Der Traum eines kleinen Mädchens ...(94) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Donnerstag, 25. August 2011 um 13:21

 

Pollys "Abflug" vom Großpferd...

 

Polly genoss die großen Ferien in vollen Zügen. Bisher verbrachte sie jeden Tag im Reitstall Hubertus. Es gab kein einziges Pony, das sie nicht wenigstens einmal gründlich geputzt hätte. Der Reitlehrer hatte dies sehr wohl registriert. So erlaubte er Polly, an einer Schulstunde auf einem Groß-Pferd teilzunehmen. Ein Reitschüler war ausgefallen. Das Schulpferd stand gesattelt im Stall. Polly durfte es sich in die Reitbahn holen.

 

Dabei handelte es sich für Polly um ein ganz besonderes Ereignis: war es doch das aller erste Mal, dass sie eine volle Stunde mit Galopp-Reiten und allen Lektionen auf  einem großen Pferd bei erwachsenen Reitschülern mitreiten durfte. Bisher ließen die Erwachsenen sie und ihre Freunde allenfalls zum Trockenreiten auf die Groß-Pferde. Das hieß, nur im Schritt reiten. Es war toll, aber wenn sie ehrlich war, auch ein bisschen langweilig.

 

Heute durfte sie genau das tun, was auch die erwachsenen Schulreiter taten. Mächtig stolz war sie. Dem Reitlehrer war voll bewusst, welche Freude er der kleinen Reiterin damit machte.

 

Comtessa gehörte zu jenen Schulpferden, die ziemlich groß und außerdem auch noch ziemlich breit waren. Polly ahnte nicht, wie breit sie die Beine auseinander nehmen musste. Aber das war ihr völlig egal. Hauptsache, sie konnte reiten. Sie nutzte die Situation voll aus. Alles, was sie bisher auf den Ponys gelernt hatte, versuchte sie auf  Comtessa zu übertragen. Obwohl sie ordentlich aus dem Sattel geworfen wurde, versuchte sie den Rhythmus beim Leichttraben zu finden. Hoch, runter, hoch, runter, hoch....Die Schritte von Comtessa waren riesengroß im Vergleich zu den gewohnten Ponyschritten. Polly hatte das Gefühl, sie brauchte sich nur viel langsamer im Sattel auf und nieder zu bewegen, als sonst. Da bei presste sie die Knie fest an den Sattel. Comtessa schwang ziemlich. Sie merkte, dass der Schwung von Comtessa mit dem von Lisa  nicht zu vergleichen war. Polly ging gar nicht,  dass ihre Beine unten nur wenig über das Sattelblatt herausragten. Dennoch erreichten ihre Absätze den Pferdeleib beim Antreiben. Die Stute reagierte jedenfalls auf Pollys Hilfen. Sie war ein sehr braves Pferd. Polly sah sich veranlasst, immer wieder den Hals zu klopfen, um Comtessa zu loben.

 

Dann kam das Kommando „einzeln angaloppieren“. Polly wurde es mulmig. Sie ritt als Letzte der Abteilung, hatte also genügend Zeit, sich auf die hohe Gangart einzustellen. Vier Pferde waren vor ihr dran. Wie bei den Ponys auch, regten sich die zurückgehaltenen Pferde etwas auf, wenn das Vorderpferd davon galoppierte. Da benahm sich Comtessa auch nicht anders, als die anderen. Polly spürte, wie sich die Muskeln des Tieres anspannten. Polly bekam es mit der Angst zu tun. Fühlte sie doch die Stärke des großen Tieres unter sich. Nur noch zwei Pferde vor ihr. Paraden, mit Schenkeln und Zügeln, kamen bei Comtessa nicht mehr durch. Polly war hilflos. Nur aus Gewohnheit hielt sich das Schulpferd noch hinter den anderen. Paraden, Paraden, Paraden. Immer wieder tat sie ihr Bestes, um das Gelernte jetzt anzuwenden. Comtessa fing an zu zockeln. Sie ging nun keinen  Schritt mehr, sondern trabte in ganz kurzen Trippelschritten. Polly flog aus dem Sattel, so schnell konnte sie sich nicht den Zockelschritten anpassen und gleichzeitig  Paraden geben. Nur noch ein Pferd vor ihr. Dann war auch dieses dran, anzugaloppieren. Mit aller Kraft zog Polly an den Zügeln, um Comtessa zurückzuhalten. Gerade noch hatte sie es geschafft. Dann aber machte Comtessa einen Satz nach vorne. Polly hatte nun allerdings überhaupt keine Kraft mehr. Sie flog im Sattel nach hinten. Comtessa stürmte los. Polly flog nach vorne. Sie lag auf dem Pferdehals, schaffte es irgendwie, sich wieder aufzurichten. Sie fiel wieder nach hinten über, verlor das Gleichgewicht - und landete im Dreck. „Das war`s“, dachte sie. „Blamiert!!!“ schoss es ihr durch den Kopf. „ Das erste mal auf  einem Großpferd und dann runtergefallen. Wie peinlich ist das denn?“

