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Martin Richenhagen - der Leitwolf... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 27. November 2024 um 16:40

Martin Richenhagen

(Foto: privat)

Prof. Dr. Martin Richenhagen (Foto) war Vorstandsvorsitzender des Agrar-Weltkonzerns AGCO (25.000 Mitarbeiter, 10 Milliarden US-Dollar Umsatz), ist Mitglied der Aufsichtsratsgremien u.a. bei Stihl, Daimler und Linde, ritt selbst bis St. Georg, züchtet, war Turnierveranstalter in Bonn, 19 Jahre internationaler Dressurrichter, FEI-Steward und 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking Equipechef der deutschen Dressur-Mannschaft

Überheblichkeit ist ein Fremdwort für ihn, und so war er durchaus nicht sicher, bei der entscheidenden Wahl zum Präsidenten der deutschen Reiter am 26. November gewählt zu werden, „denn man weiß nie“, sagt er. Und vor allem in Warendorf nicht beim Verband, wo sich in den letzten Jahren meist oder fast immer alles anders drehte als vorhergesagt, auch gegen klar Denkende oder Vorausschauende.

Anders die Einladenden zum Züchterabend und Thema „Quo Vadis Pferdesport“ am 09.Dezember in den Gasthof Mersbäumer in Ostbevern. Die dortigen Organisatoren hatten bereits einen Tag vor der Entscheidung in Warendorf auf den Flyer als Referenten u.a. neben der Dressur-Ausnahmereiterin Isabell Werth ganz oben auf die veröffentlichte Liste "Prof. Dr. Martin Richenhagen, FN-Präsident" drucken lassen.

Der gebürtige Mülheimer wurde dann mit überwältigender Mehrheit von 177 Stimmen (96 Prozent) der Mitgliederversammlung gewählt, bei zwei Enthaltungen und acht Neins. Richenhagen: „Damit hatte ich nicht gerechnet.“

Einen Tag später bereits bei FN

Am nächsten Morgen um 8 Uhr war er bereits in der FN-Zentrale. Der Noch-Generalsekretär Sönke Lauternbach „hatte mir ein Büro gleich neben seinen Räumen zugestanden“. Der frühere CEO von AGCO sprach mit verschiedenen Abteilungen und mit dem Betriebsrat. Richenhagen brennt, das merkt man. Er füllt den Posten mit Leben. Einer wie er kann sich nicht mit sicherlich interessanten Aufgaben in zehn Aufsichtsräten wie Daimler Benz, Linde oder Stihl, zufrieden zurücklehnen. Richenhagen braucht Aufgaben, und vor allem am und mit dem Pferd. Und außerdem, er muss dorthin geholt werden, wo er auch etwas bewirken kann.

Die Aktiven haben das längst erkannt. So wurde er vor zwei Jahren in einem gemeinsamen Brief des Internationalen Dressur- und Springreiter-Clubs angeschrieben. In dem Papier heißt es u.a. „ ...Als offizielle Vertreter der Spring- und Dressurreiter, einer der wesentlichen Protagonisten des internationalen Pferdesports, wenden wir uns mit einer substanziellen Bitte an Sie. Die aktuellen Entwicklungen der letzten Wochen und Monate haben uns deutlich gezeigt, dass die so wichtige Stimme der Sportler oft ungehört blieb. Wir als die offiziellen Vertreter der Athleten haben direkten Einfluss auf die wichtigsten direkten Entscheidungen in unserem Sport. Gleiches gilt für die internationalen Turnierorganisatoren, die den Sport erst möglich machen. Sowohl Veranstalter als auch die Reiter finanzieren die FEI zu einem erheblichen Teil durch ihre Gebühren und Beiträge. Dieses grundsätzliche Problem sorgt schon seit längerem für ein hohes Maß an Unzufriedenheit und Frustration bei den Betroffenen. Auch wenn die genannten Stakeholder in die jeweiligen Entscheidungsprozesse eingebunden sind, haben sie dennoch kein ihrer Bedeutung entsprechendes Mitbestimmungsrecht…“

