"Abgeschoben wird nichts - aber zweistellige Marktanteile sollten es schon sein..." Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 29. März 2011 um 16:10

München. An den Übertragungsstunden im Fernsehen kann es nicht liegen, dass der Reitsport immer stärker um Interessenten zu kämpfen hat. 70 Stunden flimmerten Turniere und anderes über Pferde im letzten Jahr über den Schirm, doch die Zuschauerquoten hielten sich sehr in Grenzen. Werner Rabe, 61, Programmbereichsleiter Sport und Freizeit in München, hat einige Antworten parat.

Zur Person: Werner Rabe, nach sieben Jahren Tageszeitung von 1978 bis 1988 bei der damals größten Sportpresseagentur „Sport-Informations-Dienst“ (sid) in Neuss, anschließend Südwestfunk Baden-Baden, Bayrischer Rundfunk, ARD-Sportkoordination und seit 1999 Programmbereichsleiter Sport und Freizeit beim Bayrischen Rundfunk in München als Nachfolger von Eberhard Stanjek, Berichterstatter von 17 Olympischen Spielen.

 

Werner Rabe

Herr Rabe, Sport im TV der öffentlich-rechtlichen Anstalten – außerhalb von Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen - wird immer stärker und immer mehr von  wenigen Sportarten dominiert, im Winter in erster Linie von Biathlon,  Skispringen, Ski alpin, Bob, Rodeln,  Eisschnelllauf, dann vom Profiboxen, und natürlich vom alles erdrückenden Fußball. Nach was richtet sich generell die Vergabe von Übertragungen?

Werner Rabe: “Die Zeiten in denen man übertragen kann, was man will, sind längst vorbei. Die attraktiven Sportrechte sind heiß umkämpft. Einige Sportarten in der Tat fast völlig vom Bildschirm verschwunden. Auch, weil sie ihr Glück im Pay TV oder beim Privatfernsehen gesucht und nicht gefunden haben, manche auch gern wieder zurückkehren möchten. Gefühlt beherrscht sicherlich der Fußball den TV-Sport, macht aber bei der ARD und den Dritten nur rund 20 Prozent aus. Wir berichten Jahr für Jahr über rund 50 Sportarten, allein über Pferdesport in ARD, ZDF und den Dritten zwischen 70 und 80 Stunden."

Wann sagt die ARD, diese oder jene Veranstaltung müssen wir übertragen, wann heißt es, man könnte übertragen, und wann wird generell abgelehnt?

Werner Rabe: „ Wir müssen die Rechte besitzen, bemühen uns mehr und mehr auch um junges Publikum, haben nach Mitternacht mit gutem Erfolg das Superbowl-Finale ins Programm genommen, kümmern uns verstärkt auch um Ski-Cross oder Snowboard. Werten den 33er Vertrag von Amateurboxen bis Wasserball aus, bemühen uns aber natürlich auch um Highlights wie Fußball-WM oder EM und Olympia, ein klassisches Beispiels für vielseitige öffentlich-rechtliche Berichterstattung."

Übertragungen sind sicher auch eine finanzielle Angelegenheit, zumal die Öffentlich-Rechtlichen ja mit  Gebührengeldern  hantieren. Kann ein Veranstalter auf eine positive Antwort hoffen, wenn er zum Beispiel die Produktionskosten übernimmt?

Werner Rabe: „In vielen Sportarten wird das Signal zur Verfügung gestellt. Im Fußball, beim Boxen, im Motorsport, teilweise auch im Wintersport.  Und bei Olympia ohnehin. Auch viele Randsportarten produzieren inzwischen, um auch bei Internet-Anbietern unter zu kommen."

Stimmt es nach wie vor, dass Veranstaltungen unter einer Zuschauer-Quote von zehn Prozent in die dritten Programme abgeschoben werden?

Werner Rabe: „ Abgeschoben wird nichts, aber unser Ziel ist es natürlich, mit unserem Sportangebot möglichst zweistellige Marktanteile zu erreichen."

Gibt es Untersuchungen darüber, was der deutsche TV-Seher sich am liebsten anschaut – und was am wenigsten?

Werner Rabe: „ Fußball, Fußball, Fußball... Formel 1, Biathlon und Boxen mit dem idealen Sendeplatz samstags 23 Uhr und nur dann. Frühere Klassiker wie Tennis, Turnen, Eiskunstlaufen etc. haben es schwer und brauchen neue Helden."

Was fehlt dem Reitsport, dass sich das allgemeine öffentliche Interesse an TV-Übertragungen arg in Grenzen hält?

Werner Rabe: „Ich kann nur wiederholen, 70 bis 80 Stunden sind nicht gerade wenig. Schade, dass am Derby-Wochenende in Hamburg auch in München und Mannheim geritten wird. Statt in Rom oder in Mailand sind wir heutzutage in Balve, Donaueschingen oder anderswo. Auch ist das Interesse regional unterschiedlich. Wie beim Wintersport oder Handball."

Ist Reiten für den normalen TV-Seher zu langweilig, zu schwierig, zu uninteressant, fehlen dem Reiten Helden früherer Tage, sollten vielleicht neue Prüfungen erfunden werden, zumal beispielsweise jedes Springen nach einem seit Jahren vorgegebenen Reglement abzulaufen hat?

Werner Rabe: „Im Wintersport gibt es Weltcups, bei denen alle Asse regelmäßig am Start sind. Im Rudern ist es uns passiert, dass wir den Weltcup in München übertragen haben, uns der Ruderverband gleichzeitig mitgeteilt hat, dass er seinen neuen Achter erst eine Woche später auf dem Rotsee präsentieren werde. Die Riders Tour mit dem Finale in München ist sicherlich ein Weg, die Attraktivität zu steigern, allerdings nur dann, wenn auch die Besten  wirklich dabei und dann eben nicht ausgerechnet im Ausland unterwegs sind...."

 

 

 

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