Sie befinden sich hier: Home Porträts Abritt - oder aus dem Leben des Tierarztes Dr. Peter Cronau (Teil 5)

Wer ist Online

Wir haben 8767 Gäste und 1 Mitglied online

Suche

Anzeige

Anzeigenschaltung

Google Translate

German Chinese (Simplified) Chinese (Traditional) Czech Danish Dutch English French Galician Greek Hungarian Italian Japanese Norwegian Polish Portuguese Romanian Russian Spanish Swedish Turkish Ukrainian

Zugriffe seit 16.09.2009

Anmeldung



Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Fotoanfragen über KHFrieler@aol.com

Anzeige

Banner

Anzeige

Banner
Anzeige



Abritt - oder aus dem Leben des Tierarztes Dr. Peter Cronau (Teil 5) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Peter F.Cronau/ dl   
Montag, 29. Januar 2024 um 18:27

(Foto: privat)

Bei der Generalversammlung des Reiterweltverbandes (FEI) 1993 in Rio de Janeiro wurde auf Wunsch von Präsidentin The Princess Royal Anne das schmerzhemmende Mittel Equipalazone als Doping auf die Liste gesetzt und somit verboten. Auf dem Foto überreicht Dr. Peter Cronau als Präsident der FEI-Tierärztekommission Prinzessin Anne symbolisch das „letzte Beutelchen Buta“. Die bahnbrechende Wende war jedoch nicht unumstritten, so sagte Prinz Philip, vor seiner Tochter Anne FEI-Präsident, wenn er „Rücken habe, gönne er sich auch eine Alka-Seltzer-Pille...

Seine erste Arbeitsstelle trat Dr. Peter F. Cronau am 1. Februar 1970 in München an bei Dr. Dieter Breuer. Es waren echte Lehrjahre, viel echte Handarbeit, die Technik noch vom heutigen Stand meilenweit entfernt. Aber vielleicht wurde PFC deshalb zu einem Pferdedoc mit internationalem Ruf, weil es auf die Person und das Gefühl noch stärker ankam als heute.

 

Dr. Dieter Breuer war als schwierig bekannt, mir zu jenem Zeitpunkt egal, Hauptsache, ich konnte genug lernen. Am 31.Januar 1970 wurde im Kreise von Freunden und Wegbegleitern der Abschied vom Studentenleben ordentlich gefeiert. Das endete mit einem einem ordentlichen Kater - am ersten Tag meines neuen Arbeitsplatzes.

Breuer und ich fuhren zu einer Kehlkopfoperation des Trakehner Nachkommens „Maharadscha“ (Abdullah, gezogen aus eine Maharadscha-Tochter. Silbermedaillengewinner Einzel und Mannschaftsgoldmedaille 1984 in Los Angeles Olympische Spiele mit Conrad Homfeld/ USA) in einen Stall in Oberbayern. Währende des Eingriffs musste ich zweimal mich entfernen, um meinem Brechreiz zu genügen. Am Abend sagte Dr. Breuer zu seiner Frau: „Den Neuen können wir wohl nicht behalten, der kann kein Blut sehen.“ Ich wusste ja, warum ich brechen musste.

Die Spannung zwischen meinem Arbeitgeber und mir legte sich bald, zumal ich arbeiten musste wie ein Tier. Nach heutigen Vorstellungen kaum glaubhaft, aber es war so. In einer Periode habe ich 14 Wochen am Stück durchgearbeitet und an 85 Renntagen den Rennbahndienst versehen, der in München-Daglfing Donnerstag-Abend und Sonntagnachmittag tierärztlich betreut werden musste.

Der Chef beim Essen – ich bei verletzten Pferden

Meinen Zugang zum Springsport gewann ich beim Oktoberfest 1970. Traditionsgemäß fand während des Oktoberfests damals das Zentral-Landwirtschaftsfest auf der Theresienwiese statt. Zeitgleich gab es ein Springturnier, bei dem sportliche Größen teilnahmen. An einem Abend saß Dr. Breuer mit einem seiner besten Kunden Hauke Schmidt zum Abendessen beim Münchner Promigriechen Costa. Wegen eines unglaublichen Gewitters mit Überflutungen der Theresienwiese und den Stallzelten standen die Pferde in den Zelten im Wasser. Einige hatten sich losgerissen und verfingen sich in den Zeltschnüren mit entsprechenden Abschürfungen und blutenden Verletzungen. Dr. Breuer war beim Essen, ich war gefragt. Es wurden Kanäle zur Entwässerung und Beseitigungen der Überflutungen gezogen, die Pferde wurden beruhigt, einige Verletzungen wurden behandelt und genäht. Der Reiter Bernd Kuwertz hat mir bei seinen eigenen Pferden und auch bei der problematischen Organisation geholfen. Bernd nahm später übrigens in meinem Berufsleben eine schicksalshafte entscheidende Rolle ein.

Nachdem sich die Wogen auf der Theresienwiese etwas geglättet hatten, fuhr ich zu dem besagten „Griechen“. Dr. Breuer und sein Kunde hatten gar nichts von dem Desaster auf der Theresienwiese mitbekommen, für mich war aber die Küche des Kochs bereits geschlossen...

