Meredith Michaels-Beerbaum - Grand Prix-Sieg in Aachen war ihr Traum Drucken
Geschrieben von: Topbias Königs/ DL   
Donnerstag, 18. Mai 2023 um 18:05

Aachen. Bisher erst fünf Reiterinnen gewannen beim deutschen CHIO in Aachen den seit 1927 ausgetragenen Großen Preis im Springreiten, nach der Britin Liz Edgar (1980) und der US-Amerikanerin Anne Kursinski (1991) war Meredith Michaels-Beerbaum 2005 auf Shutterfly die Dritte, in der Soers verabschiedete sie 2011 den Hannoveraner Wallach spontan nach dem Erfolg im Preis von Europa. Mit der früheren Springreiterin unterhielt sich Tobias Königs wenige Wochen vor dem 109. Internationalen Offiziellen Turnier (CHIO) von Deutschland (23. Juni bis 3. Juli) seit 1929, dem 80. in der Aachener Soers.

Einst die erste Frau an der Spitze der Weltrangliste, nennt Meredith Michaels-Beerbaum (53) unzählige internationale Medaillen ihr Eigen. Ein Gespräch mit ihr über ihre Zuneigung für das Turnier in Aachen, den Stellenwert der Rolex Grand Slam-Serie für den Rietsport und ihre bereits recht erfolgreiche Tochter Brianne im Springsattel.

Frage: Zehn Jahre Rolex Grand Slam. Was bedeutet diese Serie für den Sport?

Meredith Michaels-Beerbaum: „Der Rolex Grand Slam ist großartig, die Serie hat den Reitsport auf ein ganz anderes Niveau gehoben und macht ihn mit den besten Sportarten der Welt vergleichbar. Natürlich sind auch die Preisgelder, die es zuvor in dieser Höhe im Reitsport nicht gab, ein großer Anreiz. Das ist einfach großartig.“

Nick Skelton hat mit einem Augenzwinkern gesagt: „Schade, dass es die Serie damals noch nicht gab, als ich so erfolgreich war.“ Geht es Ihnen genauso?

MMB: „Ja, das ist wirklich schade. Ich hatte damals mit Shutterfly und Checkmate zwei Superpferde und hätte große Chancen gehabt, am Rolex Grand Slam teilzunehmen. Aber auch wenn die Möglichkeit für mich zu spät kam, ändert das natürlich nichts an der Qualität dieser Serie. Unser Sport hat sich dadurch entscheidend weiterentwickelt und das ist positiv für die Zukunft des Reitsports.“

Bislang gab es mit Scott Brash erst einen Rolex Grand Slam-Sieger. Ist es so schwierig, drei Majors in Folge zu gewinnen, wie es von außen den Anschein hat?

MMB: „Ja, das ist es. Alleine ein Major zu gewinnen, ist schwer. Die Konkurrenz ist stark, die Reiter sind gut, die Pferde sind gut und die Parcours` sind schwierig. Da entscheiden oft nur Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage. Aber Scott Brash hat es geschafft, und McLain Ward ist auf einem guten Weg. Es ist also unfassbar schwer, aber nicht unmöglich.“

Sie sprechen McLain Ward an. Wie hoch schätzten Sie seine Chancen ein, in Aachen den Rolex Grand Slam zu gewinnen?

MMB: „Die Chance ist natürlich da. McLain ist ein super Reiter und er hat ein super Pferd. Beide sind gut in Schuss. Aber in diesem einen entscheidenden Moment muss einfach alles zusammenkommen. Ich würde es ihm absolut wünschen, aber er hat starke Konkurrenten, die natürlich auch alle in Aachen gewinnen möchten.“

Sie selbst haben 2005 in Aachen triumphiert. Können Sie sich an das Gefühl von damals noch erinnern?

MMB: „Natürlich, dieser Sieg war ein Highlight meiner Karriere. In Aachen zu gewinnen, war immer mein großer Traum. Dieses Turnier ist für mich das allerbeste in der ganzen Welt. Die Bedingungen, die Zuschauer, die Atmosphäre, das Hauptstadion – das alles macht Aachen so besonders. Das Gefühl, dort von den begeisterten Zuschauern als Siegerin gefeiert zu werden, ist mit nichts vergleichbar. Ich werde diesen Moment niemals vergessen.“

Wenn Sie in Aachen sind, schauen sie dann jedes Mal auf die berühmte Siegertafel? Oder wird das irgendwann Routine?

