Sie befinden sich hier: Home Magazin "Es muss sich etwas ändern..."

Wer ist Online

Wir haben 1242 Gäste online

Suche

Anzeige

Anzeigenschaltung

Google Translate

German Chinese (Simplified) Chinese (Traditional) Czech Danish Dutch English French Galician Greek Hungarian Italian Japanese Norwegian Polish Portuguese Romanian Russian Spanish Swedish Turkish Ukrainian

Zugriffe seit 16.09.2009

Anmeldung



Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Fotoanfragen über KHFrieler@aol.com

Anzeige

Banner

Anzeige

Banner
Anzeige



"Es muss sich etwas ändern..." PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Viktoria Auracher/ dl   
Dienstag, 24. Juni 2025 um 14:31

Stuttgart. Dr. Peter F. Cronau gilt als einer der profiliertesten Pferdetierärzte Europas. Über Jahrzehnte hinweg betreute er internationale Spitzensportler aller Kontinente, begleitete unter anderem deutsche und spanische Reiterteams zu Olympischen Spielen und prägte als Vorsitzender der FEI-Veterinärkommission die Standards im internationalen Pferdesport. Gleichzeitig wurde er zum unbequemen Mahner. In seinem Buch „Pferdesport – Wohin?“ kritisierte er bereits 1995 die Kommerzialisierung, Medikalisierung und zunehmende Entfremdung vom Tierwohl. Im Interview mit Viktoria Auracher von „R-HALTENSWERT“ spricht er über Missstände, Verantwortung – und was sich dringend ändern muss.

Was hat Sie ursprünglich zu den Pferden und zur Tiermedizin geführt?

Peter F. Cronau: „Das ist relativ einfach: Mein Vater war kurz nach dem Krieg Landstallmeister in Dillenburg und Stellvertreter von Gustav Rau. Wir hatten eine Hengsthaltung, und ich war bereits mit drei Jahren in der Hengstbox. Mein Vater wollte ursprünglich, dass ich in seine Fußstapfen trete und Landwirt werde, aber ich entschied mich für den Tierarztberuf. Ich ritt damals schon Turniere und Jagden, und für mich war klar, dass ich in diesen Beruf einsteigen würde.“

Sind Sie heute noch tätig?

P.F.C.: „Nein, aus Altersgründen bin ich nicht mehr aktiv, aber ich bin dem Reitsport nach wie vor sehr verbunden. Man sagt, mit den Pferden hat man lebenslänglich.“

Sie haben so viele Jahre im internationalen Pferdesport verbracht, was, glauben Sie, hat Sie dabei am meisten geprägt?

P.F.C.: „Eigentlich das Pferd und nicht die Reiter. Das Pferd ist eine Kreatur, die sich ständig weiterentwickelt. Ich habe am Wochenende die zweite Qualifikation zum Hamburger Derby gesehen und war schockiert über das schlechte Reiten, das zu Stürzen und Verweigerungen führte. Die Reiter machen Fehler, können nicht mehr präzise reiten und bringen ihre Pferde damit in Gefahr. Die Entwicklung der Pferde, die Leichtigkeit und Rittigkeit, hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Früher war die Entwicklung stabiler, heute sieht man ganz andere Typen. Ich war achtmal bei Olympischen Spielen, und die Pferde von damals waren klobiger, während die heutigen viel sensibler und feingliedriger sind – das birgt Risiken. Man muss aufpassen, dass man diese Sensibilität nicht ausnützt.“

Was glauben Sie, läuft da im Moment nicht richtig ?

P.F.C.: „Es geht vor allem um Geld. Wenn ein Pferd zwölf Millionen kostet oder es um hohe Preisgelder geht, öffnet das Tür und Tor für Manipulation und Gewinnstreben. Das ist eigentlich überall so, wo Geld involviert ist, es werden dann alle Möglichkeiten komplett ausgeschöpft. Das ist in allen Sportarten so, nicht nur im Pferdesport.“

Wie könnte man das konstruktiv lösen?

