Fünf Deutsche beim Weltcup-Finale der Springreiter in Genf Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 28. März 2010 um 19:40

 

s`Hertogenbosch. Der letzte Sieger der Qualifikationsspringen der Westeuropaliga war im niederländischen s`Hertogenbosch Schwedens Olympia-Zweiter Rolf-Göran Bengtsson auf dem Holsteiner-Hengst Casall La Silla, doch für das 32. Finale in Genf (14.bis 18.April) gehört er nicht zu den nach dem Reglement zunächst 18 Qualifizierten der schwersten Liga. Aus Deutschland sind fünf Reiter dabei. Das Weltcup-Finale in der Dressur beherrschten die Niederländer souverän und total.

 

Edward Gal und Totilas, wenige Minuten vor dem Start zum Weltcupsieg


Am Ende vier großartiger Reitsporttage in den Brabanthallen wurde gejubelt, aber auch geweint. Tränen flossen, weil sich Olympiasieger Piet Raijmakers (53) von seinen Landsleuten als Sportler verabschiedete, zu Jubelstürmen war Anlass beim Triumph von gleich drei Niederländern auf den ersten Plätzen des Finals um den 25.Dressur-Weltcup und im letzten Springen der Westeuropaliga über Oxer und Steilsprünge um den sympathischen Skandinavier Rolf-Göran Bengtsson. Bengtsson, früher Bereiter beim niederländischen Pferdehändler Jan Tops und seit Ende 2002 zusammen mit dem Dänen Bo Kristofferson Chef eines Handels- und Turnierstalles auf dem Gut des deutschen Präsidenten Breido Graf zu Rantzau in Breitenburg bei Itzehoe, gewann das Stechen um die umgerehcnet 50.000 Euro Siegprämie mit einer Zehntelsekunde Vorsprung vor der Irin Jessica Kürten auf Libertina (38.850) und der Australierin Edwina Alexander auf Itot du Chateau (30.000), die bei fehlerloser letzter Runde 82 Hundertstel zurücklag.

 

Wie schon oft war der viermalige deutsche Olympiasieger Ludger Beerbaum (Riesenbeck) im wichtigsten Springen einer Veranstaltung mit im Geld. Auf der neunjährigen Stute Gotha platzierte er sich als bester Deutscher als Vierter (19.400), wobei sich der nationale Rekordmeister im Stechen deutlich zurückhielt. Punkte für das Weltcupfinale brauchte der Gewinner des Pokals im Jahre 1993 keine mehr. Ebenfalls das Stechen hatte der frühere Mannschafts-Olympiasieger Marcus Ehning (Borken) auf der Stute Küchengirl erreicht, er wurde nach einem Abwurf in der Entscheidung Neunter, was ihm noch 2.000 € brachte.

 

Finale mit Meredith Michaels-Beerbaum

 

Im Finale in drei Wochen in Genf stehen im Teilnehmerfeld von rund 40 Reitern  fünf Deutsche. Qualifiziert haben sich praktisch der komplette Stall Ludger Beerbaum – der Chef selbst, der deutsche Meister Philipp Weishaupt und Ex-Europameister Marco Kutscher – und Marcus Ehning sowie Pokalverteidigerin Meredith Michaels-Beerbaum (Thedinghausen), die wegen ihrer Babypause – Geburt einer Tochter – seit Monaten nicht mehr startete.

 

Dazu kommen aus der Westeuropaliga mit 13 Springen Jessica Kürten als Punktbeste (90 Zähler), Edwina Alexander, der Brasilianer Rodrigo Pessoa, die Schweizer Pius Schwizer, Beat Mändli und Daniel Etter,  Europameister Kevin Staut, Penelope Prevost und Patrice Delaveau (alle Frankreich), Michael Whitaker (Großbritannien), Luciana Diniz (Portugal), Svante Johansson (Schweden), Eric Van Der Vleuten (Niederlande) und Irlands Exweltmeister Dermott Lennon. Nachrücker sind wahrscheinlich Natale Chiaudani (Italien), Steve Guerdat (Schweiz), Albert Zoer (Niederlande) oder Ben Maher (Großbritannien).

