieb ich die Handelskommission in Frankfurt an. Dort erhielt ich den Bescheid, der Besitz und das Tragen faschistischer Ehrenzeichen seien verboten ist, basta.

Die Helsinki Story

Als Mannschaftstierarzt wurde ich immer wieder als Turnierbegleiter geordert. So auch 1987 zum CSIO nach Helsinki. Der Treffpunkt von Reitern mit Pferden war Travemünde, von wo aus wir die Fähre nach Helsinki nutzen wollten. Auf dem großen Parkplatz vor dem Fährhafen wurden alle Pferde untersucht, bevor sie auf die Fähre in ihren Transportern eingeladen wurden. Die Pferde blieben die ganze Fahrt im Transporter, lediglich die Türen wurden geöffnet, sodass ein Luftaustausch gewährt werden konnte. Die Pfleger und der Tierarzt durften nur zur Fütterung und zum Tränken in den unten liegenden Frachtraum. Vor dem Verladen wurde von den Begleitern Reiter und Pferdepflegern ein medizinischer Vorbericht erhoben. Reiter Kurt G. sagte mir, dass die Schimmelstute „Baroness“ im Besitz von Herrn Berner aus Osnabrück auf dem vorangegangenen Turnier etwas gehustet hätte. Es wurde vor der Fahrt Fieber gemessen, die innere Körpertemperatur war normal.

Der Transport auf der Fähre verlief nicht problemlos. Die Luft im Laderaum erschien mit Abgasen geschwängert, was uns veranlasste, Ventilatoren anzustellen und die Luken zu öffnen. In Helsinki wurde jedoch das Pferd von einer respiratorischen Erkrankung mit Fieber befallen, ein Start auf dem CSIO war nicht möglich. Ich versuchte, einen Termin in der Universitätsklinik zu erhalten. Das war ging nicht, denn das Personal befand sich im Urlaub, und der Professor sei auf Elchjagd, gab man mir zu verstehen. Trotzdem eruierte ich die Option, das Pferd in Helsinki zu belassen. In einem Gespräch mit Equipechef Helmut Krah wurde diese Fragestellung auch in Anwesenheit des Reiters Kurt G. erörtert. Der Reiter sagte, er würde heute Abend mit dem Besitzer telefonieren, der würde dann entscheiden, ob das Pferd in Helsinki bleiben soll. Am nächsten Tag informierte mich der Equipechef und sagte, dass der Reiter mit dem Pferdebesitzer telefoniert hätte. Herr Berner wünsche, dass das Pferd mit den anderen Pferden nach Turnierende nach Hause gebracht werden solle.

Unter Antibiotikaschutz und unter allen möglichen Vorkehrungen kam das Pferd auf die Fähre, die von Turku auslief. Um ca. 6 Uhr morgens ging ich in den Ladebereich, um die Pferde zu kontrollieren. Der Pfleger („PiWi“) hatte mich bereits über Unruhe des Pferdes „Baroness“ informiert. Plötzlich brach das Pferd von der Laderampe stürzend durch die Absperrkette und fiel in die neben dem Transporter gelagerten Papierrollen. Ich holte noch Medikamente aus meinem auch im Laderaum stehenden Praxisfahrzeug und versuchte noch eine Infusion zu legen, Es war zu spät, der Exitus stand fest. Der Kapitän wurde über das Geschehnis informiert. Er wollte die Stute über Bord in die Ostsee werfen, was ich verbot, da ich eine post mortem Untersuchung erreichen wollte. Diese geschah dann mehr oder weniger improvisiert am Schlachthof in Lübeck.

Akute Kreislaufversagen war die Todesursache. Der langjährige Spediteur des DOKR wendete sich an mich. Er sagte, dass er eine Transportversicherung hätte. Diese würde für den Schaden aufkommen. Ich sollte einen Bericht erstellen, was ich natürlich auch vollzogen habe. Es war klar, dass ein Schuldiger für dieses fatale Schicksal gefunden werden musste.

