Die Macht des Geldes... Drucken
Geschrieben von: Max Ammann/ DL   
Dienstag, 12. März 2013 um 13:17

Zürich. Der nachfolgende Beitrag handelt nicht in erster Linie von dem, was uns berührt: Vom Pferd und dem Pferdesport. Er befasst sich mit der Führung des Sports, der Macht der Funktionäre und dem Geld, das im Sport eine immer größere Rolle spielt. Der Artikel wurde freundlicherweise von der „PferdeWoche“ (Schweiz) zur Verfügung gestellt.

Als 1978 der Weltcup seine Form annahm, erlebte man den großen Aufschrei in den Medien und bei den Nationalverbänden. Der damalige deutsche Verbandspräsident äußerte sich vor ARD/ZDF-Kameras wegen der kommenden Kommerzialisierung äußerst negativ über die Weltcup-Initiative. Der Chefredakteur der «Reiter Revue» schrieb von Pferdemord. Hätten die beiden deutschen Herren das damals vorliegende erste Weltcup-Reglement gelesen, so hätten sie erfahren, dass der Weltcup die mögliche Überbeanspruchung der Pferde mit mehreren einschränkenden Regeln bremste oder gar unmöglich machte.


Die beiden Herren ignorierten, dass damals, 1978, beim Pferdesport die Gefahr bestand, aus der großen Welt des Sports auf tiefere Ebenen der Beachtung relegiert zu werden. Noch 1970, bei der WM der Springreiter in La Baule – im Gefolge der Winkler-Thiedemann-Glorie der 50er- und 60er-Jahre – hatten die großen deutschen Tageszeitungen ihre eigenen Pferdesport-Reporter. 1978 gab es keine mehr. Einzig „Bild“ entsandte einen Vertreter zu den großen Turnieren, offenbar in der Hoffnung, Außergewöhnliches in der Pferde­sportszene voller Prominenter und Reicher zu erleben. Sonst vertrauten die großen Tageszeitungen den Agenturen «sid» und «dpa» oder engagierten die Redakteure von «Reiter Revue» oder «St. Georg». (Heute hat die «FAZ» wieder eine Pferdesport-Redakteurin). Zweifellos: Die Einfüh­rung des Weltcups 1978 war eine Öffnung Richtung Kommerzialisierung des Pferdesports. So wie alle wichtigen Sportarten in den Jahren zuvor diesen Weg beschritten hatten.

In diesem Zusammenhang vergesse ich nie die gespaltene Haltung eines hohen Funktionärs des ­internationalen Pferde­sports. Am Vormittag, bei einer Weltcup-Sitzung, bedauerte er lautstark, dass der Springsport nicht das Preisgeld-Niveau von Tennis oder Golf erreiche. Am Nachmittag, bei einer Besprechung, ereiferte sich der gleiche Funktionär darüber, dass die Spring­reiter zu viel verdienten, während er seinerzeit, als Offizier, fast nichts erhalten hätte.

Diese Gespaltenheit hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf eine andere Ebene verlagert. Der Neid auf die reitenden Großverdiener hat sich zurückgebildet: Man realisiert, dass die Höhe der Preisgelder in einer direkten Beziehung zur öffentlichen Bedeutung der betreffenden Sportart steht. Der erwähnte Neid ist ersetzt worden durch Begierde. Viele Sportverbände, als Non-Profit-Organisationen und De-facto-Monopole in ihrem Sport unangefochten und ohne Existenzängste, sind - angeführt vom Internationalen Olympischen Komitee - zu eigentlichen Geldbeschaffungsinstitutionen geworden. Die kürzliche Vertragsunterzeichnung zwischen der FEI und Longines mag als sichtbarer Beweis dafür herangezogen werden.

Glücksfall Rolex und Longines

Dass Longines, seit Jahrzehnten im Pferdesport dabei, versucht hat, dieses Engagement zu vergrößern und zu optimieren, ist legitim. Dass die FEI den Avancen von Longines nicht widerstehen konnte und verhandelte, ist auch verständlich. Dass die FEI dabei ihren Weltcup Sponsor-Partner Rolex geopfert hat, ist allerdings unschön, oder sogar unloyal und ungewöhnlich.
Es war ein Glücksfall, dass sich die beiden großen Uhrenmarken Rolex und Longines jahrzehntelang finanziell am Pferdesport beteiligten. Das langfris­tige Engagement der beiden Nobelmarken ließ darauf schließen, dass die Mitbeteiligung des Konkurrenten akzeptiert wurde und man sich arrangiert hatte. In der Tat bietet der Pferdesport, insbesondere der Spring­sport, genügend Plattformen für Konkurrenzprodukte. Um nur von Westeuropa zu reden: Die CSIO Nationenpreise im Sommer, die CSI-W Weltcups im Winter und dazu die Weltreiterspiele und die Europameisterschaften als Großanlässe.

 

Was macht Aachen?


Ob die FEI der «Eins mit acht Nullen» für zehn Jahre, wie von Longines offeriert, nicht widerstehen konnte, oder ob die FEI mit dem Weltcup-Sponsor Rolex nicht ganz zufrieden war, wissen wir nicht. Es ist aber offensichtlich, dass das Sponsorship von Rolex im Gegensatz zu dem von Volvo (1978 bis 1998) weniger sichtbar war. Rolex produzierte Glanzpapier-Zeitschriften und Unterlagen. Aber was fehlte, war der Ansprechpartner mit Kompetenzen, wie es Ulf Bergqvist fast 20 Jahre lang bei Volvo war. Der Sponsorchef von Rolex blieb unsichtbar, er ist auch nicht mehr bei Rolex. Die Vertreter von Rolex bei den Turnieren wechselten: Sie waren freundlich und kompetent, aber sie hatten keine Kompetenzen.


Der FEI-Longines Vertrag hat zweifellos Auswirkungen auf einige der wichtigs­ten Turniere im internationalen Kalender. Was macht Genf, seit 1978 mit Weltcup Springen und fast ebenso lange mit ­Rolex als Turnier-Sponsor? Ist ein Longines-Weltcup beim Rolex CSI-W Genf denkbar? Auch der CHIO von Deutschland in Aachen hat seit Jahren Rolex als Sponsor. Nun wird der Nationenpreis von Furusiyya aus Saudi-Arabien gesponsert. Das gibt einen gewissen Konflikt mit dem langjährigen Aachener Nationenpreis-Sponsor Mercedes. Und Longines soll die Zeitmessung aller CSIO besorgen, so auch beim Rolex-CHIO Aachen. St. Gallen ist kein Problem, denn da ist Longines seit Jahrzehnten präsent, nicht aber Rolex.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr 9/2013)

 

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