Gedanken zum Doping im Sport |
![]() |
Geschrieben von: Peter F. Cronau/ dl |
Dienstag, 27. August 2024 um 18:05 |
Wuppertal. Substanzen zur Leistungssteigerung sind des Menschen Begleiter in Sport oder Berufsleben, seit Jahrhunderten. Von den Olympischen Spielen in Paris wurden auf fast wunderbare Weise keine Dopingfälle bekannt oder nicht veröffentlicht. Zuletzt fiel der Südtiroler Tennisspieler Jannik Sinner auf, ein öffentliches Gericht sprach den Weltranglisten-Ersten jedoch in zwei Verfahren frei, was den in Dopingfragen ebenfalls sehr bewanderten Veterinär Dr. Peter Cronau mehr als verwunderte. Über die Medien wurde bekannt, dass 2021 nicht weniger als 23 chinesische Schwimmer positiv auf Dopingmittel getestet wurden. Chats und Whistleblower nähren den Verdacht, die Welt-Doping-Agentur (WADA) habe haarsträubende Fehler in der Abwicklung gemacht, bei der die Schwimmer freigesprochen wurden. ohne jede Sperre also und ohne Mitteilungen an die Presse. Es soll sich um Trimetazidin gehandelt haben, was laienhaft als Herzmittel bezeichnet wird. In Wirklichkeit verbessert es potentiell die Herzleistung, insbesondere des Herzmuskels. Vor den Olympischen Spielen in Paris wurde viel dokumentiert, die ARD brachte eine Doku mit Namen „schmutzige Spiele“. Es ist müßig, den Fall nochmals aufzuarbeiten, aber eines steht fest, „es riecht nach Vertuschung auf der höchsten Ebene – der WADA“. Die WADA wurde seinerzeit zeitnah informiert ebenso wie der Weltschwimmverband. Die Athleten wurden vom Chinesischen Verband freigesprochen, was die WADA und der Weltschwimmverband nahtlos übernahmen. Angeblich sei die Substanz versehentlich in die Kochtöpfe des Mannschaftshotels geraten sein. Zwei Athleten, die ebenfalls positiv getestet wurden, waren angeblich gar nicht in dem Hotel. Wer weitere Einzelheiten einsehen möchte, dem ist die Dokumentation der Sportschau vom 21. April 2024 zu empfehlen. Die Schwimmer durften bei Olympia in Toko antreten, einige holten Gold. Der frühere Schwimmstar Michael Phelps sagte bei einer Anhörung des US-Kongress zum Fall China: „die WADA ist eine Organisation, die immer wieder beweist, dass sie entweder unfähig oder unwillig ist, ihre Regeln weltweit durchzusetzen.“ In meiner Zeit als Member und Chairman ades Veterinary Committee FEI (1984-1988 und 1990-1998) wurde ich mehrmals als Zeuge (Witnessing analyst) zugezogen und beauftragt. Insgesamt 16 mal an den verschiedenste Labors, Schweiz in Magglingen, Irland Trinity College in Dublin, Belgien an der Universität Gent, England in NHL Newmarket, Deutschland im Institut für Biochemie Köln, Frankreich am Antidoping Labor in Paris, Spanien am Antidoping Labor Barcelona. Das Veterinary Committee beschäftigte sich u.a. mit dem Regelwerk um Doping. Über allem stand die Vorgabe: The horse is only allowed to compete in its inherent status - Das Pferd darf nur in seiner natürlich ererbten Verfassung an Wettbewerben teilnehmen. Zu den Sanktionen gehörten Disqualifikation, Strafgeld und Veröffentlichung des Reiters und Pferdes. Natürlich existieren Grenzfälle, bei denen der Reiter oder namentlich die „Person responsable“ schon einmal in Bedrängnis kam, weil er /sie im Einzelfall tatsächlich nicht bewusst eine Dopingsubstanz verwendet hatte. Aber immer wurde prinzipiell