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Größe der Pferde verhindert angeblich in Wien die Gründung einer Polizei-Reiterstaffel... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Leopold Pingitzer/ DL   
Dienstag, 14. Januar 2020 um 15:12

Er ist und bleibt der bekannteste Polizei-Reiter der Welt: Klaus Balkenhol. Als Mitglied der Polizei-Reiterstaffel in Düsseldorf wurde er deutscher Meister, Welt- und Europameister sowie Olympiasieger. Hier auf Goldstern vor Jahren bei einem der damaligen großen Dressurturniere in Bad Salzuflen

(Foto: Jac Toffi)

 

Wien. Während fast überall in großen Städten immer mehr wirkungsvolle  Polizeireiterstaffeln geschaffen werden, blieb es in Wien nur bei einem Versuch. Aus geradezu lächerlichen Gründen wurde das Vorhaben vor einer Premiere beendet. Ein Kommentar von Leopold Pingitzer in ProPferd/At.

 

Die Tageszeitung ,Kurier’ hat letzte Woche allen Ernstes die Meldung verbreitet, wonach die Wiener Polizeipferde – die von Innenminister Dr. Peschorn vor kurzem in den endgültigen Ruhestand geschickt wurden – „zu groß für den Streifendienst“ gewesen wären. Kein Witz. Der Logik des Artikels folgend wären womöglich Haflinger oder Islandpferde als künftige Polizeipferde besser geeignet, denn damit wäre wohl ausgeschlossen, dass „der Reiter im Normalfall nicht vom Pferd steigen kann“, wie es im Artikel heißt.

Tatsächlich stammt dieses Zitat aus dem abschließenden Bericht einer Expertenkommission, die von Innenminister Dr. Wolfgang Peschorn eingesetzt worden war, um das Projekt ,Berittene Polizei’ zu evaluieren und eine Entscheidungsbasis über Einstellung oder Fortführung dieses Projekts zu erhalten. Das Zitat, das der ,Kurier’ so gründlich missverstanden hatte, findet sich auch in einer Ministerweisung zur Einstellung des Projekts, die wohl mehreren Medien zugespielt wurde. Darin heißt es wörtlich:

„Auf Grund der Größe der nach der Leistungsbeschreibung aus 2018 angeschafften Pferde könnten von diesen im normalen Streifendienst nur einfache Amtshandlungen ausgeführt werden, da der Reiter im Normalfall nicht vom Pferd steigen kann. Daher müssten anlassbedingt weitere Einsatzkräfte einer Amtshandlung beigezogen werden.“ Dies ist eines von insgesamt zehn angeführten Argumenten, die lt. Expertenkommission gegen die Fortführung der berittenen Polizeieinheit sprechen (während nur zwei Argumente pro Polizeireiterstaffel ausgemacht werden konnten).

Selbst wenn man berücksichtigt, dass die – offenbar reichlich überforderte Expertenkommission – nur zehn Tage für das Verfassen ihres Berichts zur Verfügung hatte, muss man deren Ausführungen leider als höchst mangelhaft, oberflächlich und einseitig beurteilen, kurz: als unrühmlichen Schlusspunkt eines Projekts, das in der medialen Öffentlichkeit leider großteils völlig unsachlich und faktenbefreit behandelt worden war. Offenbar musste daher auch der Schlussbericht entsprechend ausfallen – für den sich die Experten, wie man hört, nicht einmal die Zeit genommen hatten, sich die Reiterstaffel vor Ort anzusehen und mit Ausbildern und Mitgliedern persönlich zu sprechen – was sicher manche Fehlannahmen und Missverständnisse verhindert hätte.

