Dr. Hanfried Haring: Erst getadelt - jetzt geadelt... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Montag, 25. Januar 2010 um 09:11

 

Lausanne. Wie der Weltverband (FEI) manchmal mit seinen Mitgliedern umgeht, ruft meist Unverständnis hervor. Vom edlen Sport, von Fairness im Umgang miteinander, wenig zu spüren. Da werden nach Gutsherrenart leitende Angestellte willkürlich und ohne Angabe von Gründen geschasst, und niemand wehrt sich. Zu den Verjagten gehörte auch für einige Tage mal der frühere deutsche Generalsekretär Dr. Hanfried Haring (69). Zunächst wurde er aus seinem hohen Amt im Präsidium verjagt – nun gar ganz nach oben gehoben, „verstehe ich auch nicht ganz“, sagt er.

Dr. Hanfried Haring mit seiner Ehefrau Kristin

(Foto: HP Viemann)

 

Die Angst geht um im herrschaftlichen Gemäuer am Genfersee, wo nur noch eine zu sagen hat, Präsidentin Prinzessin Haya (35). Und der gehört auch die FEI-Residenz in Lausanne. Wer in Diskussionen zum Beispiel vielleicht mal ein Aber einwirft, kann durchaus mit Entlassung rechnen, wie ein Insider berichtet. Widerspruch werde bei Hofe nicht geduldet.

 

„Weiß nicht, wie mir geschah...“

 

Und so wurde Dr. Hanfried Haring beispielsweise zunächst wegen der Spritzenaktion am Hengst Cornet Obolensky während der Olympischen Reiterspiele in Hongkong zunächst an den Pranger gestellt, dann gar seins Postens enthoben, obwohl er immer wieder beteuert hatte, er wäre zu besagter Zeit gar nicht in der Stallgasse gewesen, als dem Schimmel eine nicht angemeldete Aufbauinjektion verabreicht wurde. Geglaubt hat ihm niemand, vor allem niemand in der FEI. Nun wurde er gar auf Vorschlag der Zweitfrau von Scheich Mohammed Ibn Rashid al Maktoum von Dubai ins Präsidium hochgehievt. Er ist in der FEI also ganz oben angekommen, wo er nun neben Prinzessin Haya, Sven Holmberg (Schweden), Christophe Hodson (Neuseeland) und Pablo Tomas Mayorga seinen Platz hat. Bis auf den „ewigen“ FEI-Vizepräsidenten Dieter Graf Landsberg-Velen hatte diesen Dienstrang aus Deutschland nie jemand erreicht. Hanfried Haring: „Weiß auch nicht, wie mir geschah. In dem kleinen Kreis besteht unsere Aufgabe vor allem darin, Vorschläge zu unterbreiten, Pläne zu koordinieren.“

 

Einen Hintergedanken hatte die Prinzessin sicher auch. Hanfried Haring gehört nämlich zu jener Gruppe aus Europa, die zwar vor einiger Zeit keinen eigenen Verband gründete, „aber sich zu einer Union zusammenschloss, um mit einer Stimme zu sprechen und eigene Interessen in der FEI vertreten zu können.“ So ist also die jordanische Prinzessin nahe an der wahren sportlichen Macht, denn Reiten wird immer noch in Europa produziert.

 

Der Werdegang des Dr. Hanfried Haring

 

Der höchstplatzierte Angestellte der Deutschen Vereinigung (FN) verwaltete in seiner Position auch seine eigene Personalakte. Und dort entdeckte Dr. Hanfried Haring  in seinen Unterlagen auf einer Seite handschriftlich notiert: „Richtiges lernt man über Pferde am eigenen Portemonnaie.“ Die Randbemerkung hatte Burchard Müller von sich gegeben, der Vorsitzende der Abteilung Zucht der FN in Warendorf. Am 1. März 1972 wurde Hanfried Haring sein Nachfolger. Geholt hatte ihn der Hesse Wolfgang von Scharfenberg, der schlug den Agrarstudenten und nebenbei auch Pferdehändler Haring als „brauchbaren Kerl“ in Warendorf vor. Nach 36 Jahren nahm der ehemalige FN-Zuchtchef als Generalsekretär der deutschen Föderation Ende des Jahres 2008 seinen Abschied. Nachfolger wurde Sönke Lauterbach, 36, der seine „Lehrjahre“ für den gehobenen Posten vor Ort in Warendorf, bei den Weltreiterspielen in Aachen 2006 und danach bei den Olympischen Reiterspielen in Hongkong im Management durchlaufen hatte.

