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Geschrieben von: Jens Weinreich/ dl |
Mittwoch, 25. September 2024 um 15:01 |
Jens Weinreich, einer der bekanntesten deutschen Whistleblower im internationalen Sport, erinnert in seinen „Sport & Politics“ an eine der peinlichsten gescheiterten Bewerbungen zur Ausrichtung Olympischer Spiele in Deutschland. Für Gourmets, olympische Bildung vom Feinsten: Zum 31. Jahrestag der zweitpeinlichsten deutschen Bewerbungspleite am 23. September 1993 (nur übertroffen von Micky Mronz, der einst mit dem IOC "verhandelte" und nicht wusste, dass der Zug für 2032 abgefahren war). Der 23. September 1993. Unvergessen! Ein sportpolitisches Highlight. Berlins Scheitern bei der Wahl des Gastgebers der Olympischen Spiele 2000 - mit jämmerlichen 9 Stimmen auf der IOC-Session in Monaco. Und deshalb präsentiere ich Ihnen eines der lustigsten und vielleicht sogar lehrreichsten Dokumente aus meinem Archiv, das einen Großteil der Akten aller sieben seit 1986 gescheiterten Olympiabewerbungen enthält. Lohnt sich immer wieder, den Bericht des Rechnungshofes über die Prüfung der Vergabe von Zuwendungen durch die Senatskanzlei an die Berlin 2000 Gesellschaft zur Vorbereitung der Olympischen Spiele mbH in den Haushaltsjahren 1991 bis 1993 sowie die Prüfung der Betätigung Berlins bei diesem Unternehmen vom 22. August 1996 zu lesen. Olympia 2040, die Deutsche Einheit und Olaf Scholz: da lacht das "Bärchen" Warum Deutschlands Olympiaofferte eine sogenannte Bewerbung ist. Über Kanzler Olaf Scholz und die Merkwürdigkeiten in Hamburg. Über Nancy Faeser, den ahnungslosen Michael Mronz, die SPD-Kamarilla, alte und neue Berater, ewige Skandale, Dokumente, Peinlichkeiten und den Märchenerzähler Hendrik Wüst. Bericht des Landesrechnungshofes? Warum der Quatsch aus dem vergangenen Jahrtausend, Nun ja, vor allem deshalb: Weil die Möchtegern-Bewerber aus Berlin 31 Jahre später kaum schlauer und professioneller agieren. Der Landesrechnungshof rügte damals die Verschleuderung von öffentlichen Mitteln während der Berliner Olympiabewerbung 2000. Es wurden weitgehend unkontrolliert 51.305.684,12 DM verpulvert: • 40,3 Millionen aus dem Berliner Haushalt und weitere elf Millionen vom Bund. Niemand wurde für diese "Unkultur im Umgang mit öffentlichen Mitteln" je zur Verantwortung gezogen. Einige Kernaussagen aus dem Bericht des Berliner Rechnungshofes lesen sich wie eine Kopie eines Prüfberichts zur Leipziger Olympiabewerbung 2012 bzw. umgekehrt: Eine erhebliche Einschränkung der Erkenntnismöglichkeiten ergab sich auch dadurch, dass der Geschäftsführer der Olympia GmbH Akten der Gesellschaft hatte vernichten lassen (sog. Reißwolfaffäre). Ein Teil der Unterlagen existierte nicht, in der Mehrzahl der Fälle lagen nicht einmal schriftliche Verträge vor. Von den stichprobenweise geprüften Fremdleistungen im Wert von 17,2 Millionen DM lagen jedenfalls nur für Leistungen im Wert von 3,8 Millionen DM (das sind 22 v.H.) Vertragsdokumente vor. Soweit vertragsbegründende Unterlagen wie Angebote, Schriftwechsel über Preisverhandlungen, Aufträge und deren Änderung nicht aufbewahrt wurden oder nicht erstellt worden sind – und das gilt für den weit überwiegenden Teil der geprüften Fremdleistungen –, konnte die Olympia GmbH auch nicht den Nachweis vertragsgemäßer Lieferung und Leistung erbringen. Die Bescheinigung der sachlichen Richtigkeit auf den Rechnungen – soweit vorhanden – allein ist nicht ausreichend. Der Geschäftsführer hat sogar Millionengeschäfte mündlich abgeschlossen. Besonders lesenswert, Punkt 124: Die Olympia GmbH hat keine privat finanzierte Olympiabewerbung durchgeführt, sondern fast ausschließlich Steuergelder für diesen Zweck verwendet, und zwar im Umfang von über 50 Millionen DM. Werden statt einer durchaus