P.F.C.: „Das ist wirklich eine große Schwierigkeit, wir kritisieren und das ist auch gut so - aber wir brauchen eine Lösung. Kriminalität ist in der Gesellschaft genauso vorhanden wie im Sport. Selbst im alten Rom hat Kaiser Nero sich den Sieg durch Manipulation geholt.“

Hat sich das Ganze Ihrer Meinung nach verschlechtert oder verbessert?

P.F.C.: „Die Tendenz, das System zu täuschen, ist gleichgeblieben. Zu Zeiten von Fritz Thiedemann waren die Hindernisse mit 15 cm dicken Balken gebaut. Da sind unsere Parcoursbauer sensibler geworden, und die Hindernisse sind heute anders gebaut mit mehr Sicherheitstechnik. Aber das ändert nichts daran, wir haben die Barraffäre gehabt, wir haben die Affären der letzten beiden Jahre gehabt – das sind Zeitgenossen von uns, daran sieht man, es hat sich nichts geändert. Wenn es zum Beispiel um die Gamaschen geht, ich habe das selbst in meiner aktivenen Zeit als Tierarzt erlebt, dass Reiter Kronkorken, Nägel oder Scherben unter die Bandagen bzw Gamaschen gepackt haben, es ist geblistert worden – das ist alles wirklich passiert - und heutzutage fällt den Sportlern immer etwas Neues ein, für das Höher, Schneller, Weiter. In einem Großen Preis in der letzten Woche hat man ein Pferd gesehen, das so viel Angst und so viel Stress damit hatte, ein Hindernis zu berühren, da ist irgendwas passiert, das kann mir keiner anders erzählen, und deshalb ist das auch verwerflich, weil das im Grunde genommen eine Vergewaltigung der Natur ist. Ich war acht Jahre Leiter des Veterinär-Kommitees beim Weltverband FEI, der erste Satz, den ich in unser Reglement eingebracht habe, ist: „The horse must compete under its natural abilites“. Das bedeutet: Der Wettbewerb muss unter den natürlichen Möglichkeiten des Pferdes stattfinden. Wenn alle so reiten, hat kein Pharmakologe gewonnen, sondern die Natur. Und da muss ich sagen, wenn solche Dinge vorkommen, wie Gamaschenmanipulation, ist das ein Vergehen gegen das Pferd und natürlich auch gegen das Reglement. Das Reglement ist gar nicht so schlecht, aber es wird nicht richtig beachtet, das ist so.“

Was könnten die FN, also der nationale Verband, oder die FEI da konkret tun?

P.F.C.: „Die Qualität der Aufsichts- und Kontrollpersonen ist ohne Grund nicht auf dem neuesten Stand - und manche schauen halt weg. Ich habe das erst letztens wieder bei einem Gutachten in Warendorf bemerkt. Bei diesem Steward hat das nö#ge Sachverständnis gefehlt. Das muss dringend geändert werden und es scheint sich etwas mit dem neuen Präsidenten zu tun. Aber einfach wird das nicht. Ich habe zeitlebens das Dressurpferd Rembrandt betreut, das ist auf den Vorbereitungsplatz gekommen und lief zu Beginn mit niedrigem Kopf. Das war nach zwei Minuten vorbei, und der trug den Kopf ganz korrekt. Aber wenn man da ein Bild gemacht hätte, hätte das alles nach Rollkur ausgesehen. Das müssen eben Leute dann beurteilen, die was vom Fach verstehen, deshalb müssen auch junge Stewards und Richter korrekt geschult werden.“

Was meinen Sie, wie könnte man das Publikum, die Sponsoren oder die Medien mit ins Boot bekommen, so dass auch sie mehr Verantwortung übernehmen?

P.F.C.: „Als ich jünger war, wurden alle großen Reitsportveranstaltungen live im deutschen Fernsehen übertragen, sogar aus England. Das gibt es alles nicht mehr. Wir müssen das Publikum, die Medien, die Sponsoren wieder einfangen, zu viele haben sich von uns abgewendet. Der Veranstalter von Calgary sagte immer wieder: `Wer bei uns auf dem Turnier manipuliert, dopt oder Drogen konsumiert, der kann ein Leben lang dort nicht mehr reiten…` – und das funktioniert auch. Es geht aber nicht nur alleine über das Strafmaß, das zeigt sich ja in der Leichtathle#k oder in anderen Sportarten auch, und ich habe zu meiner Amtszeit immer wieder gesagt, wir müssen in die Prävention gehen und die Leute aufklären. Ich habe vor Jahren ein Seminar zum Thema Doping veranstaltet mit Beteiligung der Reiter, und ich hatte bewusst nach Düsseldorf eingeladen, damit es für keinen weit war - von den Topleuten kam nur einer, und das war Franke Sloothaak. Die Athleten waren nicht interessiert, aber dieses Interesse muss man wecken.“

Meinen Sie, dass Doping immer noch ein sehr aktuelles Thema ist?

