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Der Traum eines kleinen Mädchens (79) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Mittwoch, 27. April 2011 um 17:04

Nur auf der Reklametafel lachte ein Mädchen auf einem Schimmel...

 

Es gibt auch eine andere Welt mit Pferden als Polly sie vom Reitstall Hubertus kennt. Das wusste sie aber auf der Fahrt in den Urlaub noch nicht. Für sie war die Tatsache, dass sie in den Urlaub fahren musste und nicht zu ihren geliebten Ponys gehen konnte, schon das größte Übel. Schlimmeres konnte ihr ja wirklich nicht passieren in den Schulferien. Deswegen hatte sie auch fast kein Wort mehr mit ihren Eltern geredet. Die waren an allem Schuld! Pollys Stimmung hatte einen Tiefpunkt erreicht.

 

Die lange Autofahrt trug auch nicht unbedingt zur Erheiterung bei. Die beiden Brüder, die neben ihr auf der Rückbank des Autos saßen, kebbelten sich die meiste Zeit und schubsten Polly dauernd. Dazu stritten sie lautstark, was in dem PKW noch störender war als sonst. Zum guten Schluss fing Papa noch an, alte Volkslieder zu singen und forderte alle zum Mitsingen auf. Das gab Polly den Rest. Sie zog Ihren Anorak über den Kopf und schloss die Augen. Sie träumte vom Reitstall, von den Ponys und den Freunden dort. Ob die wohl auch so eine schreckliche Fahrt in die Ferien hatten?

 

Zweimal wurde angehalten, weil einer mal musste. Dann wieder auf die Autobahn. Richtung See. Früher hätte Polly sich über das Meer und einen tollen Strand gefreut. Aber das war eben früher, als sie noch nicht ritt.

 

Sie zog die Jacke vom Kopf und sah ein übergroßes Bild auf sich zukommen. Sie erstarrte innerlich. So etwas Tolles hatte sie nicht erwartet. Und schon war das Bild an ihr vorbeigezogen. Schade!

 

Pollys Lebensgeister waren wieder geweckt. Ein winziger Hoffnungsschimmer tat sich auf. Pollys Laune besserte sich mit einem Schlag. Da...da... da kam wieder das übergroße Bild auf sie zu...Sie schaute ganz genau hin. Es wurde immer größer....und schon war es wieder vorbei. Pollys Laune befand sich nun doch noch auf dem Höhepunkt. Sie sah das herrliche Bild vor ihrem inneren Auge:  Sie sah das Meer im Hintergrund. Dunkelgrüne Wellen mit weißen Schaumrändern, die sich auf  einen fast weißen Sandstrand im Vordergrund des Bildes zubewegten. Den Geruch des Salzwassers konnte Polly fast wahrnehmen. In der Mitte des Bildes galoppierte ein Schimmel . Er trug nichts außer einem  schönen Mädchen. Kein Sattel, keine Trense. Das Mädchen saß auf dem blanken Pferderücken. Auch das Mädchen trug fast nichts. Nur ein feuchtes durchsichtiges Tuch, der Farbe des Meeres angepasst. Der Wind drückte es gegen ihren Körper. Das Tuch legte sich so um ihre Brüste, dass die Nippel deutlich zu erkennen waren. Der Wind spielte in den langen schwarzen Haare gleichermaßen wie in der weißen Mähne eines Pferdes. Polly meinte, ihn auf ihrem Gesicht zu fühlen. Den salzigen Geschmack des Meeres schmeckte sie im Mund. Das schwarzhaarige Mädchen auf dem weißen Pferd galoppierte am Strand entlang. Vor Glück schien es die Augen fast zu schließen.

 

Das war`s! Reiten am Strand! Der Urlaub war noch nicht ganz verloren. Das große Bild war nur eine Reklame-Tafel gewesen und tauchte alle paar Kilometer wieder neu auf. Aber, dass man eventuell am Meer entlang reiten könnte, dass sie am Urlaubsort einen Reitstall, so wie ihren Reitstall zuhause, finden könnte, war durchaus möglich. Polly nahm sich vor, sich direkt nach der Ankunft zu erkundigne.

