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Der Traum eines kleinen Mädchens...(149) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Mittwoch, 14. November 2012 um 11:47

 

Krank in der Seele und dann Traversale...

 

 

Pollys Eltern war es tatsächlich Ernst gewesen, dass die Vorkommnisse im Reitstall Hubertus für Heranwachsende nicht geeignet seien. Dass dauernd die Kriminalpolizei im Stall auftauchte und immer wieder Befragungen durchführte, konfrontierte die Stallgemeinschaft ständig mit den grausamen Leichenfunden. Da Polly und ihre Freundin das erste Skelett gefunden hatten, mussten die beiden ebenso oft ihre Aussagen wiederholen. Das war schließlich auch der  Grund, warum Pollys Eltern einen Schlussstrich unter die Sache ziehen und Ruhe haben wollten. Polly sollte weg aus dem Stall.

 

So sehr auch Polly mit guten Argumente dagegen sprach, Erfolg hatte sie nicht. Die Eltern hatten sogar schon einen anderen Reitstall am anderen Ende der Stadt gefunden und auch besucht. Es half alles nichts. Polly sollte sich den neuen Reitstall anschauen. Sie hatte keine Alternative - oder Beauty würde verkauft werden…

 

Polly fühlte sich regelrecht erpresst, von den eigenen Eltern. Neuer Reitstall, oder Pferd weg. Sie sollte gezwungen werden, den schönsten Ort der Welt, den sie fast täglich seit mehr als sechs Jahren besuchte, der ihr eigentliches Zuhause worden war, zu verlassen. Sie sollte von ihrem Lieblingsplatz und ihren Freunden Abschied nehmen.

 

Sie bekam Bauchschmerzen. Nicht eingebildete, sondern tatsächliche. Sie konnte nicht mehr essen, dem Unterricht in der Schule folgte sie nicht mehr. Aber das wussten ihre Eltern nicht. Die sagten ihr nur, wann man den neuen Reitstall aufsuchen werde. Ein paar Tage später wurde sie ins Auto gepackt – und ab ging es zum neuen Stall.

 

Der andere Stall war eine wahre Kaschemme, nichts da von neu oder modern. Die Pferde waren miserabel untergebracht, standen auf wenig Stroh, das bemerkten sogar die Eltern.  In einer Scheune standen leicht montierbare Boxen, lieblos nebeneinander aufgestellt. Es sah aus wie in einem Turnierzelt, nur viel, viel dunkler. Kaum Tageslicht. Polly konnte sich diesen Ort wirklich nicht als das neue Zuhause für ihre geliebte Beauty vorstellen. Tränen liefen ihr unaufhörlich über das Gesicht,  und ihr war es völlig egal, ob der Kerl, der sie herumführte, das sah oder nicht.

 

Nachher im Auto auf der Rückfahrt versuchten Pollys Eltern die positiven Seiten dieses Reitstalles hervorzuheben. Alles klang nicht mehr so überzeugt, eher dünn. Polly sah den berühmten winzigen Hoffnungsschimmer am Horizont.

 

An diesem Abend fiel noch keine endgültige Entscheidung über das Projekt "anderer Reitstall für Polly und Beauty". Als dann jedoch spät das Telefon klingelte, fiel ganz rasch eine Entscheidung.

 

Ausgerechnet die blöde Deutschlehrerin rief so frech und so spät noch an. Mama war am Telefon regelrecht geschockt. Sie sagte wenig, antwortete kaum, sie hörte nur zu. Die Lehrerin sagte ihr, dass die junge Schülerin nicht mehr in der Lage sei, am Unterricht teilzunehmen, dass Polly einen kranken Eindruck mache. Da habe die Lehrerschaft einfach den Alarmknopf drücken müssen, deshalb habe sie nun auch noch so spät angerufen. Pollys Mama sagte nur noch „ja“, „ja“ in den Hörer und dann „vielen Dank“ und „Gute Nacht“. Ohne sich mit Pollys Papa abzusprechen, verkündete sie: „Du darfst im Reitstall Hubertus bleiben."

 

Obwohl es schon sehr spät war, wurde eine riesengroße Ladung Spaghetti gekocht, und Polly aß, als hätte sie Ewigkeiten hungern müssen, was ja fast den Tatsachen entsprach. Das Bauchweh war wie weggeblasen. Morgen würde der erste Tag in ihrem Leben sein, an dem sie gerne zur Schule ging. Aber nur um der Deutschlehrerin für alles zu danken. Gleich in der großen Pause würde Polly sie im Lehrerzimmer aufsuchen und ihr alles erzählen. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht, würde die Lehrerin sogar verstehen, warum Polly so krank geworden war.

 

Diese überflüssige Aktion ihrer Eltern hatte alle viel Nerven gekostet. Das alles war nur passiert, weil Mama unbedingt ihre Pädagogik-Kenntnisse und das „Verantwortungsvolle-Mutter-Sein“ wieder einmal völlig übertrieben hatte.

