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Norbert Koof - bald 20 Jahre im Rollstuhl... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 24. Dezember 2013 um 15:55

 

(Foto: Kalle Frieler)

Willich. Im kommenden Februar jährt sich zum 20. Mal der schreckliche Trainingsunfall des Exweltmeisters Norbert Koof. Gerade in der Zeit zu Weihnachten und zum Jahreswechsel hat er eine Erinnerung verdient- vor allem in dem immer härter werden Geschäft der Springreiter, wo für das Menschliche längst weder Zeit noch Raum ist.

 


Dublin, 13. Juni 1982, Finale um die Springreiter-Weltmeisterschaft. Die deutsche Mannschaft von Equipe-Chef Hermann Schridde in der Besetzung Gerd Wiltfang auf Roman, Paul Schockemöhle auf Deister, Peter Luther auf Livius und dem jungen Norbert Koof auf Fire hatte hinter Frankreich bereits Silber gewonnen, nun lief das Finale um die Einzelmedaillen. Als einziger Deutscher am Start des Finals mit Pferdewechsel: Norbert Koof, der Reiter aus dem kleinen Dorf Anrath bei Krefeld. Von niemanden hofiert, von niemanden groß gesponsert. Doch der mischte wahrlich rotzfrech die Konkurrenz auf.

 

Der letzte Durchgang um die Medaillen, um Gold – Silber – Bronze- odfr gar nichts. Keine Stange war bisher gefallen auf den Ritten mit dem eigenen und auch nicht nach dem vorgeschriebenen Pferdewechsel mit den Pferden der Konkurrenten. Nun war  Norbert Koof  im Parcours auf seiner letzten Runde, auf Towerlands Anglezark des Briten Malcolm Pyrah. Vor sich die Dreifache Kombination. Die weiße Krawatte baumelt lästig über dem roten Rock hin und her, wie manchmal bei einem eine Fliege vor dem Gesicht im Auto oder beim Frühstück. Was macht Norbert Koof? Er stopft den Binder lässig zurück, zwischen den Galoppsprüngen, so, als wäre er gerade beim Abreiten. Noch ein Satz -  und er wärer Weltmeister. Er war es dann am Ende - Der mit seinen 26 Jahren  bis dahin jüngste Champion der Geschichte seit 1953, wo in Paris alles begann und der Spanier Francisco Goyoaga vor Fritz Thiedemann gewonnen hatte, Norbert Koof wird ohne einen einzigen Abwurf Champion. Weltmeister, auf dem eigenen und drei unbekannten Pferden der Konkurrenten, über insgesamt 32 Hindernisse.

 

Glückszahl „13“

 

Der wuchtige und eckige Wallach Fire hatte  das Final-Feld  frühzeitig sortiert.  Nur Norbert Koof dirigierte den  Westfalen fehlerlos über die Sprünge, ein Instinktreiter, der in dieser  Sternstunde seiner Karriere beweisen konnte, dass er zu den Großen zählt.  Alles ist nun längst Geschichte, der Moment, als beispielsweise sein Vater Günther den grünen Jägerhut in Dublin auf dem Abreiteplatz leicht zurückschob,  ein morgens gefundenes kupfernes One-Pence-Stück aus der Jackentasche kramte und sagte: „Das hat Glück gebracht.“ Die „13“ war sicherlich bis dahin die Glückszahl des Norbert Koof, geboren am 13. September 1955,  er hatte die Startnummer 13 in Dublin und wurde an einem 13., dem 13. Juni 1982, Weltmeister.