 

Dressur - der einmalige Triumph der  Holländer


Weltcup-Zweite Adelinde Cornelissen

Noch nie bei einem Weltcup-Finale der Dressur endete der Schluss mit einem derartigen Triumph für eine einzige Nation wie nun den sonstigen Versteigerungshallen für Vieh. Vor 8.000 Zuschauern demonstrierten die Niederländer ihre augenblickliche Stärke: Drei Starter – drei auf den ersten Plätzen. Sieger wurde erstmals der 40 Jahre alte Doppel-Europameister Edward Gal auf dem inzwischen nicht nur von den Zuschauern, auch von den Richtern geradezu vergötterten Hengst Totilas mit 89,8 Punkten in der entscheidenden Kür, dazu strich er noch umgerechnet rund 54.000 Euro an Prämie ein. Auf den Plätzen dahinter, fast wie bei Hofe mit  gebührendem Abstand, Adelinde Cornelissen auf Parzival (82,85/ 40.000 €) und Imke Schellekens-Bartels auf der Stute Sunrise (82,150/ 27.000) sowie die zweimalige deutsche Pokalgewinnerin Isabell Werth (Rheinberg) auf dem nicht unbedingt spektakulären Wallach Warum Nicht (79,75/ 15.000).

Imke Schellekens-Bartels, Weltcup-Dritte

Wäre die deutsche Juristin Dritte geworden, hätte sich auch niemand beschwert, „doch ich muss mich eben wieder langsam nach oben dienen“, sagte die fünfmalige Olympiasiegerin (40), die ein halbes Jahr gesperrt war. „Warum Nicht“ besticht Dank der großartigen Reiterin durch exakt ausgeführte Lektionen, weniger durch Schönheit und Ausstrahlung. Dafür hat dieser erst zehnjährige Rapphengst Totilas eben alles, was Zuschauer teilweise verzückt wie bei einem Popstar kreischen lässt und die Juroren dazu verleitet, Noten - wie andere an Karneval Konfetti – dem Hengst unter die Hufe zu werfen.

 

Dieses Paar hat in den nächsten beiden Jahren keine Konkurrenz, weil die Dressurwelt die beiden vorne sehen möchte, Totilas ist ganz einfach „in“.

 

Bei Olympia in London wieder auf Augenhöhe

 

Während Isabell Werth nicht gerade glücklich den Kinderwagen mit Sohn Frederik aus der Halle schob („ein paar Punkte mehr hätten es schon sein können“), meinte ihr Coach Wolfram Wittig: „Um Isabell mache ich mir keine Sorgen, aber um die deutsche Mannschaft.“ Mitglieder deutscher Equipen mussten jahrelang wahrlich im Lexikon nachschlagen, um den Begriff Niederlage zu verstehen. Das änderte sich erstmals 2009 in Turin. Seither reiten die Niederländer an der Tete in der Welt.

Werth-Coach Wolfram Wittig macht sich Sorgen um die deutsche Equipe...

 

Bei den kommenden Weltreiterspielen im September in Kentucky/ USA wäre für eine deutsche Dressur-Equipe Bronze schon ein Gewinn, „doch bei Olympia 2012 in London sind wir mit den Niederländern wieder auf Augenhöhe“, verspricht Isabell Werth.



Isabell Werth auf Warum Nicht FRH auf dem Abreiteplatz

 

Mehr Geld in die Weltcup-Turniere...“

 

Mit anderen Gedanken beschäftigt sich Dr. Joep Bartels (63), Vater der Weltcup-Dritten Imke Schellekens-Bartels (33), der in Holland zusammen mit einer Bank ein großartiges Förderungsmodell – nicht nur im Reiten – erfand. Bartels, Dressur-Weltcup-Direktor von 1985 bis 2004: „Wir müssen versuchen, mit Hilfe von Sponsoren das Preisgeld zu verdoppeln. Die Dressur muss in die Nähe der Springreiter kommen.“ Anky van Grunsven habe im letzten Jahr als Bestverdienerin rund 150.000 Euro bei Weltcupturnieren eingenommen, „aber damit ist kein Turnierstall zu unterhalten“ (Bartels). Der studierte Psychologe und Journalist möchte weniger Qualifikationsturniere, „aber wir müssen mit der Weltcupdressur in die schon bestehenden großartigen Veranstaltungen hinein, wie in Stuttgart oder in Genf oder in Frankreich.“

Dr. Joep Bartels

(Alle Fotos U.Ludwig)

 

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