Der Traum eines kleinen Mädchens...(169) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Donnerstag, 06. Juni 2013 um 12:39

Comtessa erkrankt an Kolik...

 

Als Polly gestern im Reitstall erschien, um ihre Beauty zu trainieren, fand sie ihre Reitkollegen vor der Box des Schulpferdes Comtessa versammelt. Comtessa war eines der beliebtesten Schulpferde des Reitstalles Hubertus. Es war auch genau das Groß-Pferd, auf dem Polly das erste Mal vor ungefähr sieben Jahren einmal reiten durfte. Zwar nur zum sogenannten Trockenreiten, aber sie saß damals erstmals auf einem Großpferd. So etwas vergisst man nicht. Deswegen hatte Polly immer ein besonderes Verhältnis zu dieser Stute, obwohl sie ja inzwischen ihr eigenes Pferd besaß.

 

Comtessa schien offensichtlich krank zu sein. Kolik! Das schreckliche Wort geisterte durch den Stall. Woran erkennt man diese Krankheit, fragte sich Polly. Als sie klein war, wurde ihr gesagt, Kolik äußere sich durch Bauchschmerzen. Comtessa litt also Schmerzen. Polly beobachtete, dass der Pitter als Pfleger der Schulpferde Futter aus dem Trog entfernte. Comtessa hatte nicht mehr gefressen. Das war immer ein ernstes Anzeichen.

 

Polly sah, dass Harald, der Sohn des Stall-Eigentümers, sich bemühte, Comtessa daran zu hindern, sich hinzulegen. Reitlehrer van Hopps erklärte den Jugendlichen, dass man ein krankes, liegendes Pferd nicht mehr auf die Beine brächte, Pferde wiegen schließlich einiges. Es bestünde bei Kolik gleichzeitig Todesgefahr. Polly erschrak. So hatte sie sich ein bisschen Bauchweh nicht vorgestellt. Von sich selber wusste sie, dass so etwas immer schnell wieder vorüber ging. Bei Pferden schien das offensichtlich aber ganz anders zu sein. Das sah man auch an den ernsten Gesichter der Erwachsenen drum herum.

 

Comtessa war nass geschwitzt. Der Hals glänzte dunkel vor Schweiß, die Flaken waren eingefallen. Das Tier triefte überall vor Schweiß. Man wartete auf den Tierarzt. Der Stall-Tierarzt war Anjas Vater. Anja gehörte zu Pollys Clique. Ihre Freundin musste ihren Vater um Hilfe zu bitten. Sie hatte natürlich die private Durchwahl-Nummer. So hoffte man, den Tierarzt schneller zu erreichen.

 

In der Zwischenzeit holte Harald Comtessa mit dem Führstrick aus der Box.  Jemand schlug vor, das Pferd in der Reithalle im Schritt zu führen. Harald übernahm das. Dabei musste ihm noch jemand helfen, denn Comtessa wurde immer unruhiger. Sie hatte aufgerissene Augen, sie wollte sich ständig hinwerfen. Jemand musste mit einer Gerte hinter ihr herlaufen und sie jedes Mal antitschen, damit sie weiterlief. Dabei schwitzte sie immer stärker. Es wurde langsam gefährlich, das merkte jeder.

 

Polly und ihre Freunde standen an der Bande und bangten um Comtessas Leben. Ein eigenartige Spannung lag in der Luft. Beklemmend, fand Polly. So richtig wusste keiner, etwas zu sagen. Einige plapperten nur dummes Zeug. Anton, natürlich, riss dumme Witze. Völlig uncool! Und unangebracht. Schließlich ging es um ein Tier. Polly schnauzte Anton an, er solle das Maul halten.

 

Endlich kam Anjas Vater. Er hatte den von allen schon bekannten Koffer dabei. Das Stethoskop, mit dem er in den Bauch des kranken Pferdes hineinhören konnte, hing ihm um den Hals. Harald sollte Comtessa in ihre Box zurückbringen. Zur Untersuchung.

 

 

 

Nicht nur Polly, hochkonzentriert, und ihre Freunde schauten der Untersuchung zu, sondern auch einige Erwachsene. Ausgerechnet kam Herr Berster dazu. Er war ein regelmäßiger Teilnehmer der Schulstunden für Erwachsene. Herr Berster war ein älterer, ziemlich beleibter Herr, der schon seit Jahren immer wieder kam, um ausschließlich auf Comtessa zu reiten. Seine Schulstunde hätte eigentlich schon angefangen. Aber wegen des kranken Pferdes fiel die ganze Stunde aus.

 

Er machte ein äußerst besorgtes Gesicht, als er zu der Untersuchung durch den Tierarzt dazu kam. Polly fand, der alte Herr sah nun genauso krank aus wie Comtessa. Er machte sich große Sorgen um sein Lieblingspferd.

 

Nach dem Abhören der Darmgeräusche zog der Tierarzt mit zwei Fingern jeweils die Augenlieder zu Seite. Dann Schaute er Comtessa ins Maul. Flüsternd erklärte van Hopps, dass er die Durchblutung der Schleimhäute kontrollierte. Seien die sehr blass, wäre das kein gutes Zeichen.