Hätten sich die Experten die Mühe gemacht, sich ein wenig näher und sachorientierter mit der Materie zu befassen, dann hätten sie bereits im sogenannten ,Umsetzungskonzept’ nachlesen können, dass es zu den absoluten Grundregeln berittener Polizeieinheiten gehört, dass Pferd und Reiter stets als EINHEIT zu betrachten sind und der Reiter daher auch niemals – es sei denn in absoluten Notfällen – von seinem Pferd absteigen DARF. (Ebenso wie der Führer eines Polizeihundes oder eines Drogenspürhundes diesen nicht einfach irgendwo anbinden und sich von ihm entfernen darf.) Nur als Einheit können Pferd und Reiter auch ihre sicherheitstechnischen Vorteile ausspielen, für die sie in vielen Ländern der Welt so geschätzt werden.

Konkret heißt es dazu im Konzept: „Amtshandlungen werden grundsätzlich vom Pferd geführt. Im Einsatz ist ein Absteigen vom Pferd nur vorgesehen, wenn es unbedingt erforderlich ist (z. B. Leistung von Erster Hilfe oder in Nothilfe-Situationen). Ebenso darf das Pferd dabei – außer bei Gefahr im Verzuge – nur einem anderen Exekutivbediensteten übergeben werden. Die Verfolgung und die Anhaltungen von Straftätern erfolgen vom Pferd, allenfalls sind andere Einsatzmittel beizuziehen.“ So wird es auch in sämtlichen Polizeireiterstaffeln der Welt gehandhabt. Auf den absurden Vorwurf, dass die Reiter im Dienst aufgrund der Größe der Pferde nicht von ihren Vierbeiner absteigen KÖNNEN, brauchen wir hier wohl nicht näher eingehen – dümmer geht’s nimmer!

Während die Expertenkommission nur magere zwei Pro-Argumente für die Fortführung der berittenen Polizei ins Treffen führte – nämlich den Einsatz im sogenannten ,Großen Sicherheitspolizeilichen Ordnungsdienst’ (GSOD) sowie die positive Wahrnehmung in der Bevölkerung – führt sie eine ganze Armada von Contra-Argumenten an, die aus Experten-Sicht klar gegen diese Einheit sprechen. Auch dabei hat man sich keine große Mühe gegeben – ganz abgesehen von der Tatsache, dass man sich dabei auch munter selbst widerspricht: So führt man einerseits einen angeblich niedrigen Bedarf von „nicht mehr als 40 derartigen GSOD-Einsätzen im Jahr“ an – und auch diese nur in Wien, erachtet aber eine Aufstockung des Pferdebestandes (auf 24), der Bereiter (von 12 auf 36) und des Fuhrparks als „dringend angeraten“, um einen effektiven Einsatz zu gewährleisten – was natürlich zu „erheblichen Mehrkosten“ führen würde und damit ein wunderbares Totschlag-Argument liefert.

Allen Ernstes wird als weiteres Contra-Argument angeführt, dass die berittenen Polizisten auch noch „mit eigenen Mitteln für die umgehende Beseitigung des Pferdemists zu sorgen“ hätten, der auf berittenen Streifen da und dort anfallen würde. So heißt es wörtlich: „Mangels rechtlicher Ausnahme wäre daher gleichzeitig mit jeder berittenen Polizeistreife auch ein weiterer Bediensteter zur Beseitigung des Pferdemists einzusetzen.“ Man stelle sich das lebhaft vor: Hinter zwei berittenen Polizisten geht ein dritter mit Mistschaufel und Bartwisch und sammelt die „Äpfel“ seiner beiden Vorreiter ein – Ordnung muss schließlich sein!

Auch hier kann man sich Frage nicht verkneifen: Meinen das die Herren Experten im Ernst? Vielleicht hätten sie auch hier einen Blick in das bereits erwähnte ,Umsetzungskonzept’ werfen sollen, wo es klipp und klar heißt, dass es für die Verwendung von Dienstpferden auf Straßen mit öffentlichem Verkehr „bestimmter Ausnahmeregelungen“ (konkret: der Straßenverkehrsordnung) bedarf, „die jenen anderer bevorzugter Straßenbenutzer angepasst sind. Die Beseitigung von Pferdemist ist organisatorisch durch Verständigung bestimmter Stellen zu lösen und nicht unmittelbare Aufgabe des Polizeireiters.“ Genauso macht man es übrigens auf der ganzen Welt – vielleicht hätte das irgendwer den österreichischen Experten sagen sollen.