 

Alles hatte auf ländlichen Turnieren begonnen, er  hatte nie einen  Trainer mit großem Namen. Erst als er aufstieg in der Hierarchie „trainierte ich beispielsweise beim späteren Bundestrainer Herbert Meyer“. In der Vereinschronik von Willich-Anrath steht zu lesen: „Seine sportliche Laufbahn begann im Jahre 1968 mit dem Pferd Rex. Mit den Pferden Burda und Sirius erzielte er schon beachtliche Erfolge. Vom ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Franz Meyers, kaufte sein Vater das Pferd Minister.“ Das ist nicht ganz die Wahrheit. Minister verkaufte der früher überall bekannte Pferdehändler Hans („Hänschen“) Berenz aus Aachen, und der hatte das Pferd zum Verscherbeln erhalten, weil nämlich der Ministerpräsident von jenem Rücken gestürzt war, der angeblich die Welt bedeutete,  er war im Krankenhaus gelandet und gab den Wallach zum Verkauf weiter. Hans Berenz war es dann auch, der den Frühling-Nachkommen in Minister „umtaufte“.

 

Alles begann mit „Minister“…


 

Auf Minster begann der Aufstieg des Norbert Koof

(Foto: Werner Ernst)

Auf dem Dunkelfuchs  begann der steile Aufstieg des 16-jährigen „landwirtschaftlichen Gehilfen“, beide lernten voneinander. 1972 wurde er rheinischer Juniorenmeister, ein Jahr später gewann er Bronze bei der Europameisterschaft mit der Equipe und in der Einzelwertung, 1977 wurde er hinter Hendrik Snoek in Berlin deutscher Vizemeister, ritt danach erstmals in der deutschen Senioren-Equipe bei der Europameisterschaft in Wien und kehrte mit Bronze an den Niederrhein zurück.

 

Nach Minister kam Fire in den alten Vierkanthof an der Haus-Broicher-Straße, fünf Jahre alt, gekauft praktisch in der Nachbarschaft für 60.000 Mark, ein Riese von 1,83 m Stockmaß, sensibel und sprunggewaltig, aber auch verletzungsanfällig. Der Fuchs erhielt eine Spezialbox, größer als normal, an einer Ecke im Stall wie an einem Verkehrsknotenpunkt, dass er alles übersehen konnte. Mit Fire gehörte Norbert Koof zum festen Bestandteil der deutschen Equipe, in der damals die große deutschen Springreiter  Gerd Wiltfang auf Roman als Weltmeister, Paul Schockemöhle auf Deister und Peter Luther auf Livius ritten. Paul Schockemöhle sagte später mal: „Eine wirklich großartige Equipe, ich kenne keine bessere.“ Sie wurde in München 1981 ein Jahr vor der Weltmeisterschaft Europameister.

 

…für Fire boten US-Amerikaner 800.000 DM

 

Amerikaner wollten unmittelbar nach dem kontinentalen Championat in München Fire für 800.000 Mark kaufen, doch Günther Koof, der vor sechs Jahren starb, lehnte in weiser Ahnung ab. Dann kam Dublin. Fire machte seinen Reiter zum Champion und ließ den Franzosen Michel Robert, Malcolm Pyrah und den Iren Gerry Mullins auf seinem Rücken regelrecht „verhungern“.

 

Zuhause grüßte ab dem Tag nach Dublin ganz Willich „unseren Weltmeister“. Spruchbänder und Girlanden zierten die Haus-Broicher-Straße.  Rund 600 Briefe, Telegramme  und Karten schleppte der Postbote in den Bungalow der Koofs, der Bischof von Aachen schrieb einen Gruß, und aus dem entlegenen brasilianischen Busch kam Post vom Onkel, dem Missionar, der vom Triumph seines Neffen aus irgendeiner Zeitung des Landes erfahren hatte.

 

Dublin wurde zum letzten großen Auftritt von Fire. Krankheitsbedingt mit Problemen an Knochen und Sehnen kehrte er nie mehr in den großen Sport zurück. Und auch Norbert Koof fand keinen Nachfolger für Fire, der bis zum Ende sein Gnadenbrot auf dem Hof erhielt. Koof: „Ich hatte nach Minister nur ein Spitzenpferd, nämlich Fire.“

 

Schlagzeilen widerwillen

 