 

Herr van Hopps kam angelaufen. Er half ihr auf. Mit der einen Hand hielt er ihren Arm fest, mit der anderen klopfte er den Dreck von ihrer Kleidung. Ihr aber kam es so vor, als würde er zu aller Schande ihr auch noch den Hintern versohlen. So sehr war sie enttäuscht. Und wütend auf sich selber. So hatte sie sich das Reiten auf dem großen Pferd nicht vorgestellt. Wollte sie doch vor ihren Freunden richtig groß tun und zeigen, wie gut sie schon reiten konnte, nicht nur auf Ponys.

 

Der Reitlehrer half ihr wieder drauf. Es war nichts Schlimmes passiert. „Nur wer noch nie vom Pferd gefallen ist, hat noch nicht richtig geritten“, sagt er und wollte Polly damit trösten und neuen Mut machen.

 

Mut hatte sie aber gar nicht verloren. Sie war eben nur sehr wütend auf sich selber. Sie hatte einfach nicht damit gerechnet, dass Comtessa eben viel stärker ist als zum Beispiel Lisa. Dass die Ponys heiß wurden, wenn das Vorderpferd angaloppierte, wusste sie aus Erfahrung. Dass die Groß-Pferde sich genauso verhielten, überraschte sie. Sie hatte nicht daran gedacht. Dass sie aber überhaupt nicht in der Lage war, etwas dagegen zu tun, ärgerte sie deshlab ungemein. Dann auch noch nahm sie aus den Augenwinkeln wahr, dass nunmehr alle ihre Freunde sich an der Bande versammelt hatten. Polly wusste genau, warum  sie da standen. Sonst schauten die nie der Erwachsenen Abteilung zu. Ausgerechnet, wenn sie dabei war, sich so zu blamieren, dann kamen die natürlich angerannt. Na gut, dann erst Recht! „Dürfen wir noch mal galoppieren?“, fragte sie mit unnatürlich lauter Stimme den Reitlehrer. Die Köpfe der Erwachsenen Reiter drehten sich zu ihr um. Erstaunte Blicke trafen sie. Erstaunt sah auch Herr van Hopps zu ihr hin. „Klar. Abteilung Galopp marsch“, kommandierte er sofort.

 

Alle Pferde galoppierten auf ein Mal an. Nicht jedes einzeln. Es wurde in der ganzen Abteilung galoppiert. „Gut so!“, dachte Polly. Sie brauchte Comtessa nun nicht zurückzuhalten. Polly drückte  ihre Knie fest ans Pferd. Sie fand schnell den Galopprhythmus vom Comtessa und blieb gerade in dem für sie viel zu großen Sattel sitzen. Es klappte. „Na also, geht doch“, dachte sie und konnte dabei ein Lächeln nicht verbergen. Ihr Blick traf den des Reitlehrers. Der lächelte zurück. Es war alles in Ordnung, wusste sie in diesem Moment. Da machte es ihr auch nichts mehr aus, dass die anderen alle zusahen.  Eigentlich war es ihr jetzt so ganz recht, gab sie nun doch eine Spitzenfigur ab. Sollten die doch sehen, wie gut sie reiten konnte. Sogar auf einem Groß-Pferd.

 

Den „Abgang“ hatten ihr Freunde ja nicht mit eigenen Augen gesehen. Das war schon mal gut für sie. Das war dann fast so, als wäre gar nichts passiert. Aber, dass sie toll bei der Erwachsenen-Abteilung mitgaloppiert war, hatten alle ihre Freunde mit eigenen Augen gesehen. Am Ende war es sogar so, dass sie Comtessa dankte. Die anderen Lektionen der Reitstunde waren ganz gut verlaufen. Zum Schluss reichte sie der Stute noch ein Zückerchen, wie sie es sonst auch bei den Ponys tat.

 

Erst als Polly mit ihren Freunden nach dem Reiten zusammensaß, fühlte sie einen Schmerz in der rechten Popohälfte. Sie hatte doch einen ganz schön heftigen Plumps in den Dreck hingelegt. Aber das war kein Thema mehr. Sie würde jetzt in dem Rest dieser Ferien noch fleißiger helfen, um  mehr große Pferde reiten zu dürfen.

 

(Fortsetzung folgt.......)

 

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