 

An ihrem Ferienort gab es tatsächlich einen Reitstall, von wo aus Strandritte für Urlauber unternommen wurden. Obwohl eine Reitstunde doppelt so teuer war wie zuhause und man außerdem nur Doppelstunden buchen konnte, erlaubten ihre Eltern, dass Polly reiten gehen durfte.

 

Der Reitstall am Meer sah ganz anders aus als der Reitstall Hubertus. Er hatte auch keinen Namen über dem Eingang stehen. Das Gebäude mit den Stallungen war aus dunklen Backsteinen errichtet. Die Holzteile und die Boxenwände waren fast schwarz. Aber durch die vielen Spinnweben sahen sie grau aus. Riesige Spinnweben hingen von der Decke, die so hoch war, dass man bei der Dunkelheit dieses Stalles das Dachende gar nicht erkennen konnte.

 

Polly schlenderte durch diesen dunklen Stall und schaute in die Boxen. Kein gelbes Stroh leuchtete ihr entgegen. Dunkles nasses Zeug bedeckte kaum den Boden. Es war fast schwarzer, nasser Holzboden. Das muss aber unangenehm für die Pferde sein, dachte Polly und schlenderte weiter. Dabei beobachtete sie, wie junge Mädchen die Pferde aus ihren Boxen hinter sich herzogen und sie draußen an einem langen Rohr festbanden. Die Mädchen waren nicht nett. Sie redeten nur untereinander im barschem Ton. Sie behandelten die Urlauber wie Luft. Wenn jemand von den Gästen eine Frage stellte, gaben sie sich genervt. Genauso unfreundlich gingen sie mit den Pferden um. Die Mädchen trugen alte, gelöcherte Reithosen, die T-Shirts hatten garantiert siet Wochen keine Waschmaschine mehr erlebt. Der ganze Stall wirkte verdreckt.

 

Polly ging zu einem fest angebundenen Pferd hin. Sie streichelte über seine Nase und sprach mit ihm. Das Tier reagierte gar nicht. Es stellte nicht die Ohren auf, seine Augen blickten irgendwohin, nur nicht auf Polly. Es war unheimlich. So ganz anders als die Pferde im Reitstall Hubertus. Polly beschlich ein seltsames Gefühl.

 

Alle Pferde sahen anders aus als die zuhause. In dem „Reitstall ohne Namen“ war keines so kräftig wie die Schulpferde zuhause. Es gab kein dickes Pferd wie die Comtessa. Als Polly das eine Pferd noch mal streichelte, bemerkte sie, dass die grauen Stellen in dessen Fell nicht nur Schmutz waren. Es war irgendwie schorfig. Mit ihren Fingern wollte sie das Fell glätten. Da merkte sie, dass eine Flüssigkeit herauskam. Polly hörte schnell auf.

 

Eines der Mädchen kam mit Sattelzeug und ranzte Polly an, sie solle Platz machen. Polly wich erschrocken zurück. Die lilafarbene Reithose des Mädchens hatte am Knie ein Loch. So groß wie ein Zweieuro-Stück. Polly hätte sich geschämt, so eine Hose in der Öffentlichkeit zu tragen. So schämte sie sich für das Mädchen. Der schien das hässliche Loch in ihrer Hose aber nichts auszumachen.

 

Es war wohl mehr Zufall, dass Polly jenes Pferd zugeteilt bekam, das sie vorhin gestreichelt hatte. Das unwirsche Mädchen richtete kein Wort an Polly. Es wies sie nur an, das linke Bein anzuwinkeln  und „warf“ Polly auf das Pferd. Polly hätte gerne gezeigt, dass sie schon reiten konnte und durchaus in der Lage war, alleine auf das nicht allzu große Pferd  zu steigen. Wortlos schob das verdreckte Stall-Mädchen Pollys Schenkel nach hinten und schnallte die Steigbügelriemen kürzer. Dabei bemerkte Polly, dass ein Riemen eingerissen war. Das Mädchen musste das doch sehen..... Aber .....Polly wollte noch nach dem Namen des Tieres fragen, da war das Mädchen schon wieder woanders.

