Erinnerungen an das oft belächelte Präsidiums-Mitglied Igor Bobylew |
Geschrieben von: Max E.Ammann/ DL |
Mittwoch, 25. März 2020 um 16:51 |
FEI-Generalversammlung 1995 in Rom - die drei FEI-Veterinäre (von links) Dr. Atock, Prof. Igor Bobylew und Dr. Peter Cronau (Foto: privat)
Volketswil/ Schweiz. Die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio wurden um ein Jahr verschoben, Olympia 1980 in Moskau war wegen des Einmarsches der UdSSR in Afghanistan von den meisten westlichen Nationen vor allem im Reitsport boykottiert worden. Max E.Amann erinnert sich in einem Artikel in der Schweizer PferdeWoche an einen Russen namens Dr. Igor Bobylew, der viele Jahre Mitglied war im Präsidium des Weltverbandes (FEI).
Ganze 19 Jahre lang war Tierarzt Professor Igor Bobylew als Präsident der Veterinärkommission Mitglied des FEI-Vorstandes, Bureau genannt. Er wurde 1971 gewählt, dann immer wieder im Vierjahresturnus, bis er 1990 zurücktrat. Der Sowjetrusse Bobylew – «Prince Igor», wie ihn FEI-Präsident Philip einmal nannte – war in der FEI nicht hoch angesehen. Er wurde sogar belächelt. Ein sturer Parteifunktionär war er nicht: eher naiv und etwas verloren in der westlichen Welt. Es gibt einige Anekdoten, so 1980 anlässlich eines Bureau Meetings in Venezuela. Im Hotel wurde eines Morgens ein Zettel unter der Türe ins Zimmer geschoben, man müsse die Wäsche bis elf Uhr abliefern. Professor Bobylev erschien zum gemeinsamen Frühstück, hielt den Zettel hoch und erklärte voller Überzeugung: «A very important document.»
Als sich Ende der 80er-Jahre der Zerfall des kommunistischen Ostens ankündigte, wurde unter den osteuropäischen Delegierten an den jährlichen FEI-Generalversammlungen das Interesse am kapitalistischen Weltcup geweckt. Auch Bobylew und der damalige sowjetische Delegierte, Michail Budjonny, der Sohn des berühmten Marschalls Budjonny (und Namensgeber der Budjonny Pferderasse, einer Kreuzung von Don-Pferden mit Vollblütern), zeigten Interesse. Im Falle der untergehenden Sowjetunion, nun als Russland mit Gorbatschow an der Spitze, kam es 1991 und 1992 zu den zwei erwähnten Weltcupturnieren.
Da seit den Olympischen Spielen von 1980 keine internationalen Reitturniere in Moskau mehr veranstaltet worden waren, brauchte man westliche Hilfe. Als Parcoursbauer bestimmten wir Wjatscheslaw Kartawsky: den Kursdesigner der olympischen Parcours` von 1980, der aber, so stellte sich heraus, die Entwicklung seither total verpasst hatte. So wurden die Parcours` von 1991 de facto von unserem Technischen Delegierten George Morris gebaut. 1992 war es Bill Steinkraus, der den inzwischen besser orientierten Kartawsky unterstützte. Als Austragungsort für 1991 schlug Igor Bobylew das olympische Reitstadion von 1980 in Bitsa vor. Eine wunderbare Anlage mit Springstadion, Dressurstadion, Ställen, Pferdeklinik und Hindernissen im Gelände. Aber eben – alles war zerfallen. Bis zum ersten Reiter im Parcours wurde gepflastert, gemalt und geputzt.
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