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Abritt - oder aus dem Leben des Tierarztes Dr. Peter Cronau (Teil 8) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Peter F.Cronau/ dl   
Freitag, 08. März 2024 um 20:51

Am Tisch Dr. Peter Cronau (rechts) bei der Klinik-Eröffnung 1973 in Wattenscheid im Gespräch mit Hartwig Steenken, dem Team-Olympiasieger von München 1972 und Weltmeister 1974 in Hickstead, der am 10, Januar 1978 im Alter von 36 Jahren den Folgen eines Autounfalls erlag

(Foto: privat)

Dr. Peter F. Cronau war Tierarzt der deutschen Equipe bei der EM 1975 in München beim Doppel-Gold der deutschen Springreiter, Hans Günter Winkler ließ eine Rechnung zurückgehen, für Spanien im Einsatz bei Olympia 1976 in Montreal, ein Sponsor kündigte seine DOKR-Mitgliedschaft aus Verärgerung, und 1977 in Laxenburg ließ sich ein Reiter aus dem Sattel fallen, so dass die Anmietung eines Helikopters für den Notfall nicht bezahlt werden musste - Langeweile hatte Dr. Peter Cronau wahrlich von Anfang an nicht in seinem privaten und beruflichen Leben.

Im selben Jahr – 1975 - fanden die Europameisterschaften im Springreiten in München statt. Dort fungierte ich als Treating Veterinarian u.a. für die Deutsche Mannschaft. Hendrik Snoek mit seinem Pferd „Rasputin“ hatte sich im Vorfeld qualifiziert. Das Pferd war bekannt für Wasserprobleme. Mehrere Wochen fuhren die Kandidaten des DOKR immer wieder nach München, um den Parcours von „Micky“ Brinkmann in Riem auf der Olympiaanlage zu trainieren. „Rasputin“ schaute bei dem fakultativen Öffnungsspringen auf den Parcours und ließ sich dann nicht mehr bewegen, auch nur einen Galoppsprung nach vorne zu gehen. Für das Paar war die EM damit bereits beendet. Seine Mitstreiter machten das alles wieder gut. Die Equipe siegte mit Alwin Schockemöhle auf „Warwick Rex“, Hartwig Steenken auf „Erle“ und Sönke Sönksen auf „Kwept“.

Ein Kuriosum ergab sich in der Einzelwertung. Der Italiener Vittorio Orlandi mit „Fiorello“ lag praktisch im Entscheidungsspringen vor dem letzten Durchgang uneinholbar vor Alwin Schockemöhle, blieb fehlerfrei – und dann verritt er sich, wurde disqualifiziert und machte Alwin Schockemöhle auf Warwick Rex zum Europameister. Und dahinter holten Hartwig Steenken Silber und Sönke Sönksen dazu Bronze.

Hans Günter Winkler gehörte damals schon zu meiner Klientel. Im Jahr 1974 wurde der holländische Reiter Henk Nooren bei Hans Günter Winkler in Warendorf beschäftigt. Nooren brachte die Pferde immer mit einem Zweipferde-Hänger in unsere Klinik. Auf dem Rückweg von Wattenscheid nach Warendorf hielt eines Tages die Polizei das Gespann an zum Nachwiegen des Hängers. Übergewicht, denn die beiden Pferde „Jägermeister“ und die Stute „Blinke“ wogen beide zusammen fast 1.700 Kilo. Es musste zunächst ausgeladen werden. Ich wurde angerufen und teilte der Polizei mit, dass kein Anderer als Hans Günter Winkler der Besitzer der beiden Turnierpferde war. Das Kommando lautete danach: Aufladen, weiterfahren! Das war nicht das einzige Privileg eines HGW. Die erste Rechnung, die ich an Winkler schickte, kam mit folgendem Kommentar zurück: “Einem Hans Günter Winkler schickt man keine Rechnung“. Dieses Problem wurde im Anschluss unbürokratisch gelöst.

