Franke Sloothaak - Stilist und erfolgreich im Springsattel |
Geschrieben von: Dieter Ludwig |
Donnerstag, 01. Februar 2018 um 14:59 |
Franke Sloothaak 60 (Foto: Kalle Frieler) Steinhagen. Seinen 50. Geburtstag wollte er als Teilnehmer des CSI in Zürich verbringen, doch wegen eines Bandscheibenvorfalls lag er im Krankenhaus, nun wird er an diesem 2. Februar 60 Jahre alt – und bleibt zuhause: Franke Sloothaak. „Alles läuft ganz ruhig ab an diesem Tag, man versäumt doch nichts mehr“, sagt der 80-malige deutsche Nationen-Preis-Reiter.
Sein Entdecker erinnert sich noch gut. „Er war einfach besser als alle anderen“, sagt Alwin Schockemöhle (80). Der zweimalige deutsche Olympiasieger war von dem damals 17 Jahre alten Niederländer Franke Sloothaak auf einem Nachwuchslehrgang angetan und holte ihn 1976 nach Mühlen in Oldenburg, dorthin, wo jahrelang die Champions gemacht wurden. Sloothaak: „Ich hatte die Wahl zwischen Schule und Reiten – ich habe mich für die Pferde entschieden.“ Und er sagt: „Ich ging zu Alwin Schockemöhle, weil ich wusste, bei ihm und mit ihm komme ich ganz nach oben.“ Der Sohn eines Verfugers im Bauhandwerk brach das Gymnasium nach der Mittleren Reife ab und wurde Springreiter, letzten Endes ein ganz Großer.
Mitte 1979 überraschte Franke Sloothaak seinen Verband mit der Mitteilung, er werde in Zukunft nicht mehr für die Niederlanden, sondern für Deutschland starten. Den Beritt lieferte Alwin Schockemöhle, der war zwar aus Gesundheitsgründen bereits vom Leistungssport zurückgetreten, doch die besten Jumper standen immer noch in seinen Boxen. Und die Reiterzentrale Warendorf hatte weniger den manchmal aufmüpfigen Schockemöhle im Sinn, dafür aber Olympia 1980 in Moskau. Dafür musste auf schnellstem und ganz kurzem Dienstweg der deutsche Pass für ihn her. Mit Sloothaak sollte die Olympia-Equipe zusätzlich bestückt werden. Am 20. Dezember 1979 wurde Franke Sloothaak offiziell deutscher Staatsbürger.
1984 gewann Franke Sloothaak die Internationale Meisterschaft der Benelux-Staaten - Ehrenpreis: Ein Mini Cooper (Foto: privat)
Olympia 1980 in Moskau fiel dem Boykott der großen reiterlichen Westnationen zum Opfer, doch erstmals die deutsche Hymne intonierte eine Kapelle für ihn am 9. November 1980 in Amsterdam nach dem Sieg im Großen Preis, „das war schon ein eigenartiges Gefühl, als ausgerechnet in meinem Geburtsland für mich das Deutschlandlied gespielt wurde“. Erstmals für Deutschland ritt der Pfeifenraucher und Hobby-Golfer am 19. Juni 1981 in Chaudefontaine bei Lüttich einen Preis der Nationen, seither noch 79-mal. Mit 80 Einsätzen für Deutschland steht er national an dritter Stelle hinter Ludger Beerbaum (134 Nationen-Preise) und Hans Günter Winkler (105).
PR-Reiter für Drogen-Therapie-Zentrum
Als Altmeister Hans Günter Winkler (91) vor Jahren anmerkte, der Turniersport bräuchte wieder mal ein Idol, da war Franke Sloothaak die Antwort. Er, der auch den Reitsport-Ästheten nicht vergisst, nämlich mit dem Pferd zu einer Einheit zu verschmelzen und schön, elegant zu reiten – und dazu erfolgreich, brachte den Sport als Leichtigkeit wie ein Kinderspiel rüber, auch sprachlich witzig. Er trug Reiten 1991 hinein in die Schulen, „weil dort auch unsere Zukunft liegt.“ Der Idee schlossen sich inzwischen über 2.000 Lehranstalten in Deutschland an.
Nachdem Alwin Schockemöhle sich komplett und ebenfalls erfolgreich dem Trabrennsport verschrieb, wechselte Sloothaak nach einem unglücklichen Versuch in die Selbständigkeit lediglich die Wohnungstür in Mühlen und wurde bei Paul Schockemöhle 1984 zum Vorzeigereiter. Der Pferdemogul Paul Schockemöhle (72), u.a. dreimal Europameister auf Deister, über viele Jahre auch der heimliche Teamchef, führte ihn nach Bronze in Los Angeles 1984 vier Jahre danach zum Olympiasieg in Seoul mit den Stallkollegen Ludger Beerbaum und Dirk Hafemeister sowie Wolfgang Brinkmann. Im Oktober 1992 verabschiedete sich Franke Sloothaak von Paul Schockemöhle und wurde „Prediger und PR-Reiter“ für das italienische Drogentherapiezentrum San Patrignano bei Rimini, wo auf einem Hügel in einer autarken Gemeinschaft ständig mehr als 2.000 Jugendliche leben und clean in die Gesellschaft zurückgeführt werden sollen. San Patrignano-Gründer Vincenzo Muccioli war Pferdenarr. Er legte für seinen Tetereiter Millionen in Pferden an, darunter angeblich 2,7 Millionen Mark für Weihajwej. Auf der Oldenburger Stute mit den „Glasaugen“ wird Sloothaak 1994 in Den Haag Mannschafts-Weltmeister und gewinnt zudem in einem hochklassigen Finale mit Pferdewechsel Gold in der Einzelwertung. Der belgische Wallach Joli Coeur trägt ihn 1996 in Atlanta zu Olympischem Gold mit der Equipe und 1998 in Rom nochmals zu WM-Gold mit dem Team und zu Bronze im Einzelfinale.
