Kent Farrington knapp vor Daniel Deußer im Großen Preis von Aachen Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 21. Juli 2019 um 19:05

Kent Farrington, seit 2002 eigener Unternehmer, auf der belgischen Stute Gazelle (13) von Kashmir van Schuttershof, Sieger im Großen Preis von Aachen 2019.

(Foto: Kalle Frieler)

Aachen. Den mit einer Million Euro dotierten Großen Preis der Springreiter in Aachen gewann zum Abschluss des 104.CHIO von Deutschland seit 1929 der US-Amerikaner Kent Farrington vor Daniel Deußer. Die Dressur-König in der Soers heißt zum 13. mal seit 1992 Isabell Werth – und das an ihrem 50. Geburtstag.

 

Erstmals wieder nach zwölf Jahren stieg am Fahnenmast in der Aachenr Soers nach dem Großen Preis der Springreiter die US-Flagge hoch. Für den Erfolg des 38 Jahre alten Kent Farrington. Der Turnierstallbetreiber aus Florida, der vor fünf Jahren in der Soers bereits Zweiter im Grand Prix war, setzte sich im Stechen nach zwei Umläufen vor 40.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion knapp gegen den Deutschen Daniel Deußer durch. Der „Reiter des Jahres 2017“ in den Staaten war in der Entscheidung auf der Stute Gazelle 37 Hundertstelsekunden schneller als der zweimalige deutsche Titelträger auf dem Hengst Scuderia Tobago Z, der Team-Olympia-Zweite kassierte 330.000 Euro an Preisgeld, Daniel Deußer 200.000. Für Farrington begann damit gleichzeitig die Serie um den „Rolex Grand Slam“, der für den Gewinner nach drei Siegen in drei Großen Preisen hintereinander eine Million Euro auswirft. Sollte er auch noch den weiteren Grand Prix für sich auf der Route entscheiden, käme eine weitere Million dazu. Zur Rolex-Serie gehören Aachen, Calgary, Genf und Hertogenbosch. Mit einem Sieg beginnt für den betreffenden Reiter jeweils die Reihe, die sich danach bei den weiteren Veranstaltungsorten fortsetzt. Nur Farrington und Deußer waren in der Entscheidung auf dem schwierigen, jedoch fairen Parcours von Frank Rothenberger fehlerlos geblieben. Daniel Deußer danach: "Ich hatte eine Super-Woche in Aachen, kann mich also nicht beschweren. Aber den Großen Preis möchte ich doch mal gerne gewinnen..."

Dritter wurde der Brite Ben Maher auf Explosion (150.000) vor Weltmeisterin Simone Blum (Zolling) auf Alice (100.000) und dem Iren Darragh Kenny auf Babalou (60.000) sowie Jerome Guerry (Belgien) auf Quel Homme de Hus (40.000), alle ein Abwurf in der Entscheidung, Den siebten und letzten Rang nach Stechen belegte mit acht Strafpunkten auf der Stute Azur (30.000) McLain Wartd (USA), er war vor zehn Jahren beim damaligen CHIO gleich am ersten Tag negativ aufgefallen, weil er in die Gamaschen seines Wallachs Benneton spitze Plastikteilchen geklebt hatte, die beim Anschlagen an Hindernisstangen zusätzlich Schmerz erzeugen, was auf dem Abreiteplatz getestet werden kann. Er war danach "lebenslang" für den CHIO von Duetschland in Aachen gesperrt worden, entschuldigte sich jedoch später für sein Fehlverhalten und durfte schon ab 2004 wieder in der Soers reiten.

„Hoppla“, sagte vorher Isabell Werth

Wie gut, sich Übertragungen im Fernsehen ohne Ton anschauen zu können. Und wenn, dann nochmals später wie nun die Kür bei Clipmyhorse von Isabell Werth. Man braucht keinen Kommentar, um eine solche Vorstellung wie von Isabell Werth, aber auch die der anderen, selbst bewerten zu können. Aachen ist  das beste Beispiel, dass die indirekte Benotung mit Hilfe der Technik seitens der Zuschauer kaum abweicht von dem, was die offiziellen Richter zu sehen glaubten. Isabell Werth stieß vor den 6.400 Zuschauern im ausverkauften Dressurstadion im Sattel der 15-jährigen Westfalenstute an ihrem 50. Geburtstag in den 90-Prozentbereich in der Kür vor, dorthin, wo das nicht mehr greifbare Jenseits der Dressur beginnt. Die Zuschauer tippten nicht anders. Mit 90,45 Prozentpunkten siegte die Juristin aus Rheinberg zum  13. mal nach 1992 um den Titel eines Champions des CHIO, ebenfalls Rekord wie alle ihre sonstigen Medaillen, was ihr auch in einem Rundfunk-Interview die Bemerkung entlockte, sie hätte lieber mehr Kinder als Medaillen.