Für Spanien Tierarzt bei Olympia

Meine Arbeit in Spanien zog weitere Kreise, 1976 wurde ich Offizieller Spanischer Mannschaftstierarzt und flog mit neun Pferden von Madrid aus nach Montreal zu den Olympischen Spielen. Die Pferde waren auf sechs Paletten untergebracht, ein Quertreiber mit Namen „Chacal“ hielt uns im Flugzeug – einer DC-8 - permanent auf Trab, weil er sehr unruhig war. Auf den verbliebenen drei Paletten lagerte ausschließlich spanischer Rotwein. Es war der erste Flug von „Iberia“ mit Pferden. Die Reiter nebst Offiziellen, dem Chef d’Equipe Miguel Torres, dem Trainer Francisco Goyoaga und meiner Person wohnten während der Olympischen Spiele im Olympischen Dorf in der Millionenstadt sozusagen in einer WG. In dieser Zeit habe ich zwangsweise die spanische Sprache erlernt. Das Reiterstadion wiederum war rund 60 km östlich von Montreal in Bromont.

Für den Boden war der aus Ulm stammende Deutsche Hermann Duckek zuständig. Er erzählte mir später, dass er veranlasst hatte, den für den Platz vorgesehenen Sand in das Stadion zu transportieren. Am Schluss kam eine Person von der Organisation auf ihn zu, er möge sich doch bitte in sein Auto setzen und die gelieferten Menge Sand anschauen und unterschreiben. Auf dem Zettel standen Mengen, womit man das Olympiastadion bis zum Dach hätte füllen können. Das hat Hermann natürlich nicht unterschrieben.

Am Rande kam es in der Deutschen Mannschaft zu einigen Turbulenzen. Der damals für die Deutsche Mannschaft noch zuständige Tierarzt Dr. Gerd Grenz stellte bei dem Pferd „Talisman“ von Paul Schockemöhle bei einer Dopingprobe im Training eine sedierende Substanz fest. Darüber mokierten sich Sönke Sönksen, der sich durch alle Sichtungen reell für Olympia qualifiziert hatte, und Pferdebesitzer von „Kwept“, Werner Stockmeyer. Sönksen wurde für das Einzelspringen nicht nominiert, und als Konsequenz kündigte Stockmeier noch in Montreal seine Mitgliedschaft im Deutschen Olympiadekomitee für Reiterei (DOKR). Das war umso bedauerlicher, da die Fleischgroßhandels-Firma Stockmeyer bei den Siegerehrungen die Pferdepfleger, die ohnehin leider nicht immer die erforderliche soziale Einstufung erfuhren, in Zukunft nicht mehr mit Wurstpaketen versorgte.

Erstmals wurden bei Olympischen Spielen offiziell Dopingproben genommen. Allen Pferden wurden nach dem Einzelspringen Blut abgezapft. Wegen des Durcheinanders nach dem Gewittersturm, wo auch Teile des Stallzeltes wegflogen, fehlte jegliche Abstimmung, sodass keine Ergebnisse der Dopingproben verfügbar waren.

Springen bei Olympia 1976 grenzwertig

Die Anforderungen in der Einzelwertung auf olympischem Parcours in Bromont 1976 60 km östlich von Montreal waren im Vergleich zu der heutigen Zeit sehr schwierig, man kann sagen, „an der Grenze des Springbaren“. Nur einer kam fehlerlos über den Parcours und nur einer kam über die Doppeloxer (1,60 Karee, 2,20 tief) - nämlich Alwin Schockemöhle mit „Warwick Rex“. Die Oxer dürfen seitdem nur noch maximal 2,00 m tief sein.

Meine Spanier operierten nicht so sehr mit Fortune. Alfonso Segovia ritt den französischen Fuchswallach „Val de Loire“. Alfonso ritt ein und drehte noch eine Volte. Dabei trat das Pferd mit dem rechten Vorderbein in ein Blumenbeet, das einerseits vertieft und andererseits durch den vielen Regen völlig durchweicht war. Die beiden bekrabbelten sich wieder, das Pferd stand jedoch auf drei Beinen. Ich stürze von der Teilnehmertribüne in das Viereck, um Hilfe zu gewähren. In der Zwischenzeit zog der Chefrichter bereits an der Glocke, das Paar wurde abgeläutet. Alle Hoffnungen waren dahin.