P.F.C.: „Es wird feiner. Ich habe mit vielen Fachleuten zusammengearbeitet, die Technologien werden immer feiner. Wir sind im Gegensatz zur Humanmedizin noch nicht ganz drin im Gendoping. Und das Pferd kann sich nicht wehren.“

Psychopharmaka – spielen die eine Rolle?

P.F.C.: „Ja. Und Endomorphine auch, das gehört aber in diese Klasse mit rein. Man weiß auch, dass das nicht nur im Sport der Fall ist, sondern auch bei Körungen. Dass manipuliert wird, ist bekannt.“

Was könnte man denn zum Beispiel beim Thema Doping strukturell verändern?Gibt es bereits unangekündigte Kontrollen?

P.F.C.: „Man hat schon versucht, das zu realisieren, zum Beispiel durch ein Stallbuch – aber keiner kontrolliert die Medikationsprüfung oder die Stallbücher, und dann muss man auch sagen, manche Fälle entstehen auch durch Verunreinigungen. Wir haben zum Beispiel für die Olympischen Spiele in Barcelona jedes Futter, Nahrungsergänzungsmittel und auch das Heu vorher auf Dopingsubstanzen mit den Hochschulen und Laboratorien untersucht, dass nicht durch verunreinigtes Futter ein positiver Test herauskommen konnte.“

Macht es für Sie Sinn, dass die FEI diese FastTracks hat, wo Fälle mit Zahlung einer Geldstrafe auf dem kurzen Weg entschieden werden?

P.F.C.: „Gewiss nicht. Zu meiner Zeit haben wir die Sanktionen besprochen. Die erste Maßnahme war die Disqualifikation, die zweite eine Geldstrafe und die dritte war die Veröffentlichung in den Medien – das war die Trilogie. Heute hat die NADA es sehr schwer, da sie ihre Ergebnisse aus Datenschutzgründen nicht mehr veröffentlichen darf, und leider stören Geldstrafen die Reiter überhaupt nicht.“

Welche Rolle spielen Ihre Kolleginnen und Kollegen die Tierärzte?

P.F.C.: „Mir kann niemand erzählen, dass sie ganz unbefleckt sind. Als Mannschafts-Tioerarzt wird man mit Dingen konfrontiert, die wirklich grenzwertig sind. Der Tierarzt hat jedoch einen Berufsethos; wir sind für die Gesunderhaltung der Tiere verantwortlich und nicht für deren Manipulation.Es gibt Tierärzte, die fachlich hervorragend sind und ihre „Kochbücher“ kennen, die unter den Reitern herumgereicht werden. Ich möchte keine Kollektivschuld aaussprechen, aber in meinem Berufsstand gibt es definitiv schwarze Schafe.“

Wo sehen Sie die Rolle der Richter und der Funktionäre?

P.F.C.: „Die Unbefangenheit und die Objektivität der Richter sind ein Thema. Warum sind immer die gleichen Richter auf dem Championat ? Gefälligkeitsrichten darf nicht normal bleiben. Alle Beteiligten müssen in ein Konzept eingebunden werden, das jetzt ansteht – Richter, Tierärzte sowie Reiter und Fahrer.“

Wäre der Beginn einer strukturellen Lösung für Sie, dass man anfängt, Gespräche zu führen?

P.F.C.: „Ich habe das bereits in Warendorf in einem Gespräch am Stammsitz des Verbandes vorgeschlagen. Es muss eine zentrale Zusammenkunft geben, und alle müssen unvoreingenommen an das Thema herangehen. Alle Beteiligten müssen das miteinander angehen. Es muss etwas geschehen.“

 

 


Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>