Der Besitzer verklagte das DOKR und mich über 350.000 DM. Die erste Instanz ging für uns verloren. Das Problem bestand darin, dass der Reiter plötzlich von der Autorisierung, das Pferd mit nach Hause zu nehmen, nichts gewusst haben wollte. Nach erneuter Beweisaufnahme konnte bewiesen werden, dass der Pferdebesitzer einem Verbleib des Pferdes in Helsinki nachweislich eine Absage erteilt hatte. Somit war dann die zweite Instanz beim OLG Münster für das DOKR und mich gewonnen. Als Anwalt auf unserer Seite fungierte Dr. Reiner Klimke.

Diese Angelegenheit hatte aber auch noch eine andere Variante. Ich war, wie das heutzutage sogar verbindlich ist, mit einer Haftpflichtversicherung abgesichert und war der Meinung, dass diese sowohl meine Kosten als auch die Haftung für das Ableben des Pferdes übernehmen würde. Der Haken daran war aber, dass ich nur in der Bundesrepublik versichert war, was ich erst im Zuge des Verfahrend erkennen musste. Rein formell gehörte die DDR auch zu meinem Versicherungsgebiet. Es wurde nachgerechnet, wo wir uns mit der Fähre zum Zeitpunkt des Todes befanden. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt in Internationalem Gewässer. Wäre die Stute 10 Minuten später gestorben, hätten wir uns in DDR-Hoheitsgewässer befunden. Dann wäre die Haftpflichtversicherung zuständig gewesen. So blieben mir zunächst 35.000 DM an Eigenkosten, die später vom Kläger zurückerstattet werden mussten.

Die Moskau Story

Ende 1995 wurde ich von meinem USA-Kollegen Marty Simensen angesprochen, ob ich fünf Pferde in Moskau untersuchen könne. Das bejahte ich, zumal es zwischen Weihnachten und Neujahr geplant war. Ich flog mit meiner Ausrüstung für die Kaufuntersuchung von fünf Pferden nach Moskau. Am Flugplatz wurde ich abgeholt abgeholt und im Hotel Moskwa am Roten Platz einquartiert. Die Untersuchungen sollten am nächsten Tag in einer Reitanlage am Rande von Moskau stattfinden. Ziemlich überrascht war ich, als um 3 Uhr nachts in meinem Einzelzimmer ein junger etwa 18 Jahre alter Mann mit einem Messer über mir stand und mir zu verstehen gab, dass ich Bargeld und meine Kreditkarten ihm abgeben solle. Ich war sprachlos und wusste nicht, wie ich mich verhalten solle.

Plötzlich riss jemand die Tür auf und zwei Polizisten in Uniform stürzten ins Zimmer, rissen den Einbrecher von mir und nahmen ihn fest. Die Lösung meiner Rettung war, dass der Dieb wohl vorher noch andere Hotelgäste in derselben Absicht bedroht hatte und ein Hotelgast die Polizei benachrichtigen konnte, die dann die Razzia vornahmen.

Die Untersuchungen konnten am darauffolgenden Tag alle durchgeführt werden. Der Mittelsmann lud mich am Abend zum Essen ein. Wir fuhren in seinem Pkw durch Moskau und standen plötzlich vor einem amerikanischen Steakhouse. Keine Frage – nach all dieser Aufregung ließ ich mir ein T-Bone -Steak gut schmecken. Nachdem Dr. Simensen verstorben war, übernahm seine Ehefrau die Abwicklung. Leider konnte meine Rechnung nicht bezahlt werden, ich habe den Betrag dann nach zahlreichen erfolglosen Versuchen Frau Simensen geschenkt.

Die Australian Story

Eines Tages im Jahr 1989 wurde ich von einem Mitarbeiter eines gewissen Alan Bond aus Perth kontaktiert. Er bat mich, ein Pferd von ihm in Perth ganz im Westen des Kontinents zu operieren. Die Vorbereitungen gingen sehr flott. Ich sollte zum Konsulat nach Bonn. Am Tag darauf fuhr ich dort hin. Es lag alles bereit – Visum und Flugticket hin und zurück.