Dem kanadischen Parcoursbauer Tom Gayford und dem italienischen Technischen Delegierten sprachen die Springreiter ohnehin das Feingefühl ab, zumal der Schwierigkeitsgrad im Nationenpreis im Hauptstadion in Montreal nicht mit dem tiefen und verregneten Boden korrespondierte. Erwähnenswert ist eine Tatsache, die nicht unbedingt pferdegerecht war. Unmittelbar nach dem Nationenpreis – Sieger-Equipe Frankreich vor Deutschland - wurden die deutschen Pferde verladen und nach Deutschland zurückgeflogen. Eine Ruhepause nach dem schwierigen Wettbewerb hätte ihnen gutgetan. Diese Maßgabe wurde an späteren Olympischen Spielen beachtet.

Die Franzosen hatten ein Pferd mit Namen „Béarn“ und Lahmheitsproblemen, der Reiter hieß Gilles Bertran de Balanda. Auch mit meiner Schützenhilfe konnte das Pferd nicht an den Start gebracht werden. Als Mannschaftstierarzt fungierte damals ein gewisser Docteur Gérard Larcher, der in der Sportmedizin nicht so ganz zu Hause war. Immerhin wurde er, nachdem er Bürgermeister von Rambouillet war, Senatspräsident in Frankreich. Er begleitete damit das zweithöchste Amt im Staat, wir haben später noch ein paar Mal kommuniziert.

Hugo Simon, der 1972 nach Österreich gewechselt war, startete in Kanada mit „Lavendel“. Er hatte sich für den Wechsel nach Austria entschieden, da er auch die österreichische Staatsangehöriger besaß. . Trotz sportlicher Qualifikation war er nämlich mit der Stute Fair Lady für die Olympischen Spiele in München nicht berücksichtigt worden, ritt dort aber mit Lavendel auf einen für ihn unglücklichen vierten Rang und kam mit dem gleichen Pferd vier Jahre später in Bromont auf den fünften Platz.

Die Sportpferde leiden wie menschliche Athleten auch unter sagen wir mal Gebrauchsspuren, darunter zählt zum Beispiel Arthrose im Sprunggelenk. Ich operierte Lavendel an beiden Sprunggelenken. Da er auch an den Vorderbeinen Probleme hatte, fragte ich Hugo, ob wir den Eingriff vorne nicht gleichzeitig in derselben Vollnarkose machen sollten. Hugo sagte zu mir: „Du bist stark an der Hinterhand, Dr. Stihl macht das dann vorne.“ Ich konnte nur nicken.

Die Sicherheitsvorkehrungen in Montreal waren sehr aufwändig, man hatte wohl aus den terroristischen Begebenheiten 1972 in München gelernt. Terrorangst war wohl der Initiator dieser Maßnahmen. 16.000 Polizisten wurden gegen den Terror aufgeboten. Der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wegen ihrer Apartheid-Politik verhängte Ausschluss von Südafrika und Rhodesien reichte den immer stärker agierenden Funktionären Afrikas nicht. Die Reise der neuseeländischen Rugby-Spieler nach Südafrika führte zum Verzicht von 15 schwarzafrikanischen Staaten, auch Araber, Südamerikaner und Asiaten blieben fern. Ebenfalls wurden Taiwans Sportler nach der Machtprobe mit China nach Hause geschickt.

Schwimmer wurden aufgepumpt…

Die bundesdeutschen Sportler tricksten in Montreal arg. Die Schwimmer experimentierten mit aufgepumpten Därmen, und der fit gespritzte Ruderer Michael Kolbe (5-maliger Weltmeister) kollabierte im Einer-Duell vor dem Ziel. Prof. Dr. Jupp Klümper aus Köln – Arzt der gesamten deutschen Mannschaft - erzählte mir, dass er Kolbe einen Cocktail injiziert habe (Cocarboxylase, Thiamin, Thioctacid), der einer Übersäuerung der Muskulatur entgegenwirke. Kolbe äußerte später, dass seine Übersäuerung ganz plötzlich aufgetreten wäre...

