Das Millionen-Spiel im Springreiten mit Sieg für das Stockholm-Team |
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Geschrieben von: Dieter Ludwig |
Sonntag, 24. November 2024 um 18:43 |
Der Reitsport galt bis vor einigen Jahren als „Sport der Wohlhabenden“, das änderte sich, aber nur kurz und anders. Reitsport spielt als Sport in der Öffentlichkeit kaum noch eine Rolle, und wenn die Sattelathleten nicht alle vier Jahre bei Olympia die erhofften Medaillen für Deutschland gewännen, wäre das Medien-Interesse an diesem Sport längst auf einer Stufe von Kegeln oder Badminton. Reitsport ist teuer, aber es fehlt auch an anderem, zum Beispiel an Helden. Als Hermann Schridde (+1985) zum Bundestrainer der deutschen Springreiter 1980 ernannt wurde, gab er als Erstes die Maxime heraus: „Es muss wieder etwas Besonderes sein, für Deutschland in einem Preis der Nationen zu starten.“ Da war der Film „...reiten für Deutschland“ mit Willi Birgel in der Hauptrolle aus dem Jahr 1941 längst im Archiv gelagert. Doch Schridde, selbst Mannschafts-Olympiasieger in Tokio 1964 und dazu Einzel-Zweiter, hatte die Knackpunkte erkannt, die da waren, nach Aachen oder La Baule oder andere Internationale Offizielle Turniere (CSIO) wollten viele, doch für kleine Turniere wie nach Polen beispielsweise, hatte er Mühe, eine Equipe nominieren zu können. Ostblockwährung wollte keiner, und Preisgeld konnte in keine Westwährung bei der Rückreise umgetauscht werden. Ein Hans Günter Winkler, damals das Idol der Nation, wäre niemals zur Verfügung gestanden, man hätte wahrscheinlich gar nicht gewagt, ihn zu fragen, ob er vielleicht mal nicht Freude hätte, um nach Allenstein in Polen mitzukommen. Er war ein Herrenreiter, wie man früher sagte, ohne Stallgeruch, aber doch ein Idol. Hans Günter Winkler (+2018) und auch Fritz Thiedemann (+2000) bleiben deutsche Sportheroen, „auf die Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder stolz sein durfte“ (Thiedemann). HGW 1955 und 1956 und Thiedemann 1958 wurden bisher von den deutschen Sport-Jourrnalisten als einzige Athleten der Sparte zu „Sportler des Jahres“ gewählt. Über ein halbes Jahrhundert her, wohlgemerkt. Doch der Reitsport hat sich aus dem Blickwinkel des täglichen Lebens fast unmerklich geschlichen, dazu kamen einige Skandale, das Pferd steht nicht mehr auf einem Sockel als Beispiel von Schönheit und edler Herkunft, eher als Sportgerät, und die Reiter sind inzwischen normale Menschen, eben ohne Pferd, Unternehmer mit Angestellten, täglichen Kosten, Angstgefühlen vor der Zukunft. Und bei den nationalen Föderationen oder gar dem Weltverband wird auch keine Fanfare geblasen als Zeichen der Rückkehr zu alter Geltung und Wertschätzung, im Gegenteil. Springen ist die Sonne, um die sich alles dreht. Dort werden inzwischen Preisgelder ausgeschüttet, davon können Dressurreiter oder jene aus der Vielseitigkeit nicht einmal sündhaft träumen. Und Millionen schüttet seit 2006 die sogenannte Global Champions Tour aus, und die Idee dazu hatte nicht ihr Turnierdirektor Jan Tops (63). Aber weiter entwickelt. Erfunden wurde die Tour 1991 von Paul Schockemöhle und dem Diamantenhändler Isaac Arguetty (USA), der Sieger sollte bei dem angedachten Finale in Frakfurt/ Main die für damalige Verhältnisse unglaubliche Summe von einer Million US-Dollar erhalten. Der Weltverband hintertrieb mit Schärfe und Drohungen die Idee. Der Niederländer Jan Tops, Mannschafts-Olympiasieger 1992 in Barcelona, sprang auf den Zug und entwickelte die Global Champions Tour, die 2006 begann. Er dachte die Idee von Schockemöhle und Arguetty bereits weiter, weltweit, schönste Orte, ein Preisgeld, dass sogar den Springreitern die Pupillen schimmerten, dazu auch noch alles für lau für Pferde, Pfleger und Entourage, egal wo. Er schloss einen Deal mit dem Weltverband (FEI), schloss Verträge mit TV-Anstalten und gewann betuchte Sponsoren für die Serie. Ebenfalls ganz schlau eingefädelt von Tops, Sohn eines Bäckers, dass er zu seinen Turnieren auch eine Crew von Tierärzten und Abzapfern für Dopingproben mitnahm. Inzwischen werden Millionen unter das Reitervolk geschüttet, von wo keine Beanstandung zu befürchten ist. Zum Beispiel wäre es unmöglich, wie in Monaco oder Cannes, irgendwo sonst ohne wahren Aufstand, Turniere der höchsten Preisklasse auf derart kleinen Plätzen zu veranstalten. Wer bezahlt, bestimmt eben. Basta. In diesem Jahr wurde die Serie mit Global Champions Tour und Global Champions League in 13 Ländern ausgetragen, 36 Millionen Euro gingen an die Aktiven. Beim sogenannten Finale Supercup für die Teamentscheidung und für den Super Grand Prix in Riad/ Saudi Arabien allein 11.310.000 Euro. Bereits bei den Qualifikationstirnieren kam die Damen-Equipe (Cannes Stars) mit den deutschen Reiterinnen Janne Frriederike Meyer-Zimmermann, Katrin Eckermann und Sophie Hinners sowie Kim Emmen (Niederlande), Sanne Thijssen (Niederlande) und Natalie Denan (USA) auf ein Preisgeld von zwei Millionen Euro, dazu gesellten sich 450.000 für den fünften Rang im Finale von Riad. Stockholm Hearts als Gewinnermannschaft mit Nicola Philippaerts (Belgien), Malin Baryard-Johnsson (Schweden) und Julien Epaillard (Frankreich) kassierte 2,5 Millionen, Shanghai Swans mit dem Briten Ben Maher, Daniel Deußer (Mechelen) und Max Kühner (Österreich) hatte aufgrund der Abwürfe von Elektric Blue von Kühner zwölf Fehlerpunkte am Ende, doch 1.5 Millionen Euro, die Sieger lediglich vier Miese in der Hindernislandschaft, aber eben eine Million mehr. Umgelegt auf Parcoursdauer waren die "Shanghai Schwäne" 14,7 Minuten im Finale im Parcours, das Siegertrio 11,2 Minuten. Schneller sind Millionen kaum eingenommen...
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