Es geht auch um das Pferd

Es geht Martin Richenhagen auch um das Pferd. Als vor einigen Monaten die Dressur schwer gegeißelt wurde und in den sozialen Medien nur noch unschöne Videos kursierten, sagte der gebürtige Rheinländer mit deutscher und us-amerikanischer Staatsangehörigkeit: Weder der Dressurausschuss, noch die internationalen Vertretungen der aktiven Reiter und Richter haben den Ernst der Lage erkannt. Anstatt endlich klare Kante zu zeigen und gründlich aufzuräumen, erregt man sich über die vielen engagierten Zuschauer, die auf Missstände aufmerksam machen, und versucht, diesen den Mund zu verbieten. Es ist an der Zeit, den Schutz unserer Pferde endlich wirklich Ernst zu nehmen. Wir brauchen Richter, die das Fachwissen haben, falsch ausgebildete Pferde zu erkennen und entsprechend zu bewerten, anstatt sich von exaltierten Vorstellungen blenden zu lassen. Die Zeiten der Lippenbekenntnisse und Verharmlosungen sind endgültig vorbei. Die Gesellschaft und die engagierten Tierschützer lassen sich nicht weiter täuschen und wissen heute mehr als mancher Richter oder Funktionär. Es ist an der Zeit, dass sich Reiter, Richter, Trainer und Funktionsträger ernsthaft ehrlich machen und Missstände beseitigt werden.“

Wer etwas bewirken will, braucht den entsprechenden Platz, den richtigen Ort und den dazu gehörenden Rang. Beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), das von Dr. Thomas Bach geleitet wird, sind 69 Föderationen gebündelt, deutsche Sportführer sind bis auf Bach generell kaum, wenn überhaupt, irgendwo im großen Sport ganz oben anzutreffen.

Die Federation Equestre Internationale (FEI) mit Französisch als offizieller Sprache wurde am 24. November 1921 in Paris offiziell von den nationalen Verbänden aus Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Japan, Norwegen, Schweden und den USA gegründet, Deutschland kam erst 1927 dazu. Der FEI gehören die Föderationen von 133 Ländern an. In der Historie wurde bisher erst einmal ein Deutscher an die Spitze gewählt, für ein Jahr von 1935 auf 1936 General-Major Baron Max von Holzing-Berstett aus Karlsruhe im Hinblick auf die Olympischen Spiele 1936 in Berlin.

Deutsche oben kaum zu finden

Ganz nahe dran am höchsten Amt war Dieter Graf Landsberg-Velen, FEI-Vize von 1979 bis 1990. Als dann kurz vor der Hauptversammlung 1982 durchsickerte, die Delegierten könnten sich durchaus den Schlossherrn aus Balve als neuen Chef vorstellen, erklärte Prinz Philipp autoritär nach seiner Art, dann hänge er eben vier weitere Jahre dran. So bereitete er die Nachfolge für seine Tochter Anne als FEI-Präsidentin (1986 – 1994). Er hatte nämlich wohl nicht vergessen, dass Graf Landsberg-Velen 1974 nicht seinem Beispiel gefolgt war, um wie in Großbritannien im Handstreich auch in Deutschland eine bestimmte Anzahl von Springreitern zu Profis zu erklären und sie damit, wie es die damalige Olympische Charta befahl, von Olympia auszuschließen.

Fast einmal beinahe oben

Im Dunstkreis der Mächtigen des Reitsports war Martin Richenhagen vor drei Jahren auch schon einmal. Er hatte sich um den Sitz im Dressurausschuss des Weltverbandes beworben, gewählt wurde er nicht. Dafür die bis heute nicht gerade groß aufgefallene Mexikanerin Maribel Alonso.

Doch jetzt hat er automatisch einen Platz im Weltverband als Präsident der deutschen Reiterlichen Vereinigung. Aber eben nur bis Anfang Mai nächsten Jahres. Er gilt bis dahin als Interims-Präsident. Im Mai 2025 wäre nämlich die Zeit des zurückgetretenen Präses Hans-Joachim Erbel offiziell abgelaufen.

Die nächste Jahreshauptversammlung mit Wahlen findet in Aachen am 5./ 6. Mai 2025 statt. Martin Richenhagen: „Natürlich trete ich an. Ich möchte etwas erreichen, dazu wären die Monate bis Mai nicht ausreichend. Ich will vor allem das Finanzsystem in Ordnung bringen und bewirken, dass Reitsport in Deutschland wieder mehr Zulauf erfährt.“

Bei der letzten Veröffentlichung der Mitgliedszahlen deutscher Sportverbände vermerkte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bei den großen Föderationen nur bei der deutschen Reiterlichen Vereinigung einen Rückkgang...

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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