Hans Günter Winkler feierte während der Spiele am 26. Juli 1976 seinen 50. Geburtstag. Etwas amerikanisch wurde eine Pickup-Party gefeiert. Es gab auch Alkohol. Die spanische Equipe, die mit Francisco („Paco) Goyoaga auch anwesend war, hatte ein Automobil geliehen, das vor allem wegen seiner Länge auffiel. Goyoaga fuhr nach der Party vom Parkplatz und krachte beim Rückwärtsfahren mit voller Wucht in den roten Ferrari von Carol Knee, einem kanadischen Offiziellen. Das Geschrei des Ferraribesitzers war dann ebenfalls nicht leise.

Wir gingen dann ebenfalls nicht unbedingt geräuschlos ins Olympische Dorf. Goyoaga hatte noch Hunger, wir steuerten die Sportler-Mensa an. Paco setzte sich eine Kochmütze auf. Als wir unser Apartment (für 9 Personen) betreten wollten, mussten wir durch die Sicherheitsschleuse. Paco zog trotz mehrerer Aufforderungen durch die Sicherheitsbeamten die Kochmütze nicht ab und ließ sich trotz heftiger Appelle nicht davon abbringen. Die Konsequenz war, dass er vorübergehend festgenommen wurde.

Hubschrauber-Trick zum Geldsparen

Nachdem professionellen Springreitern (übrigens auf Entscheidung von Prince Philip in einer Nacht- und Nebel-Aktion) 1975 in München die Teilnahme verboten war, wurde diese Bestimmung 1977 für die Europameisterschaft in Laxenburg bei Wien aufgehoben. Somit waren auch Briten wieder am Start. Erstmals wurden Dopingproben obligat nach einem Zufallsprinzip entnommen. Ich war als ein Entnehmer tätig. Da die Reiter gar nicht vorbereitet waren, bedurfte es vor Ort einer Aufklärungsarbeit. Ein gewisser Harvey Smith der britischen Equipe – sein Pferd hieß „Olympic Star“ - packte mich am Schlafittchen und wollte mich zwingen, die Entnahme der Probe zu verhindern. Nach einigem Hin- und Her konnte die Entnahme jedoch realisiert werden.

Der Organisator des Championats war der Vorsitzende der österreichischen Föderation, Peter Nidetzky, vielen damals besser bekannt als österreichischer Kommentator aus der „XY-ungelöst“-Serie.

Dass Veranstaltungen fast immer mit den Kosten zu tun haben, ist damals auch bereits ein Faktum gewesen. Peter Nidetzky hatte für einen Notfall einen Helikopter gemietet, der ein Reklameschild auf der Seite trug. Die Bedingung war, dass die Helikopterbereitstellung kostenlos wäre, wenn der Hubschrauber einmal einen Einsatz über dem Turnierplatz fliegen würde. Die Sponsoren-Beschriftung sollte gesehen werden. Wie es der Teufel wollte, kam er bis zum Schlusstag nicht zum Einsatz. Mit der pfiffigen Idee, die Kosten dennoch umgehen zu können, war dann der österreichische Teilnehmer Peter Z.-W. beauftragt worden. Er sollte im Parcours theatralisch stürzen, dass der Helikopter angeworfen werden musste. Es gelang. Im Parcours fiel der Reiter wie ein Zirkuskünstler spektakulär aus dem Sattel, der Hubschrauber startete, Bedingung erfüllt, die Reklameseite konnte allseits registriert werden, was ja Bedingung war – die Gebühr für den Heli entfiel.

Mannschafts-Europameister wurde übrigens die Niederlande vor Großbritannien und Deutschland, das mit Paul Schockemöhle auf Agent, Norbert Koof auf Minister, Gerd Wiltfang auf Davos und Lutz Merkel auf Salvaro angetreten war, den Einzeltitel sicherte sich aus der niederländischen Equipe Johan Heins auf Seven Valleys.

(Fortsetzung folgt)

 


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