MMB: „Nein, das wird nie Routine. Es gibt viele besondere Plätze in Aachen, wo ich immer wieder gerne vorbeischaue. Die Siegertafel gehört natürlich dazu. Aber auch zum „Walk of Fame“ neben dem Eingang zur Geschäftsstelle gehe ich gerne. Dort ist ja auch ein Hufeisen von Shutterfly in den Asphalt eingelassen.“

In Deutschland gibt es im Sport die „Equal-Pay“-Debatte. Es geht dabei um gleiche Bedingungen und Bezahlungen von Männern und Frauen. Der Reitsport war da schon immer eine Ausnahme …

MMB: „Ja, in diesem Punkt ist unser Sport wirklich sehr besonders. Bei uns können Frauen und Männer auf Augenhöhe gegeneinander antreten. Denn im Sattel entscheidet eben nicht die Kraft, die ein Reiter hat. Es braucht auch eine große Portion Gefühl, um erfolgreich zu sein. Und so kann eine zierliche, kleine Frau wie ich es bin, in Aachen gegen einen Mann antreten – und am Ende sogar gewinnen.“

Ihre Tochter Brianne ist aktuell hocherfolgreich im Springsattel unterwegs. Es scheint, als würde sie in Ihre Fußstapfen treten …

MMB: „Ja, sie hat wirklich viel Talent und ist absolut begeistert von unserem Sport. Am vergangenen Wochenende hat sie in Österreich das erste Mal einen Nationenpreis geritten (in der Altersgruppe Children, die Red). Sie im roten Jackett reiten zu sehen, hat mich wirklich zu Tränen gerührt. Worte können nicht ausdrücken, wie stolz ich auf sie bin. Ihre Entwicklung mitzuerleben, ist genauso schön, wie es meine eigenen Erfolge waren.“

Viele sagen, Briannes Reit-Stil erinnert sehr stark an den ihrer Mutter ...

MMB: „Ja, das stimmt. Viele sagen uns, Brianne sieht im Sattel aus wie eine Mini-Meredith. Das ist wirklich faszinierend – und auch ein bisschen lustig“ (sie lacht).

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Zur Person Meredith Michaels-Beerbaum (53):

Geboren in Los Angeles, studierte drei Jahre lang Politikwissenschaften in Princeton und ritt bereits als Juniorin erfolgreich. 1991 kommt die 21-Jährige Meredith, die schon immer gerne verreiste – bereits mit 17 Jahren hat sie Moskau, Leningrad und Kiew besucht - nach Deutschland zu Paul Schockemöhle in Mühlen, um dort zu trainieren. Geplante Aufenthaltszeit: einen Sommer, sie bleibt drei Jahre. Während eines Reitturniers in München lernt sie den Springreiter Markus Beerbaum kennen: es funkt zwischen den Beiden, auch beruflich. 1994 wechselt sie zunächst in den Turnierstall von Dirk Hafemeister nach Schwagstorf, wo Markus Beerbaum angestellt ist. Schon bald jedoch gründen beide ein eigenes Unternehmen und ziehen zu Graf Landsberg auf die Anlage nach Balve. 1997 kauft das Paar die Reitanlage des verstorbenen Ex-Weltmeisters Gerd Wiltfang in Thedinghausen in der Nähe von Bremen mit Stallungen für 50 Pferde, 32 ha Land. 1998 Heirat mit Markus Beerbaum, Meredith nimmt die deutsche Staatsbürgerschaft an und reitet von nun an für Deutschland. 1999 steht sie als erste Frau in einer deutschen Championats-Equipe der Springreiter und wird außerdem Deutsche Meisterin. Glücksbringer: Ihre Ohrringe und ein besonderer Gürtel. Als erste Frau gewinnt sie 2004 im Dezember sowohl die Riders-Tour (Titel "Rider of the Year") und steht als erste Amazone an der Spitze der Weltrangliste. Dazu erhält sie den Medienpreis "Bambi". Sie ritt viermal für die USA einen Preis der Nationen und 46-Mal für Deutschland, dreimal gewann sie den Weltcup, dreimal war sie Europameisterin, darunter Einzelchampionesse in Mannheim 2007, bei Weltreiterspielen ritt sie 2006 in Aachen mit dem Team und in der Einzelwertung zu Bronze und vier Jahre später in Kentucky zu Mannschafts-Gold, dazu kommt Olympia-Bronze mit der Equipe 2016 in Rio de Janeiro. Der Wallach Shutterfly, der mit 30 Jahren aus Alterschwäche 2023 eingeschläfert werden musste, galt nach dem ebenfalls in Hannover gezogenen E.T. von Hugo Simon (3.650 000 €) als das gewinnreichste Springpferd der Welt mit 3,5 Millionen € bis zur Einführung der Global Champions Tour 2006. Spontan hatte sie den Hannoveraner Wallach Shutterfly nach dem Erfolg im Preis von Europa in Aachen 2011 aus dem Sport verabschiedet, bis zuletzt erhielt er bei Markus und Meredith Michaels-Beerbaum in Thedinghausen sein Gnadenbrot.

 

 

 

 

 

 

 

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