Der Traum eines kleinen Mädchens...(180) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Donnerstag, 19. September 2013 um 12:01

 

Die Mafia im Stall...


 

Der Sommer ging zu Ende. Polly und ihre Freunde beschlossen,  für dieses Jahr keine Turniere mehr zu melden.  „Die Luft war raus“, sagten sie sich. Polly war sich aber völlig im Klaren darüber, dass auch ihre Intim-Konkurrentin Brigitta die lange Winterzeit dazu nutzen würde, sich auf die nächst höhere Klasse der Dressur vorzubereiten. Die schwierigeren Lektionen sollten angegangen werden. Pollys Ziele für die nächste Turniersaison standen fest: eine A-Dressur-Platzierung unter den ersten Drei und das Erlernen eines perfekten Außengalopps. Perfektes Fünf-Schritte-Rückwärtsrichten würde sie ohnehin schon schaffen. Jedenfalls ging Polly davon aus, dass diese Lektion für ihre Beauty keine Probleme mit sich bringen würde.

 

Allerdings überschlugen sich in den letzten Wochen die Ereignisse im Reitstall Hubertus, die Polly und ihre Kameraden von einem intensiven Training ablenkten. Der Skelettfund eines Pferdes war in der vergangenen Woche der Höhepunkt gewesen. Danach schnüffelten dauernd Polizeibeamte überall herum. Und wie zufällig stellten sie immer wieder vermeintlich harmlose Fragen, sogar den Jugendlichen und Kindern.

 

Dieser aufregende Umstand brachte äußerst negative Auswirkungen für Polly mit sich. Polly hatte sich doch so auf den Bau eines Dressurvierecks gefreut. Der war durch den Fund unterbrochen worden. Die Polizei hatte den Fundort gesperrt. Polly musste sich weiterhin die Reitbahn und den Springplatz mit allen anderen teilen. Das stank ihr schwer.

 

Es gab viel Gerede im Stall. Erst durch die Erwachsenen kamen auch die Jugendlichen und Kinder auf Ideen, woher das Pferdeskelett stammen könnte. Von der Polizei erhielt man fast keine Auskunft. Die Einstaller und Kunden des Reitstalls Hubertus ging das alles nichts an, befanden die Beamten.

 

Dennoch kam einiges heraus. Der Vater von Pollys Freunden Harald und Maria aus der Clique hatte den Reitstall vor vielen, vielen Jahren erworben. Es war damals schon kein Bauernhof mehr gewesen, sondern wurde von der fast einen Kilometer entfernten Rennbahn genutzt. Dort nämlich wurden die Rennpferde untergebracht, für die man auf dem Renn-Gelände keinen Platz mehr hatte. Herr Lichtenhügel, der zu dem Zeitpunkt gerade begann mit Immobilien zu handeln, hatte das Anwesen günstig erworben. Er selber war irgendwie mit den Rennbahnbetreibern geschäftlich verbunden. Wie genau, erfuhr man nie. Aber irgendwie kam er in den Besitz von Rennpferden.

 

Der Stallgemeinschaft des Reitstalles war allerdings aufgefallen, dass nach dem Skelettfund der Eigentümer wie vom Erdboden verschwunden war. Plötzlich hieß es, er sei in Urlaub. Polly war spitzfindig und neugierig. Sie fragte einfach Harald nach seinem Vater. An dessen Reaktion meinte sie zu erkennen, dass Harald selber nicht wusste, wieso sein Vater so plötzlich in einen Urlaub verschwunden war. Äußerst verdächtig! Fand Polly.

 

Das Getuschel und Gerede unter den Vereinsmitgliedern hörte nicht auf. Immer wieder tauchten die Polizeibeamten im Reitstall auf und führten die Kriminaltechniker zum Fundort. Wann immer jemand die Beamten ansprach und nach einem Ergebnis fragte, erfuhr er allenfalls, dass die Laboruntersuchungen noch ausgewertet werden müssten.

 

Jeden Tag kamen Polly und alle anderen in den Stall und waren gespannt, was es Neues gab. Es gab nichts. Keiner erfuhr etwas. Aber ein Reiter von der Schulpferde-Abteilung arbeitete bei der Stadt. Er gab immer damit an, er hätte „Insider-Wissen“. Letzten Montag rannte er fast vom Parkplatz bis in die Tränke. Er hatte Neuigkeiten! Der Leichenfund in der alten Scheune von vor zwei Jahren stand wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem toten Pferd.

 

Woher er das wissen wollte, sagte er nicht. Er tat ganz geheimnisvoll. War sowieso egal. Es gab neuen Gesprächsstoff. Dienstag erschienen die Kriminal-Beamten wieder. Sie bestätigten tatsächlich den Zusammenhang. Nicht nur das, sie kannten jetzt die Identität der Leiche, die Polly damals gefunden hatte. Es handelte sich um einen polnischen Pferdepfleger, der auf der Galoppbahn arbeitete. Seine Fingerabdrücke befanden sich im Polizeicomputer, waren natürlich an dem Skelett nicht mehr zu verwerten gewesen. Er war wegen Diebstahls aktenkundig. Diese Information bekam besondere Brisanz, als die Polizei herausfand, dass dieser polnische Pfleger damals ausgerechnet für die Rennpferde zuständig gewesen ist, die Herrn Lichtenhügel gehörten. Das war ja mal eine coole Information.