 

Polly konnte genau erkennen, dass außer ihr keiner schon mal auf einem Pferd gesessen hatte. Die meisten Gäste saßen ganz krumm im Sattel, die Knie hochgezogen, die Füße viel zu weit im Bügel  und die Zügel wie Hundeleinen in den Händen. Dabei hielten sie die Hände in Brusthöhe. Aber niemand sagte ihnen, wie man es richtig machte.

 

Siebzehn Pferde liefen hintereinander. Dabei hatte keiner eine Reihenfolge vorgegeben. Der Führer ritt einfach los und die anderen Pferde hinterher. Die Tiere machten alles automatisch.

Polly sah ja, dass diese Reiter sowieso keinen Einfluss auf die Pferde hatten, selbst wenn sie es gewollt hätten.

 

Polly ließ auch ihr Pferd gewähren. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, in dem uralten unbequemen Sattel richtig zu sitzen. Sie konnte machen, was sie wollte, der Sattel tat weh. Die Bügel waren viel zu kurz verschnallt, sodass die Kniekehlen schmerzten. Polly schaffte es nicht, von oben die Steigbügel länger zu schnallen. Das Leder war so hart und ungepflegt, dass es sich so nicht durch die Schnallen ziehen ließ. Es hatte bestimmt seit Hundert Jahren kein Lederfett mehr gesehen.  Polly gab auf. Ab und zu ließ sie einfach die Füße aus den Steigbügeln gleiten und streckte ihre Beine aus.

 

Der Führer ließ kein einziges mal antraben. Die Abteilung kam jetzt zum Wasser. Da es nur im Schritt vorwärts ging, hatte Polly alle Zeit der Welt, um sich das Meer, den Strand und das Vorderpferd anzuschauen. Dabei fiel ihr auf, dass das Pferd vor ihr immer irgendwie einzuknicken schien. Nicht mit der Hinterhand, sondern vorne auf der rechten Seite. Je länger Polly hinschaute, desto deutlicher wurde das Einknicken. Zuerst hatte sie geglaubt, sich nur getäuscht zu haben. Aber jetzt war sie sich sicher: das Vorderpferd lahmte.

 

Sie waren eine Stunde unterwegs. Nur im Schritt. Polly hatte das Photo mit dem schönen Mädchen auf dem Schimmel vor Augen. Wie beide am Strand entlang galoppierten und der Wind ihnen durch die langen Haare brauste. Das glückliche Lächeln des Mädchens.......

 

Polly war weit davon entfernt. Sie hatte auch keine Hoffnung mehr, dass mal getrabt, geschweige denn galoppiert würde. Es war vielleicht auch besser so. Ihr eingerissner Steigbügelriemen hatte sie unsicher gemacht, und der harte Sattel glich einer Bratpfanne und lud auch nicht gerade zu einer schnelleren Gangart ein.

 

Die ungepflegten jungen Mädchen vom Stall nahmen die Pferde nach der Rückkehr wieder in Empfang. Dabei redeten sie weiter untereinander, als ob kein Kunde anwesend wäre. So wurde auch Polly das Pferd wieder abgenommen. Sie hatte den Namen des Tieres, das sie zwei Stunden auf seinem Rücken getragen hatte, nicht erfahren.

 

Sie ging zu dem Mann hin, der die Abteilung angeführt hatte. „Das Pferd vor mir war lahm“, sagte sie vorsichtig. „Bei uns gibt es keine lahmen Pferde!“, antwortete der unwirsch. „Allen Pferden bei uns geht es sehr gut“, sagte er im Fortgehen noch. „Und übrigens, hast Du schon bezahlt?“, rief er, ohne sich umzudrehen.

 

Das seltsame Gefühl, das Polly von Anfang an in diesem Stall beschlichen hatte, verließ sie nicht. Daher war sie irgendwie erleichtert, als Papas Auto um die Ecke bog, um sie abzuholen. Polly wusste, dass sie hier niemals mehr hin wollte.

 

Sie warf einen letzten Blick auf die apathisch nebeneinander stehenden Pferde an der Stange und war traurig. Dann lief sie ihrer Familie entgegen.

 

(Fortsetzung folgt.....)

 

 

 

 


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