Doppelter Weltrekordhalter
Der Mann, der sich wie kaum ein anderer in triumphalen Erfolgen geradezu suhlen könnte, kennt auch die andere Seite des Spitzensports. Er war fast Stammkunde in Spezialkliniken wegen Sehnenrissen, Schulterbrüchen, Knieverletzungen oder Bandscheibenschäden („mehr als zehnmal ernsthaft“), hält auch zudem noch zwei Hochsprung-Weltrekorde bei normalen Turnieren: 1990 egalisierte er in Paris die vom Schweizer Markus Fuchs auf Puschkin zwei Jahre davor, ebenfalls in Paris, aufgestellte Höchstleistung in der Halle von 2,35 m, und am 8. Juni 1991 schraubte er den Wettkampf-Höhenrekord bei einem Freiluftturnier - wiederum mit dem Holsteiner Wallach Leonardo - im belgischen Chaudfontaine bei Lüttich auf 2,40 m. Der absolute Hochsprungweltrekord liegt „nur“ sieben Zentimeter darüber. Die separat geführte Bestmarke hatte am 5. Februar 1949 in Santiago de Chile der chilenische Militärreiter Alberto Larriguibel Morales auf dem über Wochen gezielt trainierten Vollblüter Huaso über ein spezielles Hochsprunggestell erzielt.
1995 gewann Franke Sloothaak auf Very in den Volkswagenstadt Wolfsburg den Großen Preis um den begehrten Goldenen Käfer (Foto: Werner Ernst)
Alwin Schockemöhle meinte mal: „Hätte Franke auch noch die Cleverness von Ludger Beerbaum, es hätte nie einen besseren Springreiter in der Welt gegeben.“ Und was war für den dreimaligen deutschen Titelträger, dreimaligen Weltmeister und dreimaligen Olympiasieger das Schönste in seiner sportlichen Laufbahn? Sloothaak: „Das waren die verschiedenen Championate, Olympia, ich denke aber auch gerne und dankbar an meine Pferde zurück, an den Schimmel Rex the Robber, an Walzerkönig, Joli Coeur und Weihajwej, weil wir jeweils eine wunderbare Partnerschaften eingegangen waren.“
Gefragt als Coach bei Paul Schockemöhle
Inzwischen ist er vor allem als Coach beschäftigt. Er ist engagiert bei der Rolex-Akademie und gibt jungen Springreitern Tipps, er kümmert sich im Turnierstall von Paul Schockemöhle um Patrick Stühlmeyer und Philip Rüping sowie um die deutsche Meisterin Laura Klaphage (24), „mit guten Leuten zu arbeiten, macht einfach Spaß“. Er ist auch eingebunden in das Schockemöhle-Konzept des Heranführens junger Springpferde in den Sport, „Paul erwartet 2018 als Züchter nicht weniger als 1.400 Fohlen, die müssen ja irgendwann mal in den kommenden Jahren in den Sport gebracht werden“.
Was ihm missfällt am Springsport, ist die Möglichkeit, sich aufgrund finanzieller Möglichkeiten zum Beispiel in die Global Champions Tour einzukaufen. Dass dort viele Reiter nur dank des Portemonnaies auch noch zu Punkten für die Weltrangliste kommen, passt ihm gar nicht. „Der Sport muss im Mittelpunkt bleiben. Es kann doch nicht sein, dass nicht gerade tolle Reiter aufgrund ihrer geldlichen Möglichkeiten auf der Global-Tour Weltranglistenpunkten ergattern und am Ende der Saison mehr Zähler haben als andere Reiter, denen die Möglichkeiten zum Kauf einer Wildcard auf der Tour fehlen.“ Sein Vorschlag: „Keine Vergabe von Weltranglisten-Punkten auf der Global-Tour. Die Reiter kommen dennoch, weil es genügend Preisgeld gibt…“
Sportliche Erfolge Olympische Spiele 1984 in Los Angeles: Bronzemedaille Mannschaft auf Farmer 1988 in Seoul: Goldmedaille Mannschaft auf Walzerkönig 1996 in Atlanta: Goldmedaille Mannschaft auf Joli Coeur
Weltmeisterschaften: 1994 in Den Haag: Goldmedaille Mannschaft, Goldmedaille Einzel auf Weihaiwej 1998 in Rom: Goldmedaille Mannschaft, Bronze Einzel auf Joli Coeur
Europameisterschaften: 1985 in Dinard: Bronzemedaille Mannschaft 1991 in La Baule: Silbermedaille Einzel auf Walzerkönig
Deutsche Meisterschaften 3x Deutscher Meister (1981, 1989, 1991)
Sieger im Großen Preis von Aachen (1989 auf Walzerkönig) Sieger im Großen Preis von Rom (94 und 96/ Joli Coeur)
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