denkbaren privaten Finanzierung öffentliche Mittel eingesetzt, unabhängig in welcher Form, ist mit diesen vom Steuerzahler aufgebrachten Geldern besonders sorgfältig zu wirtschaften. ** Die Verwendung dieser Mittel darf in keinem Fall der parlamentarischen Finanzkontrolle entzogen sein. Somit verbietet es sich auch, den Begriff der Wirtschaftlichkeit neu zu definieren und jedwede allgemeine sinnvolle oder auch nur vertretbare Mittelverwendung für die Olympiabewerbung als wirtschaftlich anzusehen. ** Der Rechnungshof verkennt nicht den politischen Stellenwert, den die Olympiabewerbung gehabt hat. Dieser rechtfertigt aber nicht, die Verwendung der Mittel letztlich nach dem Grundsatz “Der Zweck heiligt die Mittel” zu beurteilen. Mit 45 IOC-Stimmen hatten die Berliner in der ersten Runde gerechnet. Mindestens. 45 Stimmen bekam dann Sydney in der letzten Wahlrunde gegen Peking - und zwar nur, weil John Coates (noch bis Ende dieses Jahres Thomas Bachs Prätorianer im IOC und mit Brisbane 2032 beschenkt) in der Nacht vor der Wahl schnell noch zwei als korrupt bekannte afrikanische IOC-Mitglieder bestochen hatte: Generalmajor Francis Nyangweso aus Uganda und Charles Mukora aus Kenia. Olympia an Rhein Ruhr
Olympische Sommerspiele an „Rhein-Ruhr“, damit wird ja auch geflirtet. Vorneweg marschieren Michael Scharf un Michael Mronz. Michael Scharf ist Leistungssportdirektor im Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V., er war zuvor viele Jahre Leiter des Olympiastützpunkts Rheinland und Präsident des mehr schlecht als recht geführten Deutschen Verbands für Modernen Fünfkampf (u.a.). Ein typischer Multifunktionär - Berufsfunktionär und Ehrenamtler, ehemals WM-Teilnehmer. Scharf gilt durchaus als scharfer Denker, schaun mer mal. Die Zeitung General-Anzeiger aus Bonn veröffentlichte gedruckt und online (ausführlicher) ein Interview mit dem Sport-Lobbyisten Scharf, Unterzeile: "Der Funktionär spricht über Chancen für Olympia in NRW, die Medaillenausbeute von Paris und Probleme in Bonn".
Lustig, und das illustriert einmal mehr, was deutschen Olympiaträumern wirklich wichtig ist, wie stolz auch Scharf von Paris erzählt: "IOC-Präsident Thomas Bach ist bei unserem olympischen NRW-Abend im deutschen Haus vorbeigekommen. Das wird uns ganz sicher Rückenwind geben."
Viele Sportpolitiker und Funktionäre hierzulande spüren kein bisschen Wind mehr im Rücken als den Traum von Rückenwind aus Lausanne. Beten und hoffen.
Der Münchhausen-Test zu einigen Kernaussagen von Michael Scharf aus der gedruckten Variante des Interviews:
1) Zur Olympiabewerbung und Olympia in NRW
Scharf behauptet: "NRW hat bereits 85 Prozent der erforderlichen Sportstätten. Das Einzige, was fehlt, ist ein Olympiastadion. Aber ich könnte mir vorstellen, dass man für die Leichtathletik mit Berlin kooperieren könnte."
Die Behauptung der "85 Prozent" ist eine Behauptung. Belegt wird sie nicht.
Fakt ist: NRW ist jenes Mustersport-Land, das unlängst fast mit der Ausrichtung der Universiade 2025 gescheitert wäre, die doch als Testlauf für Olympia dienen soll. Die Landeshauptstadt Düsseldorf, wo der Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) unentwegt über Olympia fabuliert, musste als Veranstaltungsort der Universiade aussortiert werden. Schauen Sie mal, mit welchen Venues die Universiade einst von Stefan Klos und Proprojekt (die Leute/Monopolisten mit angeblicher Olympia-Expertise, die teilweise gleichzeitig für das IOC, den DOSB, das BMI und andere tätig waren und sind, aber noch nie mit Olympiabewerbungen erfolgreich waren) angeblich hochprofessionell geplant wurde - und wie die Notvariante jetzt aussieht: Und für das Universiade-Chaos zahlt der Bund im kommenden Jahr nochmal 36 Millionen Euro aus Steuermitteln. Dieselbe Summe soll angeblich auch NRW zahlen.