 

Der Tierarzt holten einen Plastikhandschuh aus seinem Koffer. Der reichte ihm bis zum Oberarm. Verwundert beobachte Polly, dass er damit Comtessa „hinten rein“ ging. Ganz Weit verschwand der Arm des Tierarztes im Bauch des Pferdes. Mehrmals zog er ihn wieder heraus. Jedesmal hatte er dabei Pferdeäppel in der Hand, die auf den Boden fielen. Er zog auch ziemlich unverdaute Halme heraus, die grün und stinkig waren, Überhaupt verbreitete sich ein übler Geruch.

 

„So, mehr kann ich nicht finden“, sagte der Tierarzt und zog seinen Arm ein letztes Mal aus dem Pferdedarm. Den verschmutzten Handschuh warf er auf den Mistkarren. Dann holte er zwei Spritzen. „Ich injiziere jetzt noch Buscopan“, sagte er mehr zu sich selber als zu den Leuten, die dabei standen. Die andere Spritze enthielt ein Kreislaufmittel. Buscopan sei entkrampfend und schmerzlindernd, fügte er noch hinzu.

 

Anstatt ihre eigenen Pferd zu putzen und zu satteln, brachten Polly und ihre Freunde ihre Pferde auf die Weide. Zu viel Aufregung und Bangen um Comtessa machte es ihnen unmöglich, sich aufs Training zu konzentrieren. Immer wieder lief einer von Ihnen in den Stall und schaute nach, ob es dem Schulpferd besser gehe.

 

Tatsächlich bemerkte Polly, als sie nach Comtessa sah, dass der Schweiss abtrocknete. Das Pferd war ruhiger. Pitter hatte alles Stroh aus der Box entfernt und Späne eingestreut. Diese Maßnahme sollte verhindern, dass die Patientin sich wieder mit Stroh voll stopfte und vielleicht den Darm erneut verstopfen würde. Polly hatte sich die Anweisungen des Tierarztes genau gemerkt. Es könnte ja bei jedem Pferd mal eine Kolik auftreten. Sie wollte gut darauf vorbereitet sein.

 

Polly erinnerte sich an Gerüchte, dass Kolik eine Darmverschlingen bedeuten könnte. In dem Fall wäre es eine lebensbedrohliche Diagnose. Nur die wenigsten Tiere überlebten so eine Erkrankung. In jedem Fall sei immer höchste Eile geboten. Polly hatte Angst um Comtessa.

 

Es war fast eine Stunde vergangen, seit Polly Beauty auf die Weide gestellt hatte. Sie beschloss, dass das genug sei. Morgen würde sie wieder vernünftig trainieren. Auf dem Weg zur Weide kam sie an Comtessas Box vorbei. Schon Schritte vorher hörte sie die eindeutigen Geräusche, die sie kannte. Comtessa wälzte sich in den Spänen. Schweiz bedeckte ihren Körper. Es ging ihr wieder schlechter.

 

Polly rannte in die Tränke, um den Doktor zu holen.  Es begannen die gleichen Abläufe, wie beim ersten Mal. Nur, dass der Tierarzt ein deutlich besorgteres Gesicht machte. Obwohl Comtessa nichts gefressen hatte, fand der Tierarzt noch etwas in ihrem Darm und holte es heraus. Erneut verabreichte er Injektionen.

 

An diesem Abend fuhr keiner von Pollys Clique rechtzeitig nach Hause. Alle wollten abwarten, dass die erlösende Bestätigung vom Tierarzt kam, dem Pferd ginge es besser.

 

Die Jugendlichen saßen draußen vor dem Stall auf den Gepäckträgern ihrer Fahrräder und redeten aufgeregter als sonst durcheinander. Immer wieder ging einer von ihnen in den Stall. Erleichtert erschien einer nach dem anderen und sagte, dass Comtessa ruhig sei. Kein Schweiß mehr! Es ging der Stute besser.

 

Dann aber, nach ungefähr wieder einer Stunde, wurde die Stute erneut unruhig. Sie warf sich hin, wälzte sich. Schaum stand auf dem Hals und an den Flanken. Comtessa hatte große Schmerzen. Jeder konnte das sofort erkennen. Nun war das Pferd schon fast vier Stunden krank.

 

„Wahrscheinlich eine Darmverschlingung. Sie muss in die Klinik“, beschied der Tierarzt. Er leitete alles notwendige in die Wege. Hier konnte man nichts mehr für das Pferd tun.

 

Polly und ihre Freunde waren höchst besorgt. Schlechte Nachrichten! Sie blieben noch alle im Stall, bis Comtessa abtransportiert wurde. Nur der Pitter und Harald fuhren mit in die Klinik. Hoffentlich ging alles gut. Jetzt konnte man nur noch warten. Morgen würdem sie hören, ob Comtessa operiert werden konnte. Wenigstens hatte die in der Klinik die besseren Geräte und das richtige Krankenhauspersonal. Wenn die nicht helfen konnten, dann keiner. Hoffentlich konnte sie bald wieder zurück in ihre Box in den Reitstall Hubertus. Arme Comtessa. Polly wünschte, das Bauchweh hätte sie getroffen und nicht das arme Pferd.

 

(Fortsetzung folgt…)

 

 

 

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