Widerwillen geriet Norbert Koof in jene Schlagzeilen, die keiner braucht, keiner will und keiner einem wünscht. 24. Februar 1994. Über Willich-Anrath kreist ein Rettungs-Hubschrauber. Eine Nachbarin erzählte später: „Ich wusste, da ist etwas Schlimmes passiert.“ Seit jenem Tag ist der jetzt 58-jährige querschnittgelähmt. Er ritt in seiner Halle ein junges Pferd, fiel nach einem Sprung aus dem Sattel, „ich schlug verdreht auf dem Boden auf. Ein Sturz, wie er immer passieren kann“. Er konnte nicht mehr aufstehen. Aber sprechen. Er orderte den Helikopter selbst über die Pflegerin und wurde in die Unfallklinik nach Duisburg geflogen. Dort stellten die Ärzte zwar keinen Bruch an der Wirbelsäule, aber eine Stauchung des siebten Halswirbels fest, der dadurch entstandene Bluterguss drückte auf die Nervenstränge und unterbrach so die Verbindung zwischen der Befehlszentrale Hirn und Muskeln. Anfangs vermochte er nur die Augen zu bewegen. Nach sechs Monaten kam er nach Hause. Zwei Tage danach wurde Tochter Sabrina, inzwischen 19, geboren. Sie steht jetzt unmittelbar vor der Prüfung für „Service und Management“, was früher mal „Zucht und Haltung“ in der Pferdesportbranche genannt wurde.

 

Norbert Koof hat sich nie hängen lassen,  nie resigniert. Er war immer auch hart gegen sich selbst. Er quälte sich nach der Krankenhausentlassung erstmals bei Therapeuten, heute immer noch zweimal in der Woche, „man muss ja fit bleiben.“ Er steuert ein Spezialauto, hat einen motorisierten Rollstuhl, die Wohnung und der Stallbereich wurden entsprechend umgebaut. Wer ihn trifft, merkt erst beim zweiten Blick, dass er im Rollstuhl sitzt. Norbert Koof ist positiv eingestellt, „es hätte noch schlimmer kommen können“, sagt er.

 

Im Sport gehen immer zwischen zwölf und 15 Pferde von ihm. Der Handel mit jungen Pferden läuft ordentlich, auf seiner Anlage hält er Lehrgänge ab, und die Düsseldorfer Polizei-Reiterstaffel fand nach der Wiedergründung 2006 bei ihm ebenfalls ein neues Zuhause. Über den heutigen Spitzensport denkt er so, „dass beispielsweise Talente nicht nach oben kommen, weil weniger veranlagte Springreiter sich aufgrund von finanziellen Möglichkeiten  bei einem Turnier einkaufen können und anderen so die Startmöglichkeiten verbauen. Da wird doch auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zugesteuert.“ Die oben und die unten, „der Sport wird immer teurer, der Mittelbau bei Turnieren in Deutschland bricht weg“, sagt er, „Veranstaltungen, auf denen man auch Weltcuppunkte holen kann, werden immer weniger“.

 

Immer positiv denken

 

Für sich, der als Reiter so stark war, dass er auch mit einer Kuh einen Parcours hätte springen können, hat er diese Devise ausgearbeitet: „Lebe jeden Tag intensiv. Blicke nicht zurück auf Vergangenes, nur vorwärts.“

 

Mit dem Goldenen Ring des Aachen-Laurensberger Rennvereins, den als Erste Fritz Thiedemann und der Italiener Piero d`Inzeo 1953 erhalten hatten als Auszeichnung für herausragende Persönlichkeiten der Reiterei, wurde er 1982 geehrt, beim 89. CHIO von Deutschland 2004 in Aachen zeichnete ihn der Deutsche Reiter- und Fahrerverband mit dem Silbernen Pferd aus. Die Laudatio hielt der spätere Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Das Motto von Norbert Koof, der 28-mal in einem Preis der Nationen für Deutschland ritt und  dessen folgenschwerer Sturz sich am 24. Februar 2014 zum 20. mal jährt: „Man muss immer positiv denken, das Leben nehmen wie es ist – man hat nur eines.“

 


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