Doch es kommt noch besser. Ein weiteres Contra-Argument lautet: „Gegen den Einsatz einer berittenen Polizeieinheit wurden auch Tierschutzinteressen vorgebracht und dabei vor allem darauf verwiesen, dass ein Pferd ein so genanntes Fluchttier ist und der regelmäßige Transport für die Gelenke des Pferdes schädlich sein kann.“ Folgt man dieser Logik, müsste jeder Turnierreiter, der mit seinen Pferden regelmäßig auf Turniere oder Kurse fährt, schon wegen des Transports angezeigt werden. Wir haben – offen gesagt – noch nie ein derartiges Argument gehört, und es ist uns auch keinerlei Studie bekannt, wonach eine kurze Fahrt auf einem Hänger oder Transporter bei Pferden eine Schädigung der Gelenke verursachen würde. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass der künftige Transport der Polizeipferde, die ja planmäßig in Wien bzw. in der näheren Umgebung untergebracht werden sollten – also möglichst nahe an ihren künftigen Einsatzorten – wohl eher in Minuten als in Stunden zu bemessen gewesen wäre. Das ist nirgendwo auf der Welt ein Problem – in Österreich aber schon.

Ein letztes Highight: Im Zuge des Einsatzes berittener Polizisten könnten „andere Personen wie Passanten oder Demonstranten zu Schaden kommen. Eine Haftung des Bundes mit zum Teil auch erheblichen finanziellen Auswirkungen steht somit im Raum.“ Auch hier sei den Experten ins Stammbuch geschrieben: Dieses schier unüberwindliche Problem betrifft jeden Pferdehalter und wird gemeinhin auf sehr einfache Art und Weise gelöst. Das Zauberwort lautet „Haftpflichtversicherung für Pferde“, welche sämtliche Schäden, die durch ein Pferd verursacht werden können, abdeckt. Polizeireiterstaffeln auf der ganzen Welt haben selbstverständlich derartige Versicherungen, und wir nehmen stark an, dass eine solche auch für Polizeihunde besteht. Möglicherweise hat sich auch das nicht bis in die Expertenrunde herumgesprochen …

Unterm Strich bleibt ein mehr als bitterer Beigeschmack – dass nämlich viel Geld, Engagement, Hirnschmalz und Know-how in ein Projekt gesteckt wurde, das am Ende mit hanebüchenen und oberflächlichen Argumenten abgedreht wurde. Gewiss wurden auch seitens der Projektbetreiber Fehler gemacht – aber sie haben sich mit großer Hingabe und Professionalität ihrer Aufgabe gewidmet und nach mehrmonatiger Ausbildung eine achtbare und einsatzbereite Polizeireiterstaffel auf die Beine gestellt, was auch von internationalen Kollegen mit Anerkennung und Respekt quittiert wurde. Die Einstellung hingegen mutet wie eine überstürzte Husch-pfusch-Aktion an – vom politischen Ehrgeiz getrieben, das vermeintliche ,Steckenpferd’ des vormaligen FPÖ-Innenministers Kickl zu eliminieren. Dafür brauchte man einen passenden ,Expertenbericht’, der vor Oberflächlichkeit und Einseitigkeit nur so strotzt und wohl jedem Pferdewirtschafts-Lehrling um die Ohren gehauen würde.

Zehn engagierte Polizeibeamte und zehn Pferde – die allesamt nichts dafür können und denen nicht das Geringste vorzuwerfen ist – müssen leider die Zeche dafür zahlen, ohne dass sie auch nur ein einziges Mal zeigen konnten, was sie können und wie sie sich im polizeilichen Alltag bewähren würden. Österreichs berittene Polizei hat es leider nicht bis zur Generalprobe geschafft, und das ist wirklich jammerschade …

 


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