Isabell Werth gewann in Aachen mit Bella Rose, von der Farbe her Fuchs wie einst ihr Goldpferd Gigolo, alle drei wichtigen Prüfungen der 5-Sterne-Konkurrenzen des wie in Springen, Vielseitigkeit, Voltigieren und Fahren ausgeschriebenen deutschen offiziellen Turniers, nämlich Grand Prix, Grand Prix Special und Kür, allein für den Kürsieg kassierte sie 43.000 €. In der Kür siegte sie ziemlich knapp vor ihrer gleichaltrigen oftmaligen Mannschafts-Gefährtin Dorothee Schneider (Framersheim) auf dem Rappwallach Showtime (89,66), Dritte wurde Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) auf der Stute Dalera BB (87,595). Somit steht die Favoriten-Mannschaft für die kommenden Europameisterschaften Ende August in Rotterdam - dazu Sönke Rothenberger auf Cosmo - in Rotterdam fest.

Isabell Werth sagte nach ihrem Erfolg in der Kür, sie habe noch einige Schwierigkeiten mehr eingebaut, was schier unmöglich erscheint, denn jede erdachte Bewegung nach der Musik muss ja mit dem Pferd harmonisch umgesetzt werden. Zu besseren Verdeutlichung, was in einer Kür gezeigt werden soll, schreibt das Reglement auf diesem Niveau vor:  Versammelter Schritt (20 m lang), starker Schritt (20 m lang), Traversale im versammelten Trab nach rechts, das gleiche im versammelten Trab nach links, starker Trab, Traversale nach rechts im versammelten Galopp, Traversale nach links, danach starker Galopp, darauf fliegende Zweierwechsel (wenigstens neun), hernach Einer-Galoppwechsel, Galopp-Pirouette nach rechts (wird mal 2 gewertet), Galopp-Pirouette links (mal 2), Passage (mal 2), Piaffe wenigstens zehn Tritte (mal 2), Übergang von der Passage zur Piaffe und danach von der Piaffe zur  finalen Passage hin letzten Grußaufstellung vor dem Chefrichter (C).

Neben den technischen Ausführungen wird zusätzlich benotet Takt, Schwung, Durchlässigkeit des Pferdes, Harmonie zwischen Pferd und Reiter, Choreographie und Einteilung des Vierecks, Ideen, Schwierigkeitsgrad, ausgewählte Musik und Interpretation der Musik. Isabell Werth, die als Letzte ins Viereck durfte: „Es war unglaublich, wie die Stute mitgekämpft hat. Ich bekam ja mit, welche Noten Dorothee Schneider erhalten hatte. Da sagte ich: Hoppla, da darfst Du Dir aber keinen Schnitzer erlauben.“

Der CHIO in Aachen ist natürlich nicht nur das gelobte Land des alljährlichen großen Pferdesports in deutschen Landen, auch eine Veranstaltung, wo ordentlich zugelangt wird. Inzwischen sind die Preise teilweise nicht nur horrend, schon unverschämt. Bewegten sich die Parkgebühren für PKW`s am Anfang des CHIO noch zwischen sieben und 20 Euro, wurde ab dem vorletzten Tag zugeschlagen. Von da an lagen die Gebühren bei 35 Euro in unmittelbarer Nähe des Stadions. Die Hotels erhöhten die Preise brutal auf teilweise mehr als das Doppelte am Wochenende, und in der Soers waren außerdem zu zahlen z. B. für ein Gläschen Prosecco 5 Euro, für ein belegtes Brötchen 4,50 Euro oder für eine Krakauer Wurst 4,50 €. Für drei Reibekuchen wurden  4 Euro verlangt und für zwei mit Lachs gar 5 €. Die Dauerkarte auf der Tribüne ist seit Jahren mit 150 € pro harte Sitzschale veranschlagt, und zu überweisen ist der Betrag bereits fast ein Jahr davor…

Großer Preis von Aachen

Dressur Kür

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