entschieden, wenn bei dem Pferd im Wettbewerb eine sogenannte verbotene Substanz gefunden wurde, musste das Pferd immer und konsequent disqualifiziert werden – unbenommen, ob der Reiter sich schuldhaft oder aus anderen Gründen sich belastend verhalten hatte. Fahrlässigkeit, ob gering oder grob, spielt keine Rolle. Diese Vorgehensweise mit dem Hintergrund, dass das Pferd ja auf jeden Fall unter dem Einfluss dieser verbotenen Substanz den Wettbewerb bestritten hat, ist freilich logisch. Es spielt keine Rolle, welche Menge gefunden wird. Diskussionen existieren um den Begriff „Influence on the performance“ existieren solange es Dopingkontrollen gibt. Wissenschaftlich existieren hinsichtlich dieser Annahme bisher keine objektiv vorhandenen Daten, Nur mutmaßlich kann argumentiert werden, dass eine Substanz beispielsweise keinen Einfluss auf die Performance zeitigen kann. Selbst ein einziges Molekül ist in der Lage, die Performance zu beeinflussen. Die Geisteshaltung in der Dopingwelt ist dynamisch, lange existierende Regeln werden plötzlich geändert, was für einen Paradigmenwandel spricht. Jedoch vom wahren Sinn der Chancengleichheit weit entfernt ist. Der Tennisprofi Jannik Sinner wurde in den USA auf den anabolen Wirkstoff Clostebol zwei Mal positiv getestet und wurde zwei Mal kurzzeitig suspendiert, nach Einspruch jeweils wieder spielbnerechtigt. Ein unabhängiges Gericht sprach Sinner vom Dopingvorwurf frei. Hier widerlegt sich die Regel selbst. Ein Athlet, Mensch oder Pferd, unabhängig von der persönlichen Schuldfrage, hat einen Wettbewerb unter dem Einfluss einer verbotenen Substanz bestritten, die zwangsweise seine Performance verbessert hat. Davon ist auszugehen. Die Geschichte, die Sinner verbreitet hat, dass der Physiotherapeut der Verursacher durch Trofodermin-Spray verursachtet hätte, ist geradezu lächerlich. Eine Wunde mit einem Anabolikum zu behandeln, was nachweislich ein Testosteron-Derivat ist, steht nicht im Lastenheft dieser Substanz, vielmehr ermöglicht es, einen gemäßigten Muskelaufbau ohne bekannte Nebenwirkungen. Der Trofodermin-Spray enthält auch das Antibiotikum Neomycin. Wenn Clostebol die Ursache der gefundenen Substanz allein verantwortlich gefunden wurde, dann hätte zeitgleich auch Neomycin festgestellt werden müssen. Davon ist nirgendwo die Reder. Es liegt also der begründete Verdacht vor, dass Clostebol parenteral (Spritze?) angewendet wurde, dann hätte man Metaboliten feststellen müssen. Aber auch, wenn die Substanz per Einwirkung auf und durch die Haut passiert wäre. könnte das Untersuchungsergebnis im Massenspektogramm eine völlig unterschiedliche Bewertung ergeben als bisher publiziert wurde. Jannick Sinner als Prototyp der Tennis-Aficionados nach Nadal und Federer gilt als erfolgreicher und sympathisch auftretende Charakter, „Everybody’s Darling“, manchmal ist ein solcher aber auch „Everybody‘s Depp“. Bisher fokussierte sich die gesamte Anti-Dopingwelt auf die Verursacher – die Sportlerin oder den Sportler und den Pferdeathleten. Das Geschehen hat sich gewandelt, als Täter rücken heutzutage Ärzte, Tierärzte, Trainer, Schmiede, Labors, Vereine und Verbände mehr in das Zentrum der Fokussierung. Wie wird es wohl weiter gehen? Wenn das Brechen der Regeln die Regel wird, löst sich das System auf...
|