 

„Dein Vater hatte eigene Rennpferde?“, alle drehten sich zu Harald um, der nur seinen Mund öffnete, aber keine Worte heraus ließ. Er habe keine Ahnung gehabt, er habe davon nichts gewusst. Er konnte einem echt leid tun und seine kleine Schwester Maria auch. Alle wollten von ihnen etwas hören. Sie konnten doch nichts dazu sagen. Der Vater hatte ja nie etwas erzählt. Vor allem nicht von den Galoppern.

 

Jetzt brodelte die Gerüchte wieder stark. Pollys Mutter zeterte andauernd zuhause, dass Polly ihre Beauty in einen anderen Reitstall bringen solle. Hier, in  Hubertus, wäre es nicht geheuer. Zu oft, zu viel Polizei, zu viele Tote. Mama machte richtig Druck. Von  Pollys Vater erwartete sie ein Machtwort in ihrem Sinne. Den aber interessierte vor allem der polizeiliche Fall.

 

Dienstag Abend erschien die Polizei schon wieder im Reitstall. Sie fragte nach Herrn Lichtenhügel. Offenbar war der nicht auffindbar. Hilflos verließen Harald und Maria den Reitstall und machten sich schleunigst davon. Die Polizei befragte Herrn van Hopps, der Reitlehrer wohnte schon lange auf dem Gelände und war eigentlich  am dichtesten dran, was damals geschah. Aber auch er konnte nichts Konkretes aussagen.

 

Dann aber – er machte nur eine kleine Bemerkung als Nebensatz – erzählte er davon, dass häufig fremde Männer im damaligen Ausweich-Stall der Rennbahn aufgekreuzt wären, die nach Lichtenhügel fragten. Die Beamten horchten auf. „Was für Männer?“, fragten sie nach. Herr van Hopps wusste es nicht. „Italiener oder so“, bemerkte er. Mehr nicht. Aber das war es. Diese Bemerkung führte die Polizei offenbar auf eine Spur.

 

 

Am Mittwoch kam dann alles heraus: Das Pferd von Herrn Lichtenhügel war mit einer Axt erschlagen worden. Die Mafia hatte es getötet. Einfach so. Und den Pfleger gleich mit. Polly erschauderte bei der Vorstellung, wie erst die Axt das teure Pferd vor den Augen seines Pflegers tödlich traf, dann der Pfleger selber umgebracht wurde.  Später sollte sich dann noch herausstellen, dass das nur zur Warnung war. Herr Lichtenhügel hatte sich mit der Immobilien-Mafia eingelassen und war Geld, viel Geld, schuldig geblieben. Nur deswegen waren die Mörder zur grausigen Tat geschritten. Alles kam heraus. Nur Herr Lichtenhügel blieb verschwunden.

 

Alle waren froh, dass es zu Ende war. Polly am meisten. Jetzt musste sie nur noch ihre Mutter überreden, dass Beauty hier bleiben durfte. Es gab ja nun keinen Grund mehr, den Stall zu wechseln. Die Verbrechen der Vergangenheit waren aufgeklärt. Na ja, die Rolle von Herrn Lichtenhügel, dem Vater ihrer Freunde, musste natürlich noch überprüft werden. Das sollte es gewesen sein.

 

Doch das Thema erregte immer noch alle. Auch die jungen Reiter. Nur Pollys Gedanken gingen wieder zu ihrer Beauty und dem Wintertraining. Das durfte sie auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Aber Mafia auf diesem Anwesen…Das Verbrechen schlich sich immer wieder in die Gedanken.

 

Polly wollte ihre Mutter vom Mafia-Fall der Galopp-Rennbahn ablenken. Den ganzen Weg nach Hause hatte sie überlegt, wie sie das am besten anstellte. Das Einfachste wäre gewesen, eine Eins in Mathematik vorzeigen zu können. Die existierte aber nicht. Nicht einmal von letzter Woche. Das einzige Interessante, was Polly dazu einsetzen konnte, war ihre Autogrammsammlung. Das Meiste kannte Mama ja schon. Aber den letzten Eintrag, rechts neben dem von Daniel Deußer,  nicht. Nur – der war ausgerechnet vom Kriminalhauptkommissar, der das Verbrechen so lange untersucht hatte. Polly war mächtig stolz darauf, dass sie bei aller Aufregung daran gedacht hatte, den Polizisten zu fragen. Aber, ob Mama das so gut fand…

 

(Fortsetzung folgt…)

 

 

 

 

 

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