 

Als ob Polly durch das Befragen durch Polizeibeamte einen seelischen Knacks bekommen würde. Polly war doch kein Baby mehr. Außerdem konnte man so etwas jeden Tag im Fernsehen erleben. Mama war immer so etepetete. Uncool !

 

Seitdem jedenfalls genoss Polly ihre Beauty und den Reitstall mit all ihren Freunden jeden Tag ganz bewusst. Fast mit Übereifer pflegte sie ihr Pferd und trainierte es, als ob sie an Olympischen Spielen teilnehmen wolle. Sie nahm Lektionen in Angriff, die der externe Dressurtrainer, Herr Weber, noch nicht einmal mit seinen Reitschülern in der Stunde übte.

 

Polly hatte sich schon immer bei den Großen viel angeschaut, zum Beispiel, welche Lektionen in Dressurprüfungen verlangt wurden. Ein Mal lauschte sie einer heftigen Diskussion zwischen Aggi und Gudrun, wobei es um „Seitengänge“ ging. Nicht nur im Schritt geritten, sondern auch im Trab und sogar im Galopp.

 

„Schenkelweichen“ kannte Polly schon. Hatte sie sogar schon einmal mit Beauty versucht. Dabei war das Wichtigsten, dass das Pferd in sich gerade blieb. Aber die Beine kreuzten sich bei jedem Schritt, egal welche Gangart. Schenkelweichen an der langen Seite verlangte, dass nur die Hinterbeine auf den zweiten Hufschlag geführt wurden. Die Vorderbeine blieben auf dem ursprünglichen Hufschlag an der Bande entlang. Das Pferd sollte also in einem Winkel von ca. fünfundvierzig Grad zum Hufschlag laufen und – wie gesagt – der Pferdekörper blieb dabei völlig gerade.

 

In der Diskussion mit den beiden Turnierreiterinnen, Pollys Vorbilder im Reitstall, ging es darum, dass es eine weitere Seitwärts-Lektion gab, die man Traversale nannte. Polly konnte heraushören, dass der Hauptunterschied zum Schenkelweichen darin bestand, das bei dieser Lektion das Pferd deutlich gebogen sein musste.

 

Als Aggi und Gudrun dann in die Reitbahn gingen, folgte Polly ihnen und stellte sich an die Bande. Sie konnte beobachten, dass beim Abreiten beide Reiterinnen ihre Diskussion fortsetzten. Kurz nach dem Lösen und dem ersten Aussitzen wollte die rechthaberische Gudrun doch tatsächlich der Aggi eine perfekte Traversale vorreiten. „Jetzt wird’s interessant“, dachte sich Polly.

 

Gudrun ritt im Schritt auf der linken Hand. Oben von „A“ aus bog sie auf die Mittellinie ab und ritt dann, wie beim Schenkelweichen, seitwärts nach links auf den Hufschlag zurück. Sie befand sich dann auf der rechten Hand.

 

Polly schaute genau hin. Was wollte Gudrun eigentlich? Das war doch Schenkelweichen, oder? Genau, da rief Aggi auch schon: „Schenkelweichen war das, keine Traversale!“

 

„Ich reite sie noch mal vor“, erwiderte Gudrun heftig und fügte hinzu, „achte doch mal auf den Pferdehals, der ist gebogen. Nein! Das ganze Pferd ist gebogen und zwar in die Bewegungsrichtung, also dorthin wohin ich reite. Das ist der Unterschied.“ Sie trabte an.

 

Wieder bog sie bei „A“ ab. Polly schaute nun auf den Hals von Burgos, nicht mehr auf seine kreuzenden Beine. Tatsächlich: Burgos war nach links gestellt. Entgegen dem Schenkelweichen war der Körper desWallachs nicht mehr gerade und parallel der Bande, sondern nach links gestellt. Außerdem fiel Polly dabei auf, dass die Vorhand von Burgos etwas vor den Hinterbeinen den Hufschlag erreichten. Gerade wollte sie laut in die Reitbahn rufen und Gudrun danach fragen, als Aggi übermütig in die Hände klatschte und ihre Reitkollegin anerkennend ihre Hochachtung verkündete: „Das war eine perfekte Links-Traversale."

 

Daran dachte Polly, als sie wieder unbeschwert das Training in „ihrer“ Reithalle aufnahm. Es klappte wenig. Nicht einmal das Schenkelweichen. Beauty ließ sich nicht einfach mit den Schenkeln herüberdrücken. Unwillkürlich zog Polly am linken Zügel und damit war Beauty nicht mehr in sich gerade, wie es sein musste. Aber Polly übte weiter. Es machte einfach Spaß. Nächste Woche wollte sie in der Lage sein, ein sauberes Schenkweichen einem Publikum vorzuführen. Mit ihrer Tinkerstute! Im Schritt und im Trab! Das würde sie schon schaffen.

 

(Fortsetzung folgt…)

 

 

 


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