 

Anpfiff von Josef Neckermann in München

 

Hanfried Haring, geboren in Halle/ Saale, zwischen 1962 und 1964 bei der Bundeswehr in Lüneburg, am Ende Oberleutnant, zwischen 1966 und 1969 Student der Landwirtschaft in Kiel, danach bis 1972 Assistent am Institut für Agrarökonomie in Göttingen mit Promotion („Ökonomische Bewertung von Zuchtprogrammen der Rinderzucht“), sollte als älterer Jungspund mit 31 erst einmal etwas Praktisches leisten. Er wurde nach München zu den Olympischen Spielen geschickt. Die Internationalen Pferdepässe waren gerade eingeführt worden, und er hatte die in den Papieren eingetragenen Abzeichen der Tiere zu kontrollieren. Heute noch ist er irritiert über die als braune Stute allgemein bekannte Venetia von Josef Neckermann. Haring: „Ich wusste gar nicht, was ich sagen oder tun sollte. Da stand ein völlig so genanntes buntes Pferd vor mir, mit vielen Abzeichen.“ Als er sagte, das könne doch nicht jenes Pferd sein, das er kenne, herrschte ihn der spätere Olympia-Dritte an: „Wissen Sie denn nicht, dass die Stute vor den Wettkämpfen nach altem Trickverfahren immer eingefärbt wird, um anscheinend ungleiche Bewegungsabläufe aufgrund der unterschiedlichen Beinfarben zu kaschieren?“

 

Als Bahnschaffner ausgemacht...

 

Und noch an etwas erinnert sich Hanfried Haring gut. Der Springreiter, der auch beim damaligen Bundestrainer Hans-Heinrich Brinckmann in seiner Bundeswehrzeit von Lüneburg auf dessen Hof im benachbarten Kolkhagen trainierte und Springen in der schwersten Klasse bestritt, fuhr im Zug zum damaligen Schneeturnier nach Davos. In Bundeswehrunifiorm. „Da kam kurz vor dem Grenzübergang in die Schweiz eine Dame auf mich zu und bat mich, ich möchte doch die Fahrkarte knipsen und entwerten,“ wie er gerne erzählt. Sie hatte ihn als Schaffner und nicht als deutschen Uniformträger ausgemacht.

 

Statt Uganda – nach Warendorf

 

Der Sohn eines Professors für Tierzucht, der bereits ein Angebot vom Staat in Uganda als Start ins Berufsleben hatte („Ökonomie und Tierzucht“), der in der Vielseitigkeit und im Springen bis zur schweren Klasse antrat, auch erfolgreich züchtete, betätigte sich in seinen Anfängen in Warendorf „vor allem als Brandbekämpfer, denn zu Sitzungen der einzelnen Ausschüsse brachte jeder Reiter zunächst auch seinen Anwalt mit, das habe ich abgeschafft“. Als Leiter Zucht arbeitete er vor allem daran, die Gräben zwischen den einzelnen nationalen Zuchtverbänden zuzuschütten, aber er kämpfte auch für Gespräche mit Vertretern der holländischen, belgischen und französischen Zucht. Hanfried Haring wurde zum Schöpfer des Begriffs „Deutsches Reitpferd“, was zwar bei vielen Züchtern immer noch zum Naserümpfen führt, „doch so konnten die einzelnen Verbände gegenseitige Errungenschaften, Erfahrungen, Erkenntnisse nutzen, ohne das Gesicht zu verlieren oder etwas aufgeben zu müssen“.

 

Erfinder des Bundeschampionats

 

Neben der Einigung der deutschen Zuchtverbände setzte Hanfried Haring ein weiteres Zeichen, denn auf seinen Ideen beruht die Erfindung des „Bundeschampionats des deutschen Reitpferdes“, das zunächst etwas stolpernd Fuß fasste, inzwischen aber alljährlich in Warendorf die Glanzprodukte deutscher Zucht ins Schaufenster stellt. Hengstleistungsprüfungen gehen auf Haring zurück, ohne dass er sich in den Vordergrund schieben wollte, aber vieles beruht inzwischen auf dem ruhigen und zweckorientierten Schaffen des Dr. Hanfried Haring.

 

Graf Landsberg holte ihn als Specht-Nachfolger

 

Nach dem plötzlichen Tod des allgegenwärtigen Dr. Dietmar Specht am 27. März 1986 übernahm der nie laut auftretende Hanfried Haring auf Bitten des damaligen Präsidenten Dieter Graf-Landsberg-Velen zunächst kommissarisch, dann ab 1.Januar 1991 hauptamtlich auch den Specht-Job des Generalsekretärs („zunächst als Notlösung“). Er war damit der bestbezahlte Angestellte der deutschen FN. Sein Ziel von Anfang an: „Finanzielle Unabhängigkeit vom Staat.“

 

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