Als junger Tierarzt stand ich voll im Saft und kann von einigen Erlebnissen berichten. Der Pferdebesitzer zum Beispiel Arno E. war Zahnarzt von Beruf, und wie es das Schicksal wollte, hatte ausgerechnet sein Pferd „Barrymore“ ein Zahnproblem mit einem Backenzahn im Oberkiefer. Der musste gezogen werden. Also wurde das Pferd im Stall in Vollnarkose gelegt werden, was ich allein mit dem Pferdebesitzer vornahm. Der Backenzahn musste vom Maul aus extrahiert werden. Ich wusste – nach einer alten Empfehlung, dass der Zahn im Zahnfach zunächst lange gelockert werden musste und zwar solange, bis es quatschte. Dieses Geräusch entsteht, wenn die Alveole bereits mit Blut gefüllt ist. Der Zahnarzt sah mir lange zu. Er wurde jedoch zusehends ungeduldiger, bis er sagte: „Lass mich mal“. Er ergriff die Extraktionszange und trat zur Tat an. Es machte Knack und der Zahn war abgebrochen. Das machte eine äußerst schwierige Wurzelextraktion des abgebrochenen Backenzahns zusätzlich erforderlich...

Dr. Breuer war chronisch unpünktlich, was ihm auf der Rennbahn den Spitznamen „Der Mittagstöter“ einbrachte. In einem Fall schickte er mich vor, um gemeinsam ein Pferd mit Kehlkopfpfeifen am Forsthaus Grünwald zu operieren. Dort standen u.a. auch Pferde von Volker Schlöndorf und Oberst Harald Momm (Chef d’Equipe Olympische Reiterspiele 1956 in Stockholm), der sein Pferd „Schwalberich“ auch eingestallt hatte. Die Schwester des Restaurantpächters (Herr Adam) war mit Manfred Tabken verheiratet. Dieter Breuer sagte zu meinem Auftrag: „leg das Pferd schon mal hin, ich bin um 15 Uhr vor Ort“. Wer nicht kam, war Dieter Breuer, das Pferd aber lag schon in Vollnarkose. Was blieb mir also: Ich fing an, das Pferd zu operieren. Bis der Chef kam, war ich fertig. Das nahm er einfach hin.

Die Erfindung des „Ein Jupp“

Die Narkose wurde damals mit einem intravenösen Barbiturat ausgeführt, was je nach Tiefschlaf dosiert wurde. Es wurde in Gramm eingegeben, grammweise intravenös nach Wirkung. Es war bekannt, dass das postoperative Aufstehprocedere umso komplizierter wurde, je länger die Injektionsnarkose dauerte und je höher die Dosierung erforderlich war. Zwölf Gramm i.v. waren schon eine kritische Grenze. Je mehr Narkotikum verabreicht wurde, umso unruhiger wurde der Operateur Dr. Breuer, gegen 12 Gramm begann er nervös zu werden, was sich exponentiell steigerte und das Operationsgeschehen keine entspannte Stimmung mehr erlaubte. Im Gegenteil, es wurden alle immer hektischer. In Kenntnis dieser psychologischen Eskalation griff ein Anästhesist zu einer Notlüge, Wenn vier Gramm verabreicht wurden, sagte er zu Dr. B. auf dessen Frage: „wieviel hat er?“ Antwort: „Ein Gramm.“ Bei 12 Gramm sagte der Anästhesist: „Vier Gramm.“ So kamen wir Mitarbeiter in Anerkennung auf den Erfinder Jupp H. zur Erfindung: Vier Gramm Thiogenal gleich „Ein Jupp“. Operateur Dr. Breuer war sichtlich zufrieden und viel ruhiger, wenn er erfuhr, dass der in Narkose liegender Patient vier Gramm drin hatte – in Wirklichkeit aber 12 Gramm. So konnte der operative Eingriff entspannt beendet werden.

Ohne die wirklich fachlichen Qualitäten des Herrn Dr. Breuer schmälern zu wollen, musste sich man beim Operieren schon mal ducken, weil Instrumente in Kopfhöhe durch den OP flogen. Natürlich waren das damals andere Zeiten. So hatten wir zum Röntgen eine alte Zahnarztkugel. Ultraschall und flexibles Endoskop existierten damals noch nicht. Die Narkose wurde sensorisch durch Beobachtung des Patienten, Pulsfühlen mit den Fingerspitzen, Monitoring der Atmung überprüft. Nachdem in heutiger Zeit sozusagen alles digital überwacht wird, geht den jungen Tierärzten mehr oder weniger die Patientennähe oft ab. Sie schauen mehr auf den Monitor als auf den Patienten. Hier sei ein englisches Sprichwort angeführt: „Do not look into the files, look into the eyes”.

München wurde für das Jahr 1972 als Olympiastadt gewählt, was in der bayerischen Metropole zu unglaublichen Baumaßnahmen, Umleitungen und Verkehrsbedingungen führte. Die sogenannte Pre-Olympic Games respektive die Reitsportdisziplinen wurden getestet, die Klinik Dr. Breuer betreute das gesamte Pferdefeld. Ottokar Pohlmann war für die Cross-Country Strecke in Poing bei München verantwortlich. Eine neue Pferdeklinik war auch gebaut worden. Ich stand unter anderem an der Militarystrecke (heutige Bezeichnung: Cross-Country) am Ende der Rennbahn und musste in der Zwangspause auch das eine oder andere Pferd aus dem Wettbewerb herausnehmen. In München hieß die heutige Vielseitigkeit noch Military, der olympische Wettbewerb 1972 setzte sich zusammen aus 3.600 m Wegestrecke, Steeplechase über 3,600 m auf der Rennbahn, 15.200 m Wegestrecke und 8.100 m Cross mit 36 Hindernissen.

An den Olympischen Spielen 1972 kam es durch das Attentat am 05. September zu einem furchtbaren Durcheinander. Die Hochzeit mit Sigrid war für den 6. September in Wangen geplant, aber unter den chaotischen und bedauernswerten Umständen war uns nicht mehr so sehr an einer harmonischen Heirat für diesen wunderschönen Anlass zumute.

(Fortsetzung folgt)

 

 

 


Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>