Abritt - oder aus dem Leben des Tierarztes Dr. Peter Cronau (Teil 4) |
Geschrieben von: Peter F. Cronau/ dl |
Dienstag, 23. Januar 2024 um 13:20 |
Peter F. Cronau als deutscher Team-Tierarzt 1981 in Madrid beim spanischen CSIO neben dem spanischen König Juan Carlos (rechts) und Peter Weinberg, Hans Günter Winkler und Lutz Gössing (ganz links auf dem Foto). Wie sich Cronau erinnert, hatten spanische Offiziersanwärter vor dem Treffen des Königs mit der deutschen Spring-Equipe noch den im Hintergrund einsehbaren Hang im Galopp herunterzureiten... (Foto: privat) Der große Pferde-Ausbilder Dr. Uwe Schulten-Baumer (+ 2014) sagte mal: „Alles Wissen nützt nichts, man muss diesen Sport oder seinen Beruf auch mit einer blinden Passion betreiben.“ Das gilt auch für einen Tierarzt. Und gut werden in diesem Metier wird man nicht nur durch Lernen, Studium, Überliefertes, man muss sich auch selbst mehr als mit 100 Prozent einbringen. Freizeit ist für einen guten Veterinär nach wie vor ein Fremdwort. Wer sich anders orientiert, ist fehl am Platze. Und der Weg nach ganz oben ist wahrlich ebenfalls nicht leicht, wie Dr. Peter Cronau in seinen Erinnerungen über seinen Werdegang beschreibt. Das Studium der Veterinärmedizin ist breit aufgestellt. Von der Lebensmittelkunde bis zur Gynäkologie umfasst es 29 Prüfungsfächer. Während des gesamten Studiums habe ich Handball gespielt. Einerseits in meinem Heimatverein MTG Wangen, wo wir länderübergreifend in der Internationalen Bodenseeliga spielten. Erwähnenswert ist u.a., dass wir in Hohenems (Vorarlberg) waren, dorthin mit dem Fahrrad (35 km) anreisten, und uns in einer Metzgerei umzogen. Der eine oder andere Handballer fand zuhause eine Salami in seiner Sporttasche. Auf dem Heimweg ereilte uns einmal ein fürchterliches Gewitter, sodass wir uns in einem Bauernhof in Hörbranz unterstellen mussten. Im Jahr 1965 ereilte mich ein Sportunfall bei einem Heimspiel in Wangen. Ich wurde böse gefoult, als ein Gegenspieler mir in den Wurfarm griff. Ich kam ins Wangener Krankenhaus. Der Chefarzt Dr. Ferstl verpasste mir einen Thoraxgips mit einem Riemen über die rechte Schulter. Er meinte „das kriegen wir schon hin“. Dem aber war nicht so. Wegen der Sprengung des Schultereckgelenks und der erfolglosen Ersttherapie musste ich nach München in das Orthopädische Krankenhaus und wurde dort von Prof. Dr. Viernstein operiert. Eine Platte wurde auf das Gelenk geschraubt und eine Drahtimplantation (Kirschner-Draht) fixierte das Gelenk. Nach drei Monaten wurden die Implantate unter Lokalanästhesie entfernt. Im Zug nach Haus blutete die Wunde noch nach, vom Wundschmerz einmal ganz abgesehen. Damals war man eben nicht so zimperlich. Durch dieses ganz Procedere habe ich im Studium ein Semester und im Sport ein halbes Jahr verloren. Von der Stiftung Deutsche Sporthilfe wurden mir als Ausgleich 500 DM überwiesen. Die 60-iger Jahre sind gekennzeichnet durch aufregende politische Ereignisse. Einige seien hier sind hier aufgelistet:
Als klassischer 68-iger habe ich von 1963 bis 1969 an der Ludwig-Maximilian-Universität in München studiert. In diesen wilden Zeiten bin auch ich auf der Straße mitmarschiert, die von Rolf Pohle angeführt wurde. An die Slogans wie: „Bürger, lass das Gaffen sein, komm doch runter, reih Dich ein“ ebenso wie: „Kiesinger (NSDAP-Mitglied ab 1933-1945, Bundeskanzler von 1966 -1969) heißt er, das ganze Volk bescheißt er“ auf den Protestmärschen kann ich mich noch gut erinnern. Pansenasft von einer Kuh Schon während der klinischen Semester bemühte ich mich um eine Doktorarbeit. Ich fand in Prof. Dr. Gerrit Dirksen einen Doktorvater. Mein Thema: „Das Red-Ox Potential im Pansen des Rindes unter Nachweis der Methylenblau-Probe“. Dazu musste ich regelmäßig Pansensaft von einer "Versuchskuh" gewinnen und untersuchen. Ich habe seinerzeit 23 Diagramme anfertigen müssen, die ich von einem Architekten zeichnen ließ. Die Arbeit war sozusagen fertig. Dann bekam der Doktorvater einen akademischen Ruf zur Justus-Liebig-Universität nach Gießen und verließ seine Obliegenheit mir gegenüber, was das Ende dieser Arbeit bedeutete. Außer der aufwändigen Zeit waren mir Kosten in Höhe von 2.300 DM entstanden, die ich in den Wind geblasen hatte... Bei Dieter Breuer zuerst abgeblitzt... Für meinen Berufswunsch „Pferdetierarzt“ existierten seinerzeit in Deutschland nur wenige von mir ausgesuchte Assistentenplätze. Bevorzugt war für mich eine Stelle bei Dr. Breuer, der einerseits die Rennbahnen Daglfing und Riem betreute, andererseits als Pferdechirurg im Stall operierte. Bei meiner ersten Anfrage wurde mir geantwortet, dass die Assistentenstelle besetzt sei. So musste ich mich anderweitig bemühen. Über meinen Vater, der im Raum Frankfurt einen Personenkreis kannte, wurde mir eine Assistentenstelle bei Dr. Klöppel angeboten, der als Rennbahntierarzt in Frankfurt-Niederrad arbeitete und eine ambulante Pferdepraxis führte. Außerdem war er Tierarzt des Frankfurter Zoos. Ich hatte eine feste Zusage für den 1. Januar 1970. Wie das Schicksal es wollte, traf ich auf einer Studentenparty bei einer Kühne-Tochter aus Hamburg und Sabine Schlosser – einer Reemstma-Tochter aus Wangen - im "Arabellahaus" in München einen gewissen Lorenz Lapperger. Der war Pharmareferent und besuchte seinerzeit die Tierärzte in Bayern. Er machte mich darauf aufmerksam, dass eine Assistentenstelle bei Dr. Breuer frei geworden wäre, weil er seinen Assistenten Dr. Z. fristlos gekündigt hatte. Später wurde mir erklärt, warum er unbürokratisch gekündigt wurde. Dr. Z. kastrierte auf der Trabrennbahn im Stehen einen Traberhengst. Schon während des Eingriffs bekam der Hengst einen Darmvorfall, den Dr. Z. nicht im Stehen reponieren konnte. Dr. Z. war auch nicht vorbereitet, das Pferd vor Ort in Narkose zu legen. Er fuhr zurück in die Praxis in Feldkirchen und holte sich neben dem Wurfzeug zum Ablegen die Utensilien für die Vollnarkose. Als er im Stall ankam, stand der Hengst mit seinen Füssen im Darm, was zu einer spontanen Euthanasie führen musste. Das Pferd gehörte dem bekanntesten Gynäkologen Münchens von der Frauenklinik am Tivoli. Anlässlich der Besprechung des Vorfalls mit Dr. Geisenhofer und dessen Ehefrau Rosemarie (damaliger Münchner Spitznamenjargon: Blattnerrosl) kam es wohl zu ziemlich starken Wortauseinandersetzungen, wobei Dr. Z. den Humanmediziner beschimpfte und sagte: „Was macht Ihr denn, Ihr schiebt die Leichen doch einfach aus dem OP hinten raus...“ Das war gleichzeitig das „Todesurteil“ für den Assistenten Dr. Z. Ich machte mich noch vor Weihnachten 1969 auf, stellte mich bei Dr. Breuer vor und bekam die Stelle zum 1. Februar 1970. Ich war sehr zufrieden, zumal Dr. Breuer eine anerkannte Koryphäe war und ich eine tolle Perspektive zum Lernen hatte. Mein Gehalt betrug 1.000 DM im Monat. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen. Irgendwie hatten die Tugenden „Treu und Glaub“ damals noch eine Bedeutung.
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