Ratina Z - das erfolgreichste Springpferd ist tot Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Samstag, 25. Dezember 2010 um 10:38

 

Riesenbeck. Ratina Z, das erfolgreichste Springpferd der Welt, ist tot. Wie Reiter und Besitzer Ludger Beerbaum über Internet mitteilte, ist die Stute zwei Tage vor Weihnachten „friedlich eingeschlafen". Sie erreichte auf seinem Hof das schon beinahe biblische Alter von fast 29 Jahren.

 

 

Die Karriere der wahrlich königlichen Hannoverin Ratina sollte anders verlaufen. Auf sie hatte zunächst Paul Schockemöhle gierig geblickt. Er hatte gar schon ab Herbst 1992  eine Box in seinem Turnierbetrieb in Mühlen reserviert. Doch unmittelbar nach dem CSIO von Spruce Meadows  vor den Toren Calgarys endete die Reise nicht in Südoldenburg, sondern im beschaulichen Allgäu-Städtchen Buchloe. Dorthin hatte es nämlich Ludger Beerbaum 1989 verschlagen, unmittelbar nach seinem Weggang von Paul Schockemöhle. Und Beerbaums neuer Gönner und Mäzen hieß damals Rodo Schneider.

 

Rodo Schneider war Besitzer der Holsteiner Stute Classic Touch, auf der Beerbaum 1992 in Barcelona Olympiasieger geworden war. Vorsprung des langen Niedersachsen um die Goldmedaille auf dem Sand des Real Polo Club de Barcelona auf den Niederländer Piet Raymakers gerademal winzige 0,25 Zeitfehlerpunkte. Der Holländer saß im Sattel von Ratina Z, mit ihr hatte er schon wenige Tage zuvor olympisches Teamgold für die Niederlande gewonnen zusammen mit Bert Romp auf Waldo, Jan Tops auf Top Gun und Jos Lansink auf Egano. Besitzer von Ratina Z war Leon Melchior, Gestütschef von „Zangersheide“,  ein ehemaliger belgischer Bauunternehmer, der in großem Stil Flughafengebäude wie zum Beispiel in Köln-Bonn oder Kliniken in Rekordtempo hochzog. Bei Melchior war Raymakers damals Angestellter und Chefbereiter.

 

Für Classic Touch kam Ratina Z

 

Beerbaums Goldross Classic Touch wiederum, die Rodo Schneider gesehen und gekauft hatte („ohne zu probieren“),  war seinem Sohn Ralf Schneider versprochen, der auch bereits nach Höherem strebte. Pferdenarr Schneider, einer der drei damaligen Vorstandsmitglieder des Fleischimperiums Moksel, wollte seinen Vorzeigereiter Ludger Beerbaum aber nicht von der großen Bühne des Sports verschwinden lassen. Und da kam ihm Ratina Z gerade recht. Ratina, Tochter des großartigen Verrerbers Ramiro, der dem München-Team-Olympiasieger und Züchter Fritz Ligges gehört hatte, stammte aus einer Mutter namens Heureka, auf der der ehemalige Bundestrainer und Olympiasieger Hermann Schridde 1970 den Großen Preis von Aachen gewinnen konnte. Heureka hatte  Melchior unmittelbar nach dem Aachen-Triumph erworben.

 

Ehe Ratina Z unter Ludger Beerbaum erfolgreich jumpte, 1993 den Weltcup gewann, 1994 in Den Haag Mannschafts-Gold bei den zweiten Weltreiterspielen holte, 1996 in Atlanta zu Team-Gold bei Olympia sprang und den Reiter zu Doppelgold bei der EM in Mannheim 1997 trug, hatte sie bereits zwei Fohlen, war aber auch mit Piet Raymakers schon vor Barcelona 1992 bei der Europameisterschaft 1991 zu Einzel-Silber gesprungen.

 

Scheck über 2,126.000 Mark für Ratina

 

Rodo Schneider schrieb Leon Melchior damals einen Scheck über umgrechnet  2.126.000 Mark aus. Ihren letzten sportlichen Auftritt hatte Ratina Z am 20. Juni 1999 beim CHIO von Deutschland in Aachen mit einem fünften Platz im Großen Preis. Nach Ende der sportlichen Karriere sollte die Stute – Lebensgewinnsumme: 1.799.316 DM - zurück ins Gestüt Zangersheide nach Belgien. So lautete das Abkommen zwischen Melchior und  Rodo Schneider, und vertraglich festgelegt war auch, dass nur Ludger Beerbaum die Stute im Sport vorstellen dürfe. Auf der anderen Seite wiederum wurde ebenfalls ausgemacht,  dass Beerbaum am ersten Fohlen beteiligt werde. Darauf verzichtete der deutsche Rekord-Internationale mit 108 Ritten für Deutschland, und er wehrte sich auch dagegen, dass die damals 20 Jahre alte hochtragende Stute zum Abfohlen nach Lanaken gebracht werde. Per Gerichtsbeschluss wollte Melchior die Herausgabe von Ratina erzwingen. Doch als die von Amts wegen beauftragten auf den Hof von Beerbaum erschienen, war von Ratina weit und breit nichts zu sehen. Die Stute war über Nacht auf wundersame Weise einfach verschwunden...

 

Ludger Beerbaum zog nun ebenfalls vor Gericht, mit Michael Klimke als Anwalt. Vor Beginn der entscheidenden Verhandlung am 13.Juni 2002 in Münster zog Leon Melchior – auch auf Anraten des Gerichts - den Antrag auf Herausgabe zurück, Michael Klimke hatte geschickt mit tierschützerischen Argumenten operiert, aber auch damit, dass Melchior das Pferd ja 1992 verkauft habe und somit auch keinen Anspruch mehr geltend machen könne. Ratina durfte bei Ludger Beerbaum in Riesenbeck bleiben und ihren Lebensabend ohne Sport und möglicherweise ständige Besamung – allein elfmal im Jahr 2000 auf dem mexikanischen Gestüt La Silla - genießen.

 

In Bronze gegossen steht die Stute für immer und für alle sichtbar als Denkmal vor der Anlage von Ludger Beerbaum in Riesenbeck und ebenfalls vor dem Gestüt „Zangersheide“ im belgischen Lanaken. Ratina erinnert nicht nur an Triumphe und Leistungsbereitchaft, auch daran, dass Sportpferde trotz des Sports sehr alt werden können...

 

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