2) Zur Olympiabewerbung und zur "Reiterei" in Aachen
Scharf behauptet: "Wir haben in Aachen die Infrastruktur für die Reiterei, ohne dass wir zusätzlich investieren müssten. Dieses Paket findet man sonst nirgendwo."
Fakt ist: Der Bund investiert für die "Reiterei", also die Reit-WM 2026 in Aachen, mindestens 6 Millionen Euro aus Steuermitteln.
Michael Scharf weiß es entweder nicht, vielleicht lügt er oder er formuliert nur bewusst raffiniert: Denn er sagt ja "ohne dass wir zusätzlich investieren müssten". Dieses "wir" soll vielleicht NRW heißen, oder Sport - who knows. Scharfens "wir" kann auf keinen Fall "der Bund" heißen, sonst hätte er ja gelogen, und das macht er nicht, der Michael. Derlei Sportstätten-Investitionen des Bundes sind in der Regel eine Joint-Venture-Finanzierung mit Beteiligung von Kommunen und Ländern. Auf die Schnelle habe ich nicht gefunden, was NRW aus irgendwelchen Sportetats für Mronzens Reit-WM 2026 zuschießt.
Was mit aber Brother Google schnell ausspuckt: Dass der Tausendsassa Micky Michael Mronz, seit mehr als einem Vierteljahrhundert Chef des CHIO, vor einem Jahr von Investitionen in Höhe von 50 Millionen Euro u.a. für die Reit-WM sprach: "Vom Zukunftsfonds Rheinisches Revier haben wir eine Zusage in der Größenordnung von 20 Millionen Euro, weil es um Arbeitsplätze geht."
Auf der Webseite der Zukunftsagentur Rheinisches Revier findet man dazu eine Pressemitteilung zur Investition von 110 Millionen Euro in "wegweisende Sportvorhaben", darunter offenbar "40 Millionen Euro aus Fördermitteln für den Strukturwandel", wie der WDR berichtete: "Zum einen für den Bau einer neuen Reithalle für den Aachen-Laurensberger Rennverein."
Der Aachen-Laurensberger Rennverein wiederum ist mit einem Stammkapital von 297.000€ neben Micky Mronz (ebenfalls 297.000€) und der Niantic Holding GmbH (66.000€) Hauptgesellschafter der Aachener Reitturnier Gesellschaft mbH. Geschäftsführender Gesellschafter der Aachener Reitturnier Gesellschaft mbH ist Mronz. Gesellschaftervertrag der Aachener Reitturnier Gesellschaft mbH.
Im Impressum der WM-Webseite tauchen der Aachen-Laurensberger Rennverein e.V. und die Aachener Reitturnier GmbH auf. Einen Hinweis auf Bundesmittel und die beträchtliche Förderung des Bundes sucht man auf dieser Webseite übrigens vergeblich. Einen Finanzplan und eine Auflistung der öffentlichen Mittel aus anderen Kanälen findet man selbstverständlich auch nicht.
Michael Scharf interpretiert das so, ziemlich frech: "Wir haben in Aachen die Infrastruktur für die Reiterei, ohne dass wir zusätzlich investieren müssten. Dieses Paket findet man sonst nirgendwo."
3) Micky Michael Mronz und die Olympiabewerbung und die Sache des Herzens
Scharf sagt: "Ich glaube, dass eine erfolgreiche Bewerbung möglich ist, und ich freue mich sehr, dass die Landesregierung bei dem Thema auch auf das Gaspedal drückt und wir mit Michael Mronz ein IOC-Mitglied aus NRW haben, für den das Thema Olympia in NRW eine Herzensangelegenheit ist."
Fakt ist: Micky Michael Mronz und Scharf und andere sollten sich weniger mit Herzensangelegenheiten, als mal mit dem Thema von Interessenkonflikten befassen. Das BMI, der Bund, NRW, der DOSB sollten das schleunigst tun - und der DOSB sollte sein Interessenregister (immerhin gibt es so etwas!) auf Vordermann bringen.
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