In Perth habe ich dann ein Pferd von Alan Bond operiert (Flugkosten damals: 12.000 DM). Ich fragte den Ortskollegen Bryan Hilbert, warum er dieses Pferd mit Namen „Nutcracker“ nicht selber operiert habe. Er sagte: „Du bist morgen wieder weg, wenn mir aber etwas passiert bei dem Eingriff, bin ich beruflich morgen hier tot.“ Das Pferd hat ein Jahr später in USA den American Gold Cup mit Susan Bond – der Tochter von Alan Bond - gewonnen. Übrigens: Alan Bond flog immer mit seiner eigenen „747“. Wenn er nach London kam, hat er stets in seinem Jumbo geschlafen – in seinem eigenen Bett.

Ich tat mir etwas schwer mit der Rechnungsstellung. Ich war etwa eine Woche unterwegs und hatte mir vorgestellt, ich könne doch nicht preiswerter sein als mein Flugticket kostete. Also habe ich 12.000 DM als Honorar liquidiert, was anstandslos bezahlt wurde. Neben dem Hafen in Freemantle habe ich einen Tag nach der Operation in der Epsom Clinic von Dr. Bryan Hilbert den in der Umgebung von Perth lebenden legendären Deutschen Reitmeister Harry Bold besucht, der ganz glücklich war, sich mit mir in deutscher Sprache unterhalten zu können.

Alan Bond ist kein unbeschriebenes Blatt. In Perth und Umgebung baute er ein Imperium von Brauereien, Diamantminen, Zeitungen und Fernsehstationen auf. Im Jahr 1987 erwarb er für 53,9 Millionen Dollar das Gemälde „Schwertlinien von Vincent van Gogh“ vom Auktionshaus Sotheby in New York. 1983 gewann er als erster Nichtamerikaner mit dem Boot „Australia II“ den berühmten America’s Cup. Das Boot lag im Hafen von Freemantle, der Hafenstadt von Perth – dem Austragungsort des America’s Cup im Jahr 1987.

Der Hengst Pilot

Ich wurde 1973 von einer Frau Geldbach angesprochen, ob ich für ihre Stute „Gratia“, die tragend von „Pilatus“ war, die Geburtsüberwachung übernehmen könne. Die Stute würde im März 1974 abfohlen. Ich habe zugesagt. Die Stute kam Ende Februar in die Tierklinik, die damals noch am Wattenscheider Hellweg lokalisiert war. Das Fohlen kam als Hengst gesund zur Welt, es wurde mit meinen Händen auf die Welt geholt. Sein ursprünglicher Name war „Pierino“ und wurde später in „Pilot2“ umgetauft

Als Zuchthengst war Pilot außerordentlich erfolgreich. Als er 16 Jahre alt war, hatten seine Nachkommen gemeinsam schon über 1 Million Deutsche Mark gewonnen. Pilot gilt somit als jüngster Gewinnsummen-Millionär der Geschichte. Als Zuchthengst ist er Begründer einer Hengstlinie mit rund 70 gekörten Söhnen. Allerdings konnten diese sich züchterisch noch nicht durchsetzen.

Die Nachkommen von Pilot galten als nicht leichtrittig. Ihnen eilte der Ruf voraus für Profis besser zu sein. Er deckte im Westfälischen Landgestüt in Warendorf. Im Jahr 1991 erfuhr ich, dass „Pilot“ Schwierigkeiten beim Decken hätte und nur im Stehen abgesamt werden könne. Der damalige Landstallmeister Dr. Gerd Lehmann kontaktierte mich wegen einer zunehmenden und fortschreitenden Hinterhandschwäche. Aber auch wegen einer deutlichen Reduzierung der Samenqualität, solle ich mir den Hengst im Landgestüt ansehen. Ich wurde vergattert, keinem Menschen etwas über das Problem des Hengstes zu erzählen. Auch musste der Besuch im Gestüt heimlich geschehen. Ich stellt fest, dass der Hengst eine Thrombose der Arteria ilica externa hatte und dass somit die Blutversorgung der Gliedmaßen praktisch fast komplett eingeschränkt war.

Zu jener Zeit war die Gefäßchirurgie in der Pferdechirurgie eher ein Fremdwort. Es muss angemerkt werden, dass eine solche Thrombose mit einer hochgradigen Schmerzsituation und folgenschweren Beeinträchtigung der Samenqualität zwingend verbunden ist. Wir hatten insgesamt neun Pferde an der Thrombose in meiner Klinik operiert und zusammen mit der Tierärztlichen Hochschule einen Lehrfilm über die erfolgreiche Thromboseoperation bei einem Vollbluthengst gedreht. Diese Option einer operativen Vorgehensweise wurde dem Landstallmeister mitgeteilt. Dr. Lehmann konnte sich aber nicht entscheiden, der Hengst wurde noch 1991 eingeschläfert. Die offizielle Version war Beckenbruch. Damit wollte wohl Dr. Lehmann eine klare traumatische Ursache darstellen, um den hervorragenden Ruf des Hengstes durch irgendwelche Spekulationen nicht zu gefährden. Vielleicht sollte ja auch der voruntersuchende Kollege, der die Diagnose „Thrombose“ nicht gestellt hatte, geschützt werden.

Flambeau C

Eines der bedeutendsten Pferde seiner Zeit war der französische Wallach „Flambeau C“, der von Frederic Cottier geritten wurde. Er stammte von dem Vollblut-Hengst „Un Prince“ und wurde 1971 geboren.

Blick auf die Meriten dieses Pferdes unter Frederic Cottier:

  • 58 Nationenpreise : davon 20 Siege und 10-mal zweitplaziert

  • 45 Grands Prix gegangen: Sieger in Rom (1980-1981-1984) und Toronto in Kanada (1980-1982), dreimal Zweiter im Großen Preis von Aachen

  • fünf Starts bei Europameisterschaften (1979-1981-1983-1985-1987) : Einzelbronze in Hickstead (1983) und Team-Silber in St.Gallen (1987)

  • Zwei Weltmeisterschaften (1982 und 1986) : Team-Gold in Dublin 1982, Team-Bronze 1986 in Aachen

  • Zwei Olympische Spiele (1984 und 1988) : Siebter Rang 1984 Einzelwertung in Los Angeles und Team-Bronze in Seoul 1988.

Da ich seinerzeit mehrere französische Toppferde unter Betreuung hatte, so „Galoubet C“ von Gilles Bertran de Balanda, „“Jiva“ von Philippe Rozier, „Norton de Rhuys“ und „Souviens Toi III“von Jean Yves Bost (Bosti) sowie „Quidam de Revel“ und „La Belletière“ von Hervé Godignon, kam während des CSIO in Rotterdam dem Equipechef Marcel Rozier die Idee, mich hinzuziehen. Vorberichtlich handelte es sich um eine Lahmheit bei Flambeau C, die wohl auch von einigen französischen Tierärzten untersucht, aber nicht behoben werden konnte.

Das Pferd wurde in meine Klinik geschickt. Ich machte 23 Röntgenaufnahmen, und nur auf zwei Aufnahmen war eine Röhrbeinfissur zu erkennen, die operativ mittels eine Fixationsschraube behoben werden konnte. Traditionell standen die Deutschen im Allgemeinen und die Tierärzte im engeren Sinne nicht so ganz oben auf der Empathie-Liste der Franzosen.

Umso mehr musste der Equipechef die Wahl eines Deutschen Tierarztes rechtfertigen. Im Abendprogramm, und zwar in den Acht-Uhr-Nachrichten musste sich gar Marcel Rozier verteidigen. Auch im französischen Kollegenkreis kam die Hinzuziehung eines deutschen Tierarztes nicht so gut an. Aber der Erfolg heiligte die Vorgehensweise, das Pferd erreichte wieder seine Form aus der Zeit vor der Verletzung.

Ehrungen

Das DOKR überreichte mir im Herbst 1988 in Warendorf anlässlich des Championatsballs (Umgangssprache: „Heldengedenktag“) das Reiterkreuz in Silber. Beim Rückweg vom Ehrungspodium streifte ich Hans Günter Winkler. Er raunte mir zu: „Darauf brauchst Du nicht stolz zu sein, das bekommt hier jeder“. An meinem 60. Geburtstag, den ich in der Klinik mit einer Schnitzeljagd und anschließendem Festschmaus großzügig feierte, überreichte mir der damalige Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), Dr. Hanfried Haring, das Deutsche Reiterkreuz in Gold in Anerkennung hervorragender Verdienste um die Förderung des Reit- und Fahrsports.

 

 

 

 

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