Untersuchung über Kostenexplosionen Olympischer Spiele Drucken
Geschrieben von: DOSB/DL   
Mittwoch, 31. Oktober 2018 um 13:53

Frankfurt/ Main. Die Kostenexplosion und Ausrichtung Olympischer Spiele bleiben weltweit ein diskutiertes Thema. Sportwissenschaftler von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Holger Preuß und Maike Weitzman, sowie der Sportökonom Prof. em. Dr. Wladimir Andreff von der Université Paris 1 Panthéon Sorbonne haben die Studie „Cost & Revenue Overruns of the Olympic Games” erstellt. Schade, dass genaue Zahlen nicht genannt werden…

 

 

Die Autoren haben die Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen der Organisationskomitees für die Olympischen Spiele (OCOG), die den Betrieb der Veranstaltung abdecken (OCOG-Etat), und die Investition öffentlicher Gelder für die wichtigsten Olympiastätten (Nicht-OCOG-Budget) bewertet. Außerdem wird berücksichtigt, dass die Ausrichtung des größten Multi-Sport-Events der Welt von den Gastgeberländern genutzt wird, um notwendige Infrastrukturmaßnahmen durchzuführen, die nicht unbedingt für die Spiele benötigt werden.

 

Die Sportwissenschaftler haben für die Studie rund 280 vorwiegend nicht öffentliche Dokumente zu allen Olympischen Spielen seit Sydney 2000 ausgewertet. „Wir konnten die größte Sammlung an Finanzinformationen über die Olympischen Spiele zusammentragen, die es weltweit gibt“, sagt Preuß.

Die Daten umfassen interne Finanzdaten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Angaben von Stadtarchiven, offiziellen Berichten, Bewerbungsunterlagen und Privatarchiven. Sie decken für alle Spiele jeweils den Zeitraum von acht Jahren mit Beginn der Kandidatur bis zu den eigentlichen Spielen ab, um präzise die Kosten- sowie Einnahmenüber- und -unterschreitungen zu ermitteln.

 

Als Fazit stellten Preuß und sein Team vier Thesen auf. So stellten sie fest, dass bei allen zehn Olympischen Spielen seit 2000 die Kosten für die Organisation (OCOG-Budget) in der Regel durch Einnahmen gedeckt oder sogar Gewinne erzielt werden. Darunter fallen Sponsoring und Ticketing. Dazu kommt der Zuschuss des IOC, der über den Verkauf der weltweiten Fernsehrechte und aus dem TOP-Sponsoring-Programm finanziert wird.

 

Eine andere Erkenntnis für das positive Endergebnis: Die OCOG haben ihre Ausgaben in den ersten Jahren in der Regel deutlich überhöht, aber dann haben alle Organisationskomitees in den letzten zwei Jahren gespart. Weiterhin haben die Organisationskomitees der untersuchten Spiele auch ihre Einnahmen unterschätzt, und in der Folge wird der prognostizierte Umsatz überschritten. So wurden beispielsweise bei den Sommerspielen in Sydney 2000 und Athen 2004 die Einnahmen der OCOG zum Ausgleich der öffentlichen Kosten der Gastgeberstädte verwendet.

 

Bei den in dieser Studie betrachteten olympischen Kerninvestitionen – zumeist aus Steuergeldern finanziert – kommt es zu Budgetüberschreitungen. Die bewegen sich in ähnlicher Höhe wie bei vergleichbaren nicht sportlichen Megaprojekten. Kerninvestitionen sind unter anderem Sportstätten,

 

„Bei den großen Infrastrukturinvestitionen wie zum Beispiel Stadien liegen die Mehrkosten in einer Größenordnung wie bei anderen Großprojekten auch“, bestätigt Preuß. Für die Olympischen Spiele zwischen 2000 und 2012 beliefen sich die Mehrkosten zwischen 29 und 56 Prozent des ursprünglichen Etats. „Tatsächlich wurden die Spiele über Jahrzehnte hinweg immer extravaganter und teurer“, sagt der Sportwissenschaftler. In den letzten 20 Jahren blieben die Spiele jedoch in Hinblick auf die Zahl der Athleten, die Sportstätten und Anzahl von Medaillen relativ konstant.

 

Am Ende der Untersuchung stehen 18 Empfehlungen für das IOC, die Organisationskomitees, die Gastgeberstädte und die Behörden:

 

1.   Die Gastgeberstädte müssen früher eine Beratung über die für die Spiele erforderlichen Investitionen erhalten.

 

2.   Das IOC sollte den Druck auf die Städte während der Bewerbungsphase verringern, um das Risiko eines „Fluch des Gewinners“ (d.h. Überschätzung des Nutzens).zu vermeiden.

 

3.   Das IOC sollte zum Schutz des Steuerzahlers gegen strategische Low-Cost-Schätzungen vorgehen und sicherstellen, dass die angegebenen Zahlen so realistisch wie möglich sind.

 

4.   Die Gastgeberstadt sollte mit dem Bau der erforderlichen Infrastruktur beginnen, sobald die Olympischen Spiele vergeben sind.

 

5.   Das IOC sollte die vereinbarten Strukturveränderungen verantworten und seine übergeordnete Stellung nutzen, um die Einhaltung der Vereinbarung durchzusetzen und damit unnötige Investitionen zu vermeiden.

 

6.   Das IOC sollte sicherstellen, dass die Entscheidungsträger der Gastgeberstadt für die Finanzierung jeder „notwendigen“ olympischen Investition mehrere Varianten haben.

 

7.   Das IOC sollte sicherstellen, dass Infrastrukturkosten, die ohnehin angefallen wären, nicht zu den „olympischen“ Kosten gerechnet werden.

Kosten- und Erlösprognosen sollten mit dem Zeitwert der Spiele geschätzt werden. Die Inflation muss auf der Grundlage von Verbraucherpreisindizes und Baupreisindizes berechnet werden.

 

8.   Die Gastgeberregierung sollte eine professionelle Exekutive ernennen.

Die Gastgeberregierung sollte dem Parlament jährlich über die Voranschläge von Nicht-OCOG-Kosten berichten.

 

9.   Personal und Verwaltung müssen mit Extrakosten budgetiert werden.

Altlastentransformationskosten müssen von Anfang an geplant und budgetiert werden.

 

10.  Die Gastgeberstadt und das IOC sollten darauf bestehen, das Erbe der Spiele durch Nachnutzung zu maximieren.

 

11.  Das IOC sollte gemeinsam mit der Gastgeberregierung Maßnahmen ergreifen, um die Transparenz in Bezug auf Budget-, Kosten- und Einnahmenänderungen zu erhöhen.

 

12.  Die zuständigen Behörden müssen darauf achten, dass Entscheidungen rechtzeitig getroffen werden, insbesondere wenn mehrere Interessengruppen beteiligt sind.

 

13.  Das IOC sollte ein einheitliches Finanzkennzahlensystem schaffen, um Veränderungen während und nach den Spielen zu erkennen.

 

14.  Eine erste seriöse Haushaltsschätzung sollte erst dann vorgenommen werden, wenn ein valider Überblick über das Gesamtprojekt vorliegt.

 

15.  Das IOC sollte sicherstellen, dass das Organisationskomitee in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen eine Kosten-Nutzen-Analyse vor und nach den